Albert von Seld (* 1799 auf Gut Russow bei Kalisch in Großpolen; † 17. April 1867 in Potsdam) war ein preußischer Gesandtschaftssekretär in der Republik Krakau, Jurist und Schriftsteller. Er gilt als Vorkämpfer der Enthaltsamkeit vom Alkohol.
Leben
Zu seinen Vorfahren – aus Augsburg stammend – gehörten der Goldschmied Georg Seld und dessen Sohn Georg Sigmund Seld (1516–1565), der Reichsvizekanzler unter Karl V., Ferdinand I. und Maximilian II. wurde. Selds Familie, zur lutherischen Kirche übergetreten, verließ ihre Heimat 1804 und kaufte sich in Preußen ein. Albert von Selds Vater, ein preußischer Major, verheiratet mit einer geborenen Baronesse von Blomberg, erwarb für 64.375 Thaler von Heinrich Julius von Goldbecks Sohn das Gut Russow im Landkreis Kalisch.
Nach dem Abitur in Guben wurde Albert von Seld preußischer Gesandtschaftssekretär in Krakau, wo er neben seinem Beruf an der Jagiellonen-Universität Jura studierte und an der Universität Breslau sein Studium abschloss. In Breslau und ab 1830 angestellt beim Stadtgericht in Berlin arbeitete er als Auskultator. Obwohl sein Patron Karl Albert von Kamptz ihm die Option, in zwölf Jahren Kammerpräsidenten zu werden, in Aussicht stellte, gab Seld seine juristische Laufbahn auf.
Während der im 19. Jahrhundert grassierenden Branntweinpest, dem Elendsalkoholismus – Seld galt als bekannter „Apostel der Enthaltsamkeit“ der preußischen Mässigkeitsbewegung – gründete er 1842 in Gütersloh mit zwei Pfarrern einen Mäßigkeitsverein, der mit weiteren über 300 Vereinen etwa 20.000 alkoholsüchte Mitglieder betreute. Anfang 1846 zog Albert Freiherr von Seld nach Ostfriesland, um dort als „Mäßigkeits-Agent“ zu wirken und die Menschen von Trunksucht zu heilen. Ab 1852 war er Vorstandsmitglied des in den Nördlichen Vorstädte von Potsdam unter dem „Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin“ eingeweihten Pfingsthauses, einem Erziehungsheim. Auch als Herausgeber der Zeitschrift „Kreuzzug wider den Branntwein“ hatte er sich einen Namen gemacht.
Er war verheiratet und hatte eine Tochter und zwei Söhne.
Schriften
- Sechzig Jahre. Ein Leben dienender Liebe an Bauern- und Fürstenhöfen, unter Säufern, Kindern und Verbrechern (1929), eine gekürzte zusammengefasste Neuauflage von Wunderliche Reisen – Bruckstücke aus dem Leben (1864) und Sechzig Jahre (1865)
- Aus der Verbrecherwelt. Erfahrungen von A. Freiherr von Seld., Verlag Richard von Mühlmann, Halle 1865
- Vertrauliche Mitteilungen vom preußischen Hofe und aus der preußischen Staatsverwaltung, Verlag Neumann (1866)
- Ostfriesland. Wenig gekannte Länder und sehr bekannte Menschen geschrieben zur Lust und Lehre für die reifere Jugend und das Volk, Riegel'sche Buchhandlung (1864)
- Erlebnisse auf dem Gebiete der Straf-Justiz der inneren Mission , (1860)
- Gedichte v. A[lbert] Freiherr v. Seld, Verlag G. Eichler (1840)
Literatur
- Karl Schindler: Baron Albert von Seld, ein treuer Königs- und wahrer Volksfreund, Jaeger & Kober Verlag (1894)
- Albert von Seld (jr): Wunderliche Reisen. Bruchstücke aus dem Leben von Albert Frhr. v[on] Seld, Christlichen Verein, Paul Klöppel (1911)
- Julius Roessle: Albert Freiherr von Seld. Ein Leben im Dienst an Trinkern u. Gefangenen, Blaukreuz-Verlag (1960)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 5. November 2022.
- ↑ Wolfgang Menzels Literaturblatt, No. 90 vom 9. November 1864, Biografie. Wunderliche Reisen. Bruchstücke aus dem Leben A. Freiherr von Seld. Halle; Fricke (1864), Seite 357ff.
- ↑ Anonymus AC06734329, Anonymus AC06734335: Materialien zur Geschichte polnischer Landestheile unter preussischer Verwaltung: nach authentischen Quellen und Darstellungen preussischer Beamten und deutscher Geschichtsforscher. Erstes Heft, Aeltere Zeit bis zum Frieden von Tilsit 1807. Librairie étrangère, 1861 (google.de [abgerufen am 5. November 2022]).
- ↑ Amtsblatt der Regierung in Potsdam (1830) - Bayerische Staatsbibliothek. Abgerufen am 5. November 2022.
- ↑ Deutsche Biographie: Seld, Albert Freiherr von - Deutsche Biographie. Abgerufen am 5. November 2022.
- ↑ Frank Thadeusz: Vor 170 Jahren grassierte in Ostfriesland eine Schnapsepidemie. In: Der Spiegel. 10. Januar 2018, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. November 2022]).
- ↑ Matthias Benad: Bethel-Eckardtsheim: von der Gründung der ersten deutschen Arbeiterkolonie bis zur Auflösung als Teilanstalt (1882-2001). W. Kohlhammer Verlag, 2006, ISBN 978-3-17-019018-4 (google.com [abgerufen am 5. November 2022]).
- ↑ Freiherr Ernst von Mirbach: Das Pfingsthaus, die Pfingst-Kapelle zu Potsdam und der Pfingst-Kapellen-Verein: Zweigverein des Evangelisch-Kirchlichen Hülfsvereins unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin. BoD – Books on Demand, 1898, ISBN 978-3-88372-013-5 (google.de [abgerufen am 5. November 2022]).
- ↑ Ernst von 1844-1925 Mirbach: Das Pfingsthaus, die Pfingst-Kapelle zu Potsdam und der Pfingst-Kapellen-Verein, Zweigverein des Evangelisch-Kirchlichen Hülfsvereins: unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin. [Nachdr. d. Ausg.] Berlin, Sittenfeld 1893 Auflage. Becker, 1898, ISBN 978-3-88372-013-5 (ixtheo.de [abgerufen am 5. November 2022]).
- ↑ Frank Thadeusz: Vor 170 Jahren grassierte in Ostfriesland eine Schnapsepidemie. In: Der Spiegel. 10. Januar 2018, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. November 2022]).