Adeline Karoline Luise Gräfin von Schimmelmann (* 19. Juli 1854 in Ahrensburg; † 18. November 1913 in Hamburg) war eine deutsche Evangelistin und die Gründerin einer Seemannsmission.

Leben

Adeline Gräfin Schimmelmann war die Tochter von Ernst Graf von Schimmelmann und Adelaide Gräfin von Schimmelmann, geb. von Lützerode (1823–1890). Olga von Lützerode war ihre Tante. Sie wuchs im Schloss Ahrensburg auf. Ihre ältere Schwester Fanny (1846–1918) war mit dem Grafen und preußischen Generalleutnant August zu Solms-Wildenfels (1823–1918) verheiratet.

Von 1872 bis 1890 war Schimmelmann Hofdame der Kaiserin Augusta und nahm in dieser Funktion vor allem repräsentative Aufgaben wahr. Im Februar 1886 hörte sie in Berlin einen Vortrag des bekannten Pfarrers und Volksschriftstellers Otto Funcke, dem sie im Rückblick ihre Bekehrung zuschrieb. Als sie sich im August 1886 zur Erholung auf der Insel Rügen im Ort Göhren aufhielt, lernte sie das Elend der dort arbeitenden Fischer kennen, welche sich nach dem Aufkommen des Tourismus ihrer Lebensgrundlage beraubt sahen.

Schimmelmann konzipierte daraufhin am Göhrener Salzlagerplatz (Solthus) ein Seemannsheim. Es bot 50 Personen Platz und wurde 1887 eingeweiht. Später kaufte sie auch Grundstücke auf der Insel Oie und in anderen Orten entlang der Küste, um dort weitere Heime einzurichten. Insbesondere bemühte sie sich um die Bekämpfung des unter den Fischern weit verbreiteten Alkoholismus. Dafür predigte sie auch an den Stränden Rügens und setzte sich – entgegen dem Zeitgeist – auch für das Frauenwahlrecht ein. Als mit dem Tod der Kaiserin 1890 ihre Tätigkeit als Hofdame endete, konnte sie sich ganz ihren karitativen Projekten widmen.

Die in Kopenhagen lebenden Geschwister der Gräfin waren mit diesen Geldausgaben nicht einverstanden, beorderten sie 1893 unter vorgeschobenen Gründen nach Kopenhagen und wiesen sie mit falscher Diagnose in eine psychiatrische Einrichtung ein. Im April 1894 erwirkten Freunde die Entlassung. In ihren „Streiflichtern“ schildert sie, wie Teile der Verwandtschaft ihre Villa verwüsteten, ihr Eigentum zerstörten oder raubten und ihre Gefolgsleute unter fadenscheinigen Gründen kriminalisiert wurden.

Seit 1894 wirkte Schimmelmann in Deutschland, bald auch in anderen europäischen Ländern, als freie Evangelistin. Sie bereiste mit ihrer Yacht Skandinavien, England und Italien, wo sie sich ebenfalls für ein besseres Leben der Seemänner engagierte. Von 1898 bis 1900 bereiste sie die USA und Kanada, wo sie gut besuchte Vorträge hielt. Auch hier organisierte sie die Versorgung von Seeleuten.

Schimmelmann schrieb zahlreiche Traktate, wurde allerdings von der Kirche nicht unterstützt. Männliche Pastoren sahen in der sogenannten Pietistin vielfach eine Konkurrenz, zumal sie auch Teile der etablierten Kirche sowie die Diakonissen kritisierte. Als Schriftstellerin war sie nach Aussage der Hamburger Professorin und Forscherin Ruth Albrecht jedoch nur mäßig begabt.

Mit Unterstützung durch ihren Adoptivsohn Paul und aus dem Adel gründete sie 1906 eine internationale Mission und gab die Zeitschrift „Leuchtfeuer“ heraus.

