Hydraulis
Hydraulis, die. Zeremonialorgel am byzantinischen Kaiserhof.
Die H. war ein wasserbetriebenes mechanisches Musikinstrument, aus deren Pfeifen die Musik in Form von prachtvollen Wasserfontänen entwich.
Sie kam in Form eines Geschenkexemplars an den Hof Karls des Grossen, wo man aber das Prinzip dergestalt umarbeitete, dass man statt Wasser die in Aachen weitaus billiger und reichlicher vorhandene Luft zum Betrieb verwendete.
Ein weiterer Grund für den Wechsel des Betriebssystems liegt am weit kälteren Klima in Aachen: Die Zuhörer drohten sich durch die musikalische Berieselung beim byzantinischen System massenhaft zu erkälten. Was in Byzanz in einer sommerheißen Konzerthalle ein unbeabsichtigter Segen war, geriet im kühlen Aachen schnell zum gesundheitlichen Problem, da ja gerade Klassikliebhaber meist älter und daher von Hause aus öfters arthritisch sind. Zudem gab es in Aachen ausschließlich Sole- und Thermalwasser, was die empfindlichen Pfeifen schnell verstimmen ließ.
Die H. kam in der byzantinischen Hofhaltung besonders bei prachtvollen Kaiserauftritten zum Einsatz. Bei Siegesfeiern, zb. auch anlässlich der verlorenen Schlacht von Mantzickert (Bericht des Simeon Metastastes), wurde das Betriebswasser mit Rosenöl aromatisiert. In Aachen versuchte man diesen Brauch in der Umbauphase vom Wasser- zum Luftbetrieb (es gab eine kurze Zeit einen gemischten Betrieb beider Antriebsmittel) mangels Rosenwasser mit Haarschampoo zu imitieren. Auch die hierbei nicht kontrollierbare Aufschäumung der musiklischen Darbietungen, welche das Zeremoniell ungebührlich in die Länge zog, war mit ein Grund, für den schnellen Übergang zum reinen Luftbetrieb a la Pnö.
Die letzte Hydraulis wurde am 16. Juli 1959 wegen Blasenschäden demontiert. Neuere Untersuchungen lassen bei der luftbetriebenen Weiterentwicklung des Instrumentes karzinogene Nebenwirkungen im Ohrenbereich vermuten.