Aaron, auch Harun († am Berg Hor, auch Dschabal Harun, Dschabal Hārūn, Djebel Haroun, nahe Petra, heutiges Jordanien) ist nach biblischer Überlieferung der ältere Bruder des Mose und erster Hohepriester der Israeliten. Die Schwester der beiden war Mirjam.
Aaron war der Sohn des Amram und der Jochebed, aus dem Stamm Levi und drei Jahre älter als Mose, dessen Sprecher (biblisch „Mund, Prophet“; Ex 4,14 ; Ex 7,7 ) er bei dem israelitischen Befreiungs- und Gesetzgebungswerk war.
Name
Die Etymologie des Namens Aaron, hebräisch אַהֲרֹן ʾahᵃrōn, ist nicht gesichert. In der Forschung werden verschiedene Herleitungen diskutiert.
In der Septuaginta wird der Name mit Ααρων Aarōn wiedergegeben, in der Vulgata mit Aaron. Im Koran lautet sein Name هارون hārūn.
Biblische Stammfolge
Terach | |||||||||||||||||||||||||||||||
Milka | Nahor | Abraham | Sara | ||||||||||||||||||||||||||||
Betuël | |||||||||||||||||||||||||||||||
Laban | Rebekka | Isaak | |||||||||||||||||||||||||||||
Lea | Jakob | ||||||||||||||||||||||||||||||
Levi | |||||||||||||||||||||||||||||||
Kehat | |||||||||||||||||||||||||||||||
Jochebed | Amram | ||||||||||||||||||||||||||||||
Aaron | Mose | Mirjam | |||||||||||||||||||||||||||||
Gen 11,26 , Gen 20,12 , Gen 21,3 , Gen 22,23 , Gen 25,21–26 , Gen 29,28–34 , Gen 46,11 , Ex 6,20 , Num 26,58–59
Biblische Überlieferung
Aaron wurde durch Mose im Auftrag Gottes das erbliche Amt des Hohepriesters (aaronitisches Priestertum) übertragen Ex 29 . Vertreter der zwölf Stämme Israels hatten gemäß dem Buch Exodus zwölf Stäbe auf die Bundeslade gelegt. Dass nur der Stab Aarons grünte (von dieser Begebenheit leitet sich auch der botanische Name Aronstab ab), galt als Zeichen seiner Erwählung (Num 17 ). Die Würde seines Amtes verletzte Aaron am Berg Sinai durch die Anfertigung des Goldenen Kalbes und durch sein Auflehnen gegen Mose (Num 12,1 ).
Während der Wüstenwanderung, die dem Auszug aus Ägypten folgte, „erscheint Aaron als Volksheros der Israeliten“, auch als derjenige, der den Volkswillen ausführt, so sein Disput mit Mose (Ex 32,21-24 ). Möglicherweise war er „ursprünglich und historisch […] Volksheld einer israelitschen Gruppe des Südens“. Jedenfalls ist die biblische Überlieferung zu Aaron vieldeutig, er wird mit ganz unterschiedlichen Merkmalen vorgestellt.
Mit seiner Ehefrau Elischeba, einer Tochter des Amminadab, war er der Vater von Nadab, Abihu, Eleasar und Itamar (Ex 6,23 ). Die beiden ersteren starben laut Lev 10,1 eines unnatürlichen Todes, als sie versuchten, Gott bei einem selbst erfundenen Ritual statt des von Gott gegebenen zu verehren. Da laut Num 20,12 und Num 20,24 beide Brüder, Aaron und Mose, im letzten Jahr des Exodus am „Wasser von Meriba“ Gottes Weisung missachteten, gestattete Gott keinem von beiden, das „Gelobte Land“ Kanaan zu betreten.
Aaron starb auf dem Weg in das Land Edom auf dem Berg Hor. Als seinen Nachfolger setzte Mose Aarons Sohn Eleasar als Hohepriester ein, der ihn auf den Gang zum Berg begleitet hatte. Der Berg Hor ist heute als Dschabal Harun bekannt, wird also nach der arabischen Schreibweise von Aaron bezeichnet. Dort, etwas südlich der Felsstadt Petra in Jordanien, kann man heute den Ort besichtigen, der der Überlieferung nach Aarons Grab sein soll.
Aaron im Islam
Als Harun ist Aaron einer der Propheten des Islam (Koran, Sure 19,51). Er ist entsprechend biblischer Tradition der Bruder Musas (Mose) und der Sohn Imrans (Amram). Er wird in Sure 7,141 als Musas Kalif (Vertreter) bezeichnet. Nach islamischer Tradition wurde er von Allah zum Volk der Juden nach Israel gesandt, um seine Botschaft zu verkünden, nämlich keinem Gott zu dienen außer Allah und ihm niemanden beizugesellen, und nur das Gute zu tun und den Menschen kein Unrecht zuzufügen.
Im Gegensatz zur biblischen Darstellung wird Aaron im Koran nicht als Verführer der Israeliten präsentiert. Der Erbauer des Goldenen Kalbs ist dort ein Samaritaner (as-Sāmirī). Als Mose nach seiner Zwiesprache mit Gott auf dem Berg Sinai zurückkehrt, ist er jedoch erzürnt, dass Aaron sich nicht von den Kindern Israels losgesagt hat. Stattdessen blieb er, um sie an den rechten Glauben zu erinnern und daran, dass er der Führer (al-amīr) in Moses Abwesenheit ist (Sure 20, 92–94).
Er wird als der heilige Nabi Harun verehrt. Seine Qubba (islamischer Grabbau) mit der darunterliegenden Grabhöhle auf dem Gipfel des 1400 Meter hohen Dschabal Harun ist ein Ziel für Pilger, die sich Heilung von ihren Krankheiten erhoffen.
