Einleitung
Bei ihrem Unpacked Event letzte Woche hat Samsung stolz das klappbare Glasdisplay sowie die im Scharnier integrierten Faserschichten ihres nagelneuen Galaxy Z Flip angepriesen. Wir haben mit Ach und Krach eines bekommen und es ist einsatzbereit. Nicht als Handy natürlich, sondern als Teardown Opfer. Lasst uns herausfinden, was da drinnen tatsächlich abgeht.
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Werkzeuge
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Wie wichtig sind Spezifikationen? Für 1500€ erwartet man ein ziemlich hochmodernes Gerät, und wenigstens in diesem Fall kriegt man das auch. Das Flip übertrifft das Moto Razr, das wir letzte Woche zerlegt haben:
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6,7" klappbares AMOLED Display aus ultra-dünnem Glas, Bildseitenverhältnis 21.9:9, 2636 x 1080 Pixel (425 ppi)
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2,95 GHz, 64-bit, Octa-Core Qualcomm Snapdragon 855+ SoC
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8 GB RAM und 256 GB interner Speicher
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3300 mAh Akkuleistung verteilt auf zwei Akkuzellen
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Zwei Rückkameras, beide mit 12 MP: eine ƒ/1.8 Weitwinkel und eine ƒ/2.2 Ultra-Weitwinkel; eine 10 MP ƒ/2.4 Selfie-Kamera
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"Wisch-Technology" bestehend aus einer "Bürstenschicht" im Inneren des Scharniers (Hideaway Hinge), um "Schmutz und Staub abzuweisen"
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Grelles psychedelisches Finish in der Farbe Mirror Purple
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Wir finden es ja immer noch jedes Mal spannend, wenn wir etwas in eines der Röntgengeräte von Creative Electron stecken können, und dieses Mal hier ist keine Ausnahme.
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Der Befund ist folgender:
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Eine Konstruktion aus Aluminium und Glas, die leicht vom dunkleren, solideren Stahlrahmen des Razr zu unterscheiden ist
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Ein winziges geschichtetes Motherboard
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Zwei getrennte Akkuzellen
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Eine extrem solide federbelastete Scharnier-Einheit
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Passende Magnetsätze in den Ecken für einen sicheren Schließvorgang
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Das Z Flip scheint etwas sauberer zu schließen als das Fold. Mit andere Worten: Der Abstand um das Scharnier zwischen den beiden klappbaren Hälften ist geringer.
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Beim Öffnen des Z Flip ist sofort der Knick im Display zu sehen. Dieses neue Glas knickt ja wie Plastik ...
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Und anscheinend verkratzt es auch wie Plastik! Es ist wenig überraschend, dass es nicht so haltbar ist, wie das Gorilla Glas, an das wir bei nicht-klappbaren Geräten gewöhnt sind.
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Samsung preist ein 6,9 - 7,2 mm dickes Smartphone an, aber diese Maße berücksichtigen nicht die vom Fold geerbten Kunststoffeinfassungen (rechts).
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Und das Flip hat noch ein weiteres Element geerbt: die anscheinend unveränderten Schutzabdeckungen, diese T-förmigen Teile, von der zweiten Fold Version.
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Der Kamera-Notch ist allerdings wesentlich verbessert worden. Die Hole-Punch Selfie-Kamera des Flip ist viel weniger klobig.
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Samsung erklärt, dass die mit einer speziellen Technologie hergestellten Nylon-Bürsten im Scharnier Schmutz und Staub abweisen.
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Wenn du dieses Teil aber tatsächlich kaufst und es einschaltest, kriegst du eine ganze Litanei an Warnhinweisen, die nicht gerade vertrauenserweckend sind.
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Da wir gerne die Zweckmäßigkeit dieser neuen "Faser-Abschirmung" testen wollen, schütteln wir unser Flip zusammen mit etwas knall-violettem Puder in einer Tüte zusammen.
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Spoiler Alert: Nachdem das Flip ein paar Sekunden lang stark dem Staub ausgesetzt war, macht es beim Öffnen gräßliche knackende Geräusche und das Scharnier klemmt. Und es kommt ein ganzer Teelöffel Staub heraus.
