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dvgrab ist ein Programm, mit dem DV oder HDV (MPEG2-TS) Video- und Audiodaten von einem digitalen Camcorder importiert werden können. Die Daten werden in einer oder mehreren Dateien gespeichert und können später mit einem Videobearbeitungsprogramm weiter verarbeitet werden. dvgrab ist ein reines Kommandozeilenprogramm, das auch den Camcorder fernsteuern kann.
Zum Übertragen der Video-/Audiodaten von Videobändern in einem Camcorder auf einen Computer wird üblicherweise die Aufnahme-Funktion (oder Capturing) des Videobearbeitungs-Programm verwendet. Gibt es bei diesem Videoimport Schwierigkeiten oder soll der Import aus einem Skript erfolgen, kann man auf der Kommandozeile dvgrab verwenden.
dvgrab funktioniert mit Camcordern über FireWire- oder USB-Verbindungen. dvgrab ist allerdings in erster Linie für bandbasierte Camcorder-Typen vorgesehen, die über Firewire gesteuert werden können. Werden die Videoaufnahmen auf einer Speicherkarte abgelegt, kann in aller Regel dieser Camcorder bzw. die Speicherkarte direkt als Laufwerk eingebunden werden und auf den Inhalt zugegriffen werden, so dass hier ein Recording-Prozess bzw. dvgrab nicht notwendig ist.
Zuerst muss man das folgende Paket installieren [1]:
dvgrab (universe)
mit apturl
Paketliste zum Kopieren:
sudo apt-get install dvgrab
sudo aptitude install dvgrab
Um dvgrab zu nutzen, muss eine funktionierende Verbindung zur Kamera bestehen, entweder über Firewire oder USB.
Zur direkten Aufnahme des Videosignals wird die Kamera über Firewire mit dem Computer verbunden, in den Camera-Modus gestellt und auf dem Computer in einem Terminal mit dem Befehl [2]:
dvgrab
direkt auf Festplatte aufgenommen. Das Videosignal wird dabei in der Datei dvgrab-001.dv abgespeichert. Die Aufnahme wird mit Strg + C beendet.
In diesem Modus kann man die Kamera eine Zeitlang als Live-Kamera verwenden, in der nicht auf Band aufgezeichnet wird, solange kein Energiesparmodus das Videosignal abstellt - in diesem Fall wird auch die Aufnahme gestoppt und die Datei abgeschlossen. Dies kann mit der Option --noavc
vermieden werden (siehe unten).
Für Bandaufnahmen wird die Videokamera ebenfalls über Firewire mit dem Computer verbunden und in den "Edit/Play"-Modus gestellt. Mit dem Terminal-Befehl:
dvgrab
wird das Videosignal von der Kamera auf die Festplatte übertragen. Dazu übernimmt der Computer die Kamera-Steuerung: Die Kamera spielt automatisch das Videomaterial ab und auf dem Computer wird das Material wie bei der Live-Aufnahme in die Datei aufgezeichnet. Die Aufnahme wird mit Strg + C beendet.
Im "Edit/Play"-Kameramodus steuert dvgrab die Kamera selbstständig. Eine Aufnahme erfolgt daher immer von dem Punkt an, an dem das Videoband aktuell steht. Sollte an diesem Punkt kein Videosignal vorhanden sein, wird das Band so lange gespielt ("Play"-Modus) und nichts aufgenommen, bis ein Videosignal erscheint. Dieser Startpunkt kann im interaktiven Modus (siehe unten) natürlich auch selbst gewählt werden.
Über die Firewire-Verbindung kann ein "interactive mode" zur Kamerasteuerung im "Edit/Play"-Modus angewandt werden:
dvgrab -i
Nach dem Starten kann man sich mit ?
eine kurze Hilfe anzeigen lassen, die so aussieht:
q=quit, p=play, c=capture, Esc=stop, h=reverse, j=backward scan, k=pause l=forward scan, a=rewind, z=fast forward, 0-9=trickplay, <space>=play/pause
Das eigentliche Aufnehmen startet man also mit der Taste C , mit P wird das Band (ohne Aufnahme) abgespielt, A und Z spulen das Band rückwärts oder vorwärts etc. Ist im interaktiven Modus das Ende des Bandes erreicht, muss man noch Esc drücken, damit die letzte Datei ordnungsgemäß geschlossen wird. Erst dann wird der AVI-Header geschrieben und die Datei ist benutzbar.
Nicht jede Kamera lässt sich gut mit dem interaktiven Modus steuern, daher eignet sich für Testzwecke eher das Überspielen vom Band mit dvgrab ohne Optionen.
Die erzeugten Videodateien wachsen recht schnell. dvgrab schließt die Aufnahmedateien (in der Voreinstellung dvgrab-001.dv) ab einer bestimmten Grenze automatisch ab und erstellt ohne Datenverlust eine weitere Datei, bspw. dvgrab-002.dv, in der die Aufnahme weitergeführt wird.
Der Befehl:
dvgrab DATEINAME
legt Ausgabe-Dateien im Format DATEINAME-xxx.dv an, wobei xxx
eine Zahl 001 ist, die bei Anlage jeder neuen Datei um eins hochgezählt wird. Zum Beispiel werden mit:
dvgrab geburtstag-
die Aufnahme-Dateien geburtstag-001.dv, geburtstag-002.dv etc. erstellt.
dvgrab -
gibt die Standardausgabe als Ausgabe an. Damit können die DV- bzw. HDV-Daten auf der Shell von anderen Programmen weiterverarbeitet werden.
