Aloys Thomas Raimund Graf Harrach (* 7. März 1669 in Wien; † 7. November 1742 ebenda) war ein österreichischer Staatsmann, Diplomat, Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies und Industrieller.
Leben
Aloys von Harrach entstammte dem Adelsgeschlecht Harrach, sein Vater war der Obersthofmeister Ferdinand Bonaventura I. Graf von Harrach (* 14. Juli 1637 in Karlsbad; † 15. Juni 1706 ebenda). Sein älterer Bruder war Franz Anton von Harrach (1665–1727), Fürsterzbischof von Salzburg. Aloys wurde 1694 kaiserlicher Gesandter in Dresden, diente von 1697 bis 1700 in gleicher Funktion in Madrid, und befand sich 1711 wiederum am Hofe Augusts des Starken in Dresden, hernach auf diplomatischen Missionen in Berlin und Hannover.
1712 veranlasste er die Neugründung einer wegen Holzmangel aufgelassenen Glashütte im „neuen Wald“, dem späteren Neuwelt-Harrachsdorf (Bezirk Starkenbach, dem heutigen Harrachov) mit einer Konzession an den Glasmeister Elias Müller, zunächst mit Herstellung von Tafel-, Kreiden- und Farbglas, die 1750 durch den Export von Kristallglas, platiertem Glas, Flint- und Komposittionsglas ein Exporterfolg wurde.
Von 1715 bis 1742 wirkte Aloys von Harrach als Landmarschall in Niederösterreich, 1728 bis 1733 als Vizekönig in Königreich Neapel, wo er viele Kunstwerke erwarb, die heute in der Galerie in Schloss Rohrau ausgestellt sind. Von 1734 bis zu seinem Tod war Graf Harrach Mitglied der Geheimen Staatskonferenz in Wien.
Als bedeutender Bauherr verpflichtete er mehrmals den Architekten Johann Lucas von Hildebrandt, für Schloss Prugg in Bruck an der Leitha und für das Palais Harrach in der Ungargasse in Wien.
Familie
Er war seit dem 22. April 1691 mit Marie Barbara von Sternberg († 1694/95) verheiratet. Sie hatten fünf Kinder:
- Johann Philipp Wenzel, (* 28. Dezember 1691; † 9. Dezember 1693)
- Ferdinand Wenzel, (1692–1692)
- Maria Philippine Josepha, (* 9. Januar 1693 in Wien; † 2. April 1763 in Prag) ⚭ Graf Johann Franz von Thun und Hohenstein (* 16. Juni 1686; † 30. Juni 1720)
- Ferdinand Leopold, (* 21. Dezember 1693; † 5. Dezember 1694)
- Wenzel Friedrich, (1694–1694)
Alois Thomas Raimund heiratete in zweiter Ehe Anna Cäcilia von Thannhausen (* 14. März 1674; † 15. Februar 1721). Sie hatten zehn Kinder:
- Friedrich August (1696–1749)
- Maria Anna, (* 21. Oktober 1698; † 14. September 1758)
- ⚭ Ludwig von Rabatta;
- ⚭ Zikmund Gustav Hrzán z Harasova († 21. Dezember 1763)
- Karl Joseph Gervasius, (* 19. Juni 1700; † 20. Juni 1714 in Passau)
- Maria Aloysia, (* 13. Januar 1702; † 16. Mai 1775) ⚭ 13. Februar 1721 Fürst Franz Anton von Lamberg (* 30. September 1678; † 23. August 1759)
- Franz Anton, (* 13. Dezember 1702; † 27. Juli 1707)
- Wenzel Leopold Joseph Stanislaus, (* 13. November 1703; † 29. Juni 1734 in der Schlacht bei Parma)
- Johann Ernst Emanuel Joseph, Bischof von Neutra (* 9. April 1705; † 17. Dezember 1739 in Rom)
- Leopold Joseph Jakob, (* 27. April 1706; † 13. Mai 1706)
- Franz Joseph Johann Anton, (* 8. März 1707; † 27. Juli 1707)
- Ferdinand Bonaventura (* 11. April 1708; † 28. Januar 1778)
- ⚭ Marie Elisabeth von Gallas (1718–1737), Tochter des Vizekönigs in Neapel, Graf Johann Wenzel von Gallas
- ⚭ 9. Oktober 1740 Gräfin Maria Rosa von Harrach (* 20. August 1721; † 19. August 1785) (Tochter von Friedrich August)
In dritter Ehe heiratete er 1721 Ernestine Gräfin von Dietrichstein (* 13. Juli 1683; † 30. Januar 1744) Witwe von Johann Wenzel von Gallas. Die Ehe blieb kinderlos.
Quellen und Literatur
- Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum (Institut). Band I, R. Oldenbourg Verlag, München/ Wien 1979, ISBN 3-486-49491-0, S. 53 7.
- Gräflich Harrachsches Familienarchiv (im Österreichischen Staatsarchiv).
- Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 3: Ha–La. Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0.
- Anton Victor Felgel: Harrach. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 10, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 627–629.
- Helmuth Furch: Das Gräflich Harrachsche Familienarchiv. Die Bauten der Grafen Harrach und der Kaisersteinbruch am Leithaberg. In: Mitteilungen des Museums- und Kulturvereines Kaisersteinbruch. Nr. 37, Juni 1995, ISBN 3-9504555-3-1, S. 7–39.
- Bruno Grimschitz, Johann Lucas von Hildebrandt. Herold, Wien u. a. 1959.
- Georg Heilingsetzer: Die Harrach. Ihre Stellung in Politik, Wirtschaft und Kultur des alten Österreich. In: Palais Harrach. Geschichte, Revitalisierung und Restaurierung des Hauses an der Freyung in Wien. Trauner, Linz 1995, ISBN 3-85320-713-8, S. 81–87.
- Hermann Kellenbenz: Harrach, Aloys Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 697 f. (Digitalisat).
- Constantin von Wurzbach: Harrach, Alois Thomas Raymond. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 7. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1861, S. 371 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Aloys Thomas Raimund von Harrach in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
- Eintrag zu Aloys Thomas Raimund von Harrach im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Stammbaum Leonhard IV von Harrach zu Rohrau C11 – D1 – E5
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Otto Ehrenreich Reichsgraf von Abensperg und Traun-Meissau | Landmarschall von Österreich unter der Enns 1715-1742 | Ferdinand Leopold Graf von Herberstein |