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Dieser Teardown ist gerade eine Ermittlung geworden. Wie immer bei einem Galaxy machen wir uns mit unserem zuverlässigen iOpener daran, die beiden Rückabdeckungen abzulösen.
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Und schon entdecken wir unseren Feenstaub unter der kabellosen Ladespule, was nicht gerade ein gutes Zeichen ist.
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Dieses Smartphone in Taschenformat ist die ideale Beute für unser bisher tragbarstes Werkzeugkit, das Essential Electronics Toolkit, das alles enthält, was du brauchst.
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Staub erwischt. Das Ablösen der Ladespule enthüllt eine Mahnung aus Pulver, dass du eher den schaurigen Warnhinweisen als dem Marketinghype der "Wisch-Technologie" Glauben schenken solltest.
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Unterdessen stellt das Motherboard einen psychedelischen regenbogenfarbigen Schimmer zur Schau, ein klarer Beweis für eine wasserabweisende Nano-Beschichtung.
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Das Flip hat ein dichtes, doppelt geschichtetes Motherboard, in der Industrie auch als SLP (substrate-like PCB) bekannt. Wir haben diese platzsparende Technologie zum ersten Mal im iPhone X gesehen und neulich auch im Note 10. Es erschwert zwar die Arbeit von Reparaturexperten für Platinen, ermöglicht aber, viele Chips auf engstem Raum unterzubringen.
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Samsung 925 K3UH7H7 (wahrscheinlich 8 GB RAM auf der Snapdragon 855 CPU)
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Samsung 949 KLUEG8UHDB (wahrscheinlich der 256 GB Flash-Speicher)
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Broadcom AFEM-9106 Front-End Modul
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Skyworks 78160-51 rauscharmer Verstärker
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Qualcomm SDR8150 RF Transceiver
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Qualcomm WCN3998 WiFi + Bluetooth SoC
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NXP 80T17 NFC Controller
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Weitere Chips auf der Innenseite des Silizium-Sandwichs beinhalten:
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Qualcomm PM8150 Power Management ICs
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Qualcomm WCD9341 Audio Codec IC
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2MIWO4
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DOS04 09Y44E W1948 (wahrscheinlich eine IC für die Hintergrundbeleuchtung)
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Qualcomm QDM3870 RF Front-End Modul
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Wir entfernen die beiden Akkus.
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Die tatsächliche Leistung des größeren Akkus ist auf eine typische Kapazität von 2370 mAh und 9,15 Wh limitiert, die des kleineren Akkus auf 930 mAh und 3,59 Wh. Zusammen ergibt das 12,74 Wh.
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Wie immer sind beide Akkus mit hartnäckigem Kleber befestigt, was Alkohol und vorsichtiges Hebeln erfordert, um sie herauszuholen. Das fängt an, einem Miniatur Galaxy Fold zu ähneln ...
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Z Fold in Angriffsposition! Diese festgeklebten Plastikdichtungen beschützen das primäre Display, ganz wie beim Fold.
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Der Ausbau des Displays selbst erfordert etwas mehr Takt, durch milde Hitze und vorsichtiges Hebeln können wir es vom Rahmen ablösen. Es ist hauptsächlich oben und unten festgeklebt, nicht so sehr in der Mitte.
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Wie beim Fold trägt auch dieses Display eine Rüstung: eine metallene Schutzplatte auf jeder Seite und ein Kettenhemd in der Mitte.
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Jetzt wenden wir uns dem ultradünnen faltbaren Glas zu.
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Die oberste Schicht ist tatsächlich aus Plastik, was irgendwie den Zweck eines Displays aus "Glas" verfehlt, nämlich die Kratzfestigkeit.
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Man kann sehen, dass die mittlere Schicht aus Glas ist, und zwar an der Art und Weise wie sie zerbricht, wenn wir sie anstubsen. Ups.
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Alles in allem bewerten wir dieses Glastik-Display als mickrig.