In ihren letzten Lebensjahren baute sie ein altes Hofgut bei Bischofsheim a. d. Rhön (heute „Schloss Holzberghof“) zu einem Schloss aus, das ihr Adoptivsohn Paul Frederik Graf Schimmelmann bis zum Jahr 1919 bewohnte.

Ihr Einsatz für Bedürftige brachte sie jedoch bald an ihre körperlichen Grenzen und in den finanziellen Ruin. 1913 starb sie verarmt in Hamburg. Sie wurde in Ahrensburg begraben. Pastor Funcke verfasste den Nachruf.

Siehe auch

Werke

  • Aus dem Tagebuch der Gräfin Adeline Schimmelmann, Rostock 1896.
  • Streiflichter aus meinem Leben am deutschen Hof, unter baltischen Fischern und Berliner Sozialisten und im Gefängnis. Berlin 1898 (Nachdruck, hrsg. von Jörg Ohlemacher, Leipzig 2008).
englische Ausgabe: Glimpses of my life at the German Court, among Baltic fishermen and Berlin Socialists and in prison including 'A home abroad', by Pastor Otto Funcke. Edited by W. Smith Foggett, Pastor of the English Reformed Church, Hamburg. London: Hodder & Stoughton 1896 (Digitalisat).
  • Sechs Vorträge. Selbstverlag, Stuttgart 1901.

Literatur

  • Johannes Witte: Kurzer Bericht über Leben, Zeugnis und Heimgang der Gräfin Adeline Schimmelmann. Kiel 1913.
  • Emil Richard Wettstein: Lebensbild der Gräfin Adeline Schimmelmann. Berlin 1914.
  • Ruth Albrecht: Adeline Gräfin Schimmelmann. Deutsche Evangelistin nach amerikanischem Vorbild? In: Hartmut Lehmann (Hrsg.), Transatlantische Religionsgeschichte 18. bis 20. Jahrhundert, Göttingen 2006, S. 72–108 google books.
  • Jörg Ohlemacher: Adeline Gräfin Schimmelmann (1854-1913). In: Adelheid M. von Hauff (Hrsg.): Frauen gestalten Diakonie. Bd. 2: Vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, Stuttgart 2006, S. 392–406.
  • Ruth Albrecht, Martin Rosenkranz, Kristina Rousseau, Regina Wetjen, Martina Wüstefeld: Adeline Gräfin von Schimmelmann. Adlig. Fromm. Exzentrisch. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011.
  • Ruth Albrecht: Schimmelmann, Adeline Gräfin von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 32, Bautz, Nordhausen 2011, ISBN 978-3-88309-615-5, Sp. 122–1230.
  • Ruth Albrecht, Regina Wetjen: „Eine imposante, gewinnende Erscheinung“. Die Evangelistin Adeline Gräfin von Schimmelmann (1854–1913). In: Das 19. Jahrhundert. Hamburgische Kirchengeschichte in Aufsätzen. (Teil 4), Band 27 in der Reihe Arbeiten zur Kirchengeschichte Hamburgs (Hrsg. Inge Mager), Hamburg 2013, ISBN 978-3-943423-02-0, S. 377–417 (PDF-online).
  • Ruth Albrecht: Blut-Theologie und Blut-Mystik bei Charles Haddon Spurgeon, Elias Schrenk und Adeline Gräfin Schimmelmann, S. 341–371, in: Hans-Jürgen Schrader, Irmtraut Sahmland: Medizin- und kulturgeschichtliche Konnexe des Pietismus: Heilkunst und Ethik, arkane Traditionen, Musik, Literatur und Sprache, Band 61 von Arbeiten zur Geschichte des Pietismus, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016
  • Dorothee Dziewas: Die Gräfin und das Haus am Meer. Brunnen Verlag, Gießen 2013, ISBN 978-3-7655-1586-6
Commons: Adeline von Schimmelmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Danmarks Adels Aarbog, 1906, S. 388 f.
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