Aaron in der Kunst
Aaron erscheint in der bildenden Kunst häufig als Nebenfigur in Illustrationen zur Mosesgeschichte. Er trägt darauf meist das Gewand eines jüdischen Hohenpriesters, vor allem in Darstellungen der orthodoxen Tradition das Ephod, auf mittelalterlichen Darstellungen auch die eines Bischofs. Er wird oft mit dem Weihrauchgefäß dargestellt. Die Kopfbedeckung des von Moses zum Hohenpriester ernannten Bruders Aaron sollte laut 2. Moses 39,27-28 (Ex 39,27-28 ) eine hohe Mütze aus Byssus sein, eine aus Steckmuschelwolle gewebte Seide, sie wird oft wie eine quergestellte "Hörner-Mitra" wiedergegeben. Typisches Attribut ist der mit 12 Edelsteinen besetzte Brustschild. Barocke Darstellungen folgen wörtlicher den Überlieferungen zur Kleidung des Hohepriesters im Alten Testament.
Im Mittelalter zählte man Aaron auch zu den Propheten und Kündern der Jungfräulichkeit Mariens. In der marianischen Symbolik war es besonders das Stabwunder Aarons, das man als Vorbild für die Jungfrauengeburt sah. So sieht man beispielsweise auf dem um 1230 entstandenen Taufbecken des Hildesheimer Doms Aaron mit grünendem Stab zwischen elf trockenen Stäben stehen. Als alttestamentliche Figur spielt Aaron auch eine Rolle in den Illustrationen der typologischen Handschriften Concordia caritatis des Ulrich von Lilienfeld, Armenbibel und Heilsspiegel.
Der österreichische Komponist Arnold Schönberg verfasste eine unvollendet gebliebene Oper Moses und Aron, die sich mit dem biblischen Stoff beschäftigt. Ein zentrales Thema ist die Gegenüberstellung des wortgewandten, aber ethisch unreifen Aaron und des gottesfürchtigen, doch rhetorisch unbeholfenen Moses. Die Oper wurde von dem französischen Regisseurehepaar Straub-Huillet verfilmt. Der von Schönberg nicht vertonte dritte Akt wurde dabei im Sprechgesang wiedergegeben.
Die Aaroniten
An der Spitze der Priester und somit des Heiligtums stand laut alttestamentlich-jüdischer Tradition ein Nachkomme Aarons, nach nachexilischer Präzisierung aus der Linie Aaron > Eleazar > Pinchas und schließlich > Zadok („Gerechter“), der als erster Hohepriester am Tempel Salomos gilt (Ahnherr des Priestergeschlechts der Zadokiden).
Als Aaroniten (aroˈniːtn̩) bzw. Kohanim bezeichnet man die priesterlichen Nachkommen Aarons als des ersten Hohepriesters. Nur die Nachkommen der Familie Aarons aus dem Stamm Levi hatten die Vollmacht, den Dienst in der Stiftshütte (später im Jerusalemer Tempel) zu vollziehen (Ex 28,1 ). Gemäß wissenschaftlich umstrittenen genetischen Untersuchungen an den Kohanim soll sich über das Y-Chromosom der Aaroniten eine Verwandtschaft bis auf eine historische Person zurückverfolgen lassen, als welche der biblische Aaron identifiziert wird.
Siehe auch
- Aaronitischer Segen
- Aronstab (Pflanzengattung) und Aronstabgewächse
Literatur
In der Reihenfolge des Erscheinens:
- Karl Möller: Aaron. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte. Band I. 1933, Spalten 6–11; auch digital in: RDK Labor [abgerufen am 19. Juni 2019].
- Heide Dienst: Artikel Aaron. In: Engelbert Kirschbaum: Lexikon der christlichen Ikonographie. Band 1: A – Ezechiel. Herder, Freiburg im Breisgau 1960, Spalten 2–4 (Volltext Online; Nachdruck 1994).
- Aelred Cody, Michael Brocke: Aaron/Aaronitisches Priestertum I. Im Alten Testament II. Im Judentum. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin/New York 1977, ISBN 3-11-006944-X, S. 1–7.
- Heinrich Valentin: Aaron. Eine Studie zur vor-priesterschriftlichen Aaron-Überlieferung (= Orbis biblicus et orientalis [OBO]. Band 18). Universitätsverlag Freiburg / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 1978, ISBN 3-525-53326-8 (PDF; 30,2 MB).
- Kurt Hennig (Hrsg.): Jerusalemer Bibellexikon. Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart 1990, ISBN 3-7751-2367-9.
- Benedikt J. Collinet: Aaron, Bruder des Mose. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 42, Bautz, Nordhausen 2021, ISBN 978-3-95948-505-0, Sp. 1–6.
Weblinks
- Klaus Koenen: Aaron / Aaroniden. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Aaron im Index des kunsthistorischen Bildarchivs Foto Marburg (Auswahl)
- Aaron im Index des Bildarchivs beim Rijksbureau voor Kunsthistorische Documentatie
Einzelnachweise
- ↑ Wilhelm Gesenius: Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament. 18. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-25680-6, S. 21.
- ↑ Aelred Cody: Aaron/Aaronitisches Priestertum I. Im Alten Testament. In: TRE. Band 1, S. 1–5, hier S. 1.
- 1 2 Aelred Cody: Aaron/Aaronitisches Priestertum I. Im Alten Testament. In: TRE. Band 1, S. 1–5, hier S. 2.
- ↑ Heide Dienst: Artikel Aaron. In: Lexikon der christlichen Ikonographie. Band 1: A – Ezechiel. 1968, Spalten 2–4, hier Spalte 2.