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Das Ablösen des "Schutz"-Klebebands des Scharniers enthüllt die bisher größte Ansammlung unseres violetten Puders.
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Um das ganze Puder zu entfernen, müssen wir das Gerät noch weiter zerlegen. Holen wir also alles raus.
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Zuerst stoßen wir auf eine paar schlaue Verbindungskabel, die so geformt sind, dass sie sicher um das Scharnier herumführen.
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Dann entdecken wir die hochgepriesenen Bürsten, die ein mit Puder bedecktes Smartphone hüten. Wie? Sie sehen etwas verlegen aus? Ja, das sollten sie wohl auch.
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Und so sieht unser Scharnier nach dem Puder-Test aus. Wir schwören bei Zeus, dass wir dass in keinster Weise inszeniert haben.
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Wir müssen allerdings gestehen, dass das Scharnier wirklich cool aussieht. Es hat irgendwie was von der Mark 2 Rüstung von Iron Man.
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Dieses Scharnier ist nicht ganz so abgefahren wie das, das wir im Fold gefunden haben, aber es scheint auf jeden Fall stabil zu sein (obwohl es gerade von Puder besiegt wurde) und über ein schönes Getriebe zu verfügen.
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Und hey, vielleicht würde es sich bei normalem Gebrauch auch wieder von selbst reinigen? Oder vielleicht verwandeln die Schmiermittel im Scharnier dieses Smartphone in einen Staubdrachen ...
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Das Galaxy Z Flip von Samsung entfaltet sich vielleicht in einer neuen Richtung, aber seine Updates sind nicht das Allheilmittel für Klapphandys.
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Die "Wisch-Technologie" der Bürsten hat bei unserem Staub-Test lächerlich schlecht abgeschnitten. Obwohl der Test nicht wirklich realen Nutzungsbedingungen entsprach, war die Menge an Staub, die sich in den Bürsten verfangen hatte (nämlich sehr wenig) nicht wirklich vertrauenseinflößend.
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Das "ultradünne Glas" ist tatsächlich Glas, unter einer Schicht Plastik, aber es fühlt sich weder wie Glas an noch bietet es eine kratzfestere Oberfläche als die des Fold.
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Mit Ausnahme von Instagram-Influencern mit einer perfekten Wohnung, die die allerneuesten Gadgets brauchen, ist dieses Handy wahrscheinlich nichts für dich. Es ist eher eine luxuriöse Neuheit. Und vielleicht ist das auch ok? Jede neue Technologie hat einen Anfang, hoffen wir, dass diese hier entweder schnell ausreift oder schnell verschwindet.
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Das Samsung Galaxy Z Flip erhält 2 von 10 Punkten auf unserem Reparierbarkeits-Index (10 ist am einfachsten zu reparieren):
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Ein einziger Kreuzschlitzschraubendreher reicht für alle Schrauben.
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Viele Komponenten sind modular und können unabhängig voneinander ausgetauscht werden.
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Festgeklebte Glasabdeckungen erschweren den Beginn von Reparaturen, vor allem, weil das Handy keine Schutzmaßnahmen gegen eindringenden Staub oder Flüssigkeiten hat.
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Ein Akkuaustausch ist möglich, ist aber durch schlecht verlegte Kabel und das Fehlen von elastische Klebestreifen unnötig kompliziert.
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Die Komponenten, die Teil des Klapp-Mechanismus sind, werden sich mit der Zeit wahrscheinlich abnutzen (selbst wenn du sie nicht einem Staubbad aussetzt) und werden letztendlich ausgetauscht werden müssen.
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18 Kommentare
Cool review!
Still, the type of powder used is an overkill ;)
Lucian M -
True, I feel like the powder used was like saying that something’s water-resistant and then you shake it in a bag of water to see how much goes in. Resistant, is not “proof”.
The amount of “pretend dust” is excessive. It may work better on light dust as found in pickets which I think would be more like hair or fluffy matter. I think this will be the :flip” to beat for a short while until improvements are made which is inevitable.
laaubin -