Ariel (Hebräisch: אֲרִיאֵל; Arabisch: اريئيل) ist der Name einer international als illegal betrachteten israelischen Siedlung auf dem Boden der palästinensischen Autonomiegebiete. Sie wurde 1978 offiziell gegründet und zählt heutzutage (Stand: 2019) 20.540 Einwohner. Geographisch befindet sich die Siedlung etwa 20 Kilometer östlich der Grünen Linie und 34 Kilometer westlich der jordanischen Grenze und grenzt an die palästinensischen Ortschaften Salfit, Marda und Iskaka.

Die Siedlung ist mittlerweile die viertgrößte auf palästinensischem Gebiet. Nach Aufteilung des Oslo-Abkommens befindet sich das Gebiet der Siedlung im A/B-Sektor und damit unter offizieller palästinensischer Verwaltung. Die Gründung solcher Siedlungen wird nach internationalem Recht als illegal betrachtet, was allerdings vom israelischen Staat abgestritten wird.

Die Siedlung ist infrastrukturell mit allen nötigen Dingen ausgestattet, darunter eine Universität, Industrie sowie Kultur- und Sportinstitutionen. Sie ist an das israelische Wasser- und Stromversorgungsnetz angeschlossen.

„Ariel“ bedeutet auf Hebräisch „Löwe Gottes“ und wird in der Torah als einer der vier Namen Jerusalems und des Jerusalemer Tempels genannt (Jesaja 29: 1-8).

Geographie und Demographie

Ariel befindet sich im Gebiet Samaria, liegt 700 Meter über dem Meeresspiegel und hat eine Größe von 12 Kilometern in der Länge und 2 Kilometern in der Breite. Sie befindet sich 40 Kilometer östlich von Tel Aviv, zwischen 17 und 22 Kilometer östlich der Grünen Linie, 34 Kilometer westlich der jordanischen Grenze, südwestlich von Nablus und nördlich angrenzend an Salfit. Sie ist durch die Schnellstraßen 5 mit Tel Aviv und 60 mit Jerusalem verbunden.

Laut eigenen Angaben der Stadt umfasst ihre Bevölkerung 20.000 Einwohner sowie 10.000 weitere Studierende. Die letzte genaue Zählung von 2019 kommt auf 20.540 Einwohner. Demographisch setzt sich die Bevölkerung aus jüdischen sowie säkularen Israelis aller Altersgruppen zusammen. Nach dem Fall der Sowjetunion ließen sich in Ariel 6.000 Migranten aus deren ehemaligem Gebiet nieder. 2005 wurden zusätzlich etwa 40 Familien aus der sich im Gaza-Streifen befindlichen Siedlung Nezarim in Ariel angesiedelt, nachdem diese im Zuge des Gaza-Krieges vom israelischen Militär evakuiert worden war.

Geschichte

Nach Ende des 6-Tage-Krieges 1967 rief der damalige israelische Verteidigungsminister Moshe Dayan zu verstärktem Siedlungsbau in den palästinensischen Gebieten auf. Ariel war ein Projekt, das aus dieser Idee heraus entstand, wurde aber zwischen 1973 und 1976 durch den Tod eines Gründungsmitglieds zum Erliegen gebracht. 1976 wurde dann die erneute Genehmigung zum Siedlungsbau durch die damalige israelische Regierung unter Premierminister Yitzhak Rabin erteilt und 1977 sich auf den Ort des heutigen Ariel geeinigt.

Der Ort der Siedlung wurde aus geostrategischen Gründen gewählt, da er an einer wichtigen Ost-West-Verbindungsstraße lag. Außerdem sollte die Siedlung als eine Absicherung vor einem eventuellen Angriff der israelischen Hauptstadt Tel Aviv von jordanischer Seite aus Richtung des Jordantals darstellen.

Das offizielle Gründungsdatum Ariels ist das Jahr 1978. Zu Beginn ließen sich am Ort der heutigen Siedlung 40 Familien unter Anleitung ihres später langjährigen Bürgermeisters und Mitglied der israelischen Likud-partei Ron Nachman nieder. Die Siedlung steht teilweise auf dem Boden eines palästinensischen Dorfes, dessen Bevölkerung 1948 im Zuge der Staatsgründung Israels und der damit verbundenen großflächigen Vertreibung der Palästinenser ebenfalls vertrieben worden war. Zu ihrem privaten Eigentum haben die ehemaligen palästinensischen Bewohner heute allerdings keinen Zutritt mehr. Ebenfalls war das Gebiet der Siedlung vor ihrer Gründung durch palästinensische Bewohner für landwirtschaftliche Zwecke und als Weideland für ihre Tiere genutzt worden, was nun ebenfalls nicht mehr möglich ist.

Nach Fall der Sowjetunion im Jahr 1989 kamen zusätzlich 6.000 Migranten aus deren ehemaligem Gebiet nach Ariel, was die Bevölkerungszahl von 8.000 Einwohnern im Jahr 1990 beinahe verdoppelte. Einen neuen sprunghaften Bevölkerungszuwachs erhielt die Siedlung durch die Evakuierung von israelischen Siedlern der Stadt Nezarim aus dem besetzten Gaza-Streifen im Zuge des Gaza-Krieges im Jahr 2005.

Die Siedlung wurde 1985 durch die israelische Regierung offiziell als Stadt anerkannt, ihr 1995 der Status einer eigenständigen Gemeindeverwaltung zugesprochen und im Januar 2010 durch den damaligen israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu als „Hauptstadt Samarias“ und „integraler Teil Israels“ bezeichnet.

Infrastruktur

Heute besitzt die Siedlung neben Vorschulen, vier Grundschulen und vier weiterführenden Schulen eine eigene Universität, die „Ariel University“. In ihr sind etwa 10.000 Studierende eingeschrieben. Während die Universität über verschiedene Austauschprogramme mit ausländischen Studierenden verfügt, ist den Bewohner der umliegenden palästinensischen Ortschaften das Studium an der Hochschule untersagt.

Zudem verfügt Ariel über eine weitreichende wirtschaftliche Infrastruktur mit über 120 unterschiedlichen Industrien. Ein weiteres Industriegebiet, „Ariel West“, wird derzeit errichtet und soll nach Fertigstellung etwa einen Quadratkilometer umfassen.

Außerdem wurde am 8. November 2010 das „Ariel Center for the Performing Arts“ eröffnet, dessen Bau unter anderem durch die Milkey Family Foundation und den evnagelikalen Pastor John Hagee, dem Gründer der Organisation Christians United for Israel, finanziell unterstützt wurde. Die Eröffnungsveranstaltung wurde durch sechzig israelische Künstler unter der Angabe boykottiert, dass sie nicht in Siedlungen auftreten würden. Später zogen vier Schauspieler ihren Boykott wieder zurück.

Rechtliche und politische Situation

Das Bauen von israelischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet wird nach internationalem Recht als illegal betrachtet. Die israelische Regierung weist dies allerdings zurück.

Viele israelische Regierungen haben darauf bestanden, in zukünftigen Friedensabkommen im Zuge einer Zwei-Staaten-Lösung Ariel in das israelische Gebiet zu integrieren. Palästinensische Regierungsvertreter lehnen dies jedoch ab, da eine Aufnahme Ariels in israelisches Gebiet die territoriale Integrität Palästinas durch die im Westjordanland zentrale Lage Ariels zerstören würde und das Gebiet zudem über wichtige Wasservorkommen verfüge.

Die politische Lage ist daher angespannt und es kommt oft zu gewalttätigen Vorfällen zwischen den in Ariel lebenden Siedler und den in der Region lebenden Palästinenser. Erst kürzlich, Ende April 2022, wurde ein israelischer Soldat, der als Wachmann der Siedlung fungierte, durch einen palästinensischen Mann erschossen. Solche