Das voreingestellte Verhalten kann mit weiteren Optionen beeinflussen werden. Einige wichtige sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:
Optionen von dvgrab (Auswahl) | |
Option | Erklärung |
--autosplit | Trennt nach Szenen. Für jede Unterbrechung oder Szenenwechsel in der Aufnahme wird eine neue Datei erzeugt. Die Aufnahme wird dabei nicht unterbrochen, die neue Datei kann dabei in der Videobearbeitung ohne Frameverlust an die vorherige Datei angefügt werden. |
--card [0-9] | gibt die Firewire-Karte an für den Fall, dass mehrere Kameras angeschlossen sind. Sonst wird die erste angeschlossene Kamera verwendet. |
--timestamp | Fügt in den Dateinamen das Datum und Uhrzeit der Aufnahme ein. Das sind hilfreiche Metadaten, wenn man sonst keine Informationen mehr über die Aufzeichnung hat (etwa eingebrannte Datumsanzeige o.ä.). Diese Metadaten werden kaum noch von anderen Programmen ausgewertet und stehen in bearbeiteten oder konvertierten Dateien nicht mehr zur Verfügung. |
--duration [hh:]mm:ss[.ms] | Schließt die Aufnahme nach der angegebenen Dauer automatisch ab. Die mögliche Syntax zur Angabe der Dauer wird in der Manpage beschrieben. |
--size [Zahl in MB] | Erstellt eine neue Datei, wenn die alte Datei diese Größe erreicht hat. |
--noavc | Schaltet die Kamera-Kontrolle ab. dvgrab nimmt dann einfach das Live-Signal der Kamera auf. Das ist besonders bei Live-Aufnahmen wichtig, bei denen das Signal durchgeschliffen wird. |
--nostop | Sendet nach dem Ende der Aufnahme (oder Abbruch) kein Stop-Signal an die Kamera. Ebenfalls wichtig bei Live-Aufnahmen. |
-size=0 | Ignoriert die vorgegebene maximale Dateigröße von 1024 MB. Mit dieser Option können längere Szenen als eine einzige Datei importiert werden. |
Alle Programmparameter und weiterführende Informationen erhält man mit
dvgrab --help
bzw. sind in der Manpage zu dvgrab enthalten.
Für DV-Kameras kommen zur Aufnahme mehrere Dateiformate in Frage, wenn alle Formate den gleichen Codec (nämlich DV) verwenden: DIF, DV1, DV2, AVI, RAW, Quicktime und MOV. In neueren Versionen werden standardmäßig DV-Dateien mit den Rohdaten erzeugt. Um wieder DV-AVI-Dateien zu bekommen, startet man dvgrab mit dem Befehl
dvgrab -f dv2
Die Formate HDV und MPEG2 sind für HD-Camcorder. dvgrab unterscheidet automatisch zwischen DV (Standard Definition: SD, bspw. PAL oder NTSC) und HDV (High Definition: HD, 1080i o.ä.). Wird bei einem Camcorder das falsche Format angegeben, wird nichts aufgezeichnet.
Die möglichen Formate in dvgrab sind:
Standard Definition (SD), wie PAL, NTSC etc.: DV1, DV2, AVI, RAW, DIF, Quicktime, MOV, JPEG, JPG
High Definition (HD), wie 720p, 1080i etc.: MPEG2 | HDV
Die weitere Verarbeitung der Dateien kann man dann wieder mit einem grafischen Programm durchführen (siehe Videobearbeitung). Ist in diesem Programm eine Aufnahmefunktion nicht bereits enthalten, werden sie über einen Import in das Videobearbeitungsprogramm geladen.
dvgrab wird nicht mehr aktiv weiterentwickelt, weil die Firewire-Unterstützung vollständig ist und die USB-Anbindung von anderen Programmen besser abgedeckt wird.
Die Unterstützung von USB-Kameras in dvgrab ist generell sehr schwach, nur wenige Kameras werden über diesen Weg unterstützt. Diejenigen, die Videomaterial vom DV-Band in der Kamera übertragen wollen, sollten es mit Firewire übertragen. Ist dagegen eine Speicherkarte verbaut, bietet sich an, die Kamera oder die (herausnehmbare) Speicherkarte als Massenspeichermedium einzubinden und so auf das Videomaterial zuzugreifen. Soll die Kamera als Webcam dienen, können die Programme im Artikel Webcam hilfreicher sein.
Viele DV-Kameras bringen eine USB-Schnittstelle mit, über die Material in minderer Qualität auf den Computer übertragen werden soll. dvgrab bietet hierfür eine Unterstützung mit der Option --v4l2
an. Es werden jedoch nur Kameras unterstützt, die über den Treiber uvcvideo
angesprochen werden (das trifft wohl auf 98% aller miniDV-Kameras zu). Dies muss an der Kamera auch entsprechend eingestellt werden (bspw. bei Sony-Kameras: "USB-Stream -> On").
Da USB nicht auf die Übertragung von Material auf Videokameras (bzw. DV-Videobänder) ausgelegt ist, sind hier keine Kontrollmöglichkeiten der Kamera vorgesehen, d.h. die Kamera "streamt" einfach nur das Material auf die Schnittstelle. Die Option -noavc
könnte hier helfen, da sie die Bandlaufwerksteuerung abschaltet.
Diese Revision wurde am 2. Januar 2017 19:34 von aasche erstellt.