Vizekanzler der Republik Österreich
Wappen der Republik Österreich
Flagge Österreichs
Amtierend
Werner Kogler
seit dem 7. Jänner 2020
Amtssitz Derzeit Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport; wenn nicht gleichzeitig Minister: Bundeskanzleramt
Stellvertreter von Bundeskanzler der Republik Österreich
Ernennung durch Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers
Schaffung des Amtes 1. Oktober 1920
(Bundesverfassung)
10. November 1920
(in Kraft getreten)
Website bundeskanzleramt.gv.at

Der Vizekanzler der Republik Österreich der Republik Österreich vertritt den Bundeskanzler während dessen Abwesenheit. In Koalitionsregierungen erhob die mandatsschwächere Partei zumeist Anspruch auf die Funktion des Vizekanzlers.

Zum Amt

Der Vizekanzler nach der Bundesverfassung

Die Vertretungsbefugnis des Vizekanzlers wird seit 10. November 1920 durch die österreichische Bundesverfassung in Art. 69 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) geregelt:

Der Vizekanzler ist zur Vertretung des Bundeskanzlers in dessen gesamtem Wirkungsbereich berufen. Sind der Bundeskanzler und der Vizekanzler gleichzeitig verhindert, so wird der Bundeskanzler durch das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter durch das an Jahren älteste, nicht verhinderte Mitglied der Bundesregierung vertreten.

Der Vizekanzler ist, wie der Bundeskanzler, den anderen Bundesministern rechtlich gleichgestellt beziehungsweise einer der ihren.

Schon in der Ersten Republik und in den ersten 25 Jahren der Zweiten Republik leiteten die Vizekanzler oft gleichzeitig Ministerien, so z. B. Ferdinand Hanusch das Sozialressort, Johann Schober das Innenministerium, Carl Vaugoin das Heeresressort und Fritz Bock das Handelsministerium. War dies in den Jahren der großen Koalition nicht der Fall, leitete der Vizekanzler Teile des Bundeskanzleramts. Seit 1991 war jeder Vizekanzler gleichzeitig Ressortchef.

Vizekanzler vor der Bundesverfassung

1918 bestand in der Staatsregierung Renner I, der ersten des neuen Staates, keine Vertretung für den Staatskanzler, da dieser anfangs als Hilfsorgan für das dreiköpfige Staatsratspräsidium fungierte; die drei Präsidenten wechselten einander wöchentlich ab, je einer führte im Haus (= Provisorische Nationalversammlung), im Rat (= Staatsrat) und im Kabinett (= Staatsregierung) den Vorsitz.

Für die Staatsregierungen Renner II und III sowie Mayr I, 1919/20, wurde von der Nationalversammlung, ihrem Gesetz über die Staatsregierung vom 14. März 1919 folgend, jeweils auch ein Vizekanzler gewählt. Er konnte gleichzeitig Leiter eines Ressorts sein.

In der Provisorischen Staatsregierung Renner 1945, die ohne Parlament und vor Wiederinkraftsetzung der Bundesverfassung agierte, wurde der Staatskanzler von den drei politischen, der Staatskanzlei zugeordneten Staatssekretären (so wurden in dieser Regierung die Minister bezeichnet) vertreten; je einer kam von ÖVP, SPÖ und KPÖ. Dieser Stellvertretungsfunktion entsprechend, die der eines Vizekanzlers entsprach, soll sich Johann Koplenig, 1945 KPÖ-Staatssekretär im Politischen Kabinettsrat, rückblickend als ehemaligen Vizekanzler bezeichnet haben. Ein formeller Titel Vizekanzler bestand 1945 jedoch nicht.

Vizekanzler der Republik Österreich

Erste Republik

vonbisTageNameParteiAnmerkung
15.03.191926.04.1920408 Jodok Fink CS Vizekanzler der Staatsregierung
07.07.192022.10.1920107 Ferdinand HanuschSDAPÖ Staatssekretär und „Stellvertreter im Vorsitze im Kabinett“
22.10.192020.11.192029 Eduard HeinlCS Staatssekretär und „Stellvertreter im Vorsitze im Kabinett“, seit 10. Nov. 1920 Vizekanzler
20.11.192031.05.1922557 Walter BreiskyCS
31.05.192220.11.1924904 Felix FrankGDVP
20.11.192420.10.1926699 Leopold WaberGDVP
20.10.192619.05.1927211 Franz DinghoferGDVP
19.05.192704.05.1929716 Karl Hartleb Landbund
04.05.192926.09.1929145 Vinzenz SchumyLandbund
26.09.192930.09.1930369 Carl VaugoinCS
30.09.193004.12.193065 Richard SchmitzCS
04.12.193029.01.1932421 Johann SchoberCS
29.01.193221.09.1933601 Franz WinklerLandbund ab 5. März 1933 ohne Kontrolle durch den Nationalrat
21.09.193301.05.1934222 Emil FeyHeimatblock ohne Kontrolle durch den Nationalrat, seit 12. Februar 1934 Diktatur (Ständestaat)
01.05.193414.05.1936421 Ernst Rüdiger Starhemberg VF Diktatur (Ständestaat)
14.05.193603.11.1936173 Eduard Baar-BaarenfelsVF Diktatur (Ständestaat)
03.11.193611.03.1938493 Ludwig HülgerthVF Diktatur (Ständestaat)
11.03.193813.03.19382 Edmund Glaise-Horstenau NSDAP Diktatur („Anschluss“)

Zweite Republik

vonbisTageNameParteiAnmerkung
27.04.194520.12.1945237 Leopold Figl
Johann Koplenig
Adolf Schärf
ÖVP
KPÖ
SPÖ
Staatssekretäre ohne Portefeuille im politischen Kabinettsrat der Provisorischen Staatsregierung von Staatskanzler Karl Renner (Renner IV)
20.12.194522.05.19573936 (4171) Adolf SchärfSPÖ
22.05.195719.04.19663254 Bruno PittermannSPÖ ab 29. Juli 1959 betraut mit der Leitung der Agenden des Bundeskanzleramtes – Verstaatlichte Unternehmungen (Sektion IV)
19.04.196619.01.1968640 Fritz BockÖVP Betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie
19.01.196821.04.1970523 Hermann WithalmÖVP kein Ministeramt, Obmann des ÖVP-Parlamentsklubs
21.04.197030.09.19762354 Rudolf HäuserSPÖ Bundesminister für soziale Verwaltung
01.10.197620.01.19811572 Hannes AndroschSPÖ Bundesminister für Finanzen
20.01.198124.05.1983854 Fred SinowatzSPÖ Bundesminister für Unterricht und Kunst
24.05.198321.01.19871338 Norbert StegerFPÖ Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie
21.01.198724.04.1989824 Alois MockÖVP Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
24.04.198902.07.1991799 Josef RieglerÖVP Bundesminister für Föderalismus und Verwaltungsreform
02.07.199104.05.19951402 Erhard BusekÖVP bis 1994: Bundesminister für Wissenschaft und Forschung
ab 1994: Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
04.05.199504.02.20001737 Wolfgang SchüsselÖVP Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
04.02.200028.02.20031120 Susanne Riess-PasserFPÖ Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport
28.02.200321.10.2003235 Herbert HauptFPÖ Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
21.10.200311.01.20071178 Hubert GorbachFPÖ/BZÖ1) Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
1)bis 5. April 2005 FPÖ, ab 6. April 2005 BZÖ
11.01.200702.12.2008691 Wilhelm MoltererÖVP Bundesminister für Finanzen
02.12.200821.04.2011870 Josef PröllÖVP Bundesminister für Finanzen
21.04.201101.09.20141230 Michael SpindeleggerÖVP bis 16. Dez. 2013: Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
ab 16. Dez. 2013: Bundesminister für Finanzen
01.09.201417.05.2017989 Reinhold MitterlehnerÖVP Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
17.05.201718.12.2017215 Wolfgang Brandstetterparteilos Bundesminister für Justiz
18.12.201722.05.2019520 Heinz-Christian StracheFPÖ ab 8. Jän. 2018: Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport
22.05.201928.05.20197 Hartwig LögerÖVP Bundesminister für Finanzen
03.06.201901.10.2019121 Clemens Jablonerparteilos Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
07.01.2020 Werner KoglerGrüne bis 28. Jän. 2020: Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport
ab 29. Jän. 2020: Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

Zeitleiste der Vizekanzler (seit 1945)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Dies gilt, obwohl in der Bundesverfassung, Art. 19 Abs 1 B-VG diese beiden Regierungsämter nicht eigens genannt sind: „Die obersten Organe der Vollziehung sind der Bundespräsident, die Bundesminister und Staatssekretäre sowie die Mitglieder der Landesregierungen.“
  2. Staatsgesetzblatt (StGBl) Nr. 180/1919, S. 407 ff.
  3. Bis 20. Dezember 1945 wurden die Ressortchefs als Staatssekretäre bezeichnet, die heutigen Staatssekretäre als Unterstaatssekretäre.
  4. Maria Sterkl: Warum es keinen Vizekanzler mehr gibt. Clemens Jabloner ist nur noch Justizminister, muss Kanzlerin Brigitte Bierlein aber weiterhin vertreten. In: derstandard.at, 7. Oktober 2020: „Seit 1. Oktober ist Clemens Jabloner nur noch Justizminister, die Funktion des Vizekanzlers wird es erst wieder nach Angelobung der nächsten Bundesregierung geben. Das sei in dem Fall, dass eine Regierung mit der Fortführung der Amtsgeschäfte beauftragt wird, ‚ganz normal‘, heißt es in der Bundespräsidentschaftskanzlei.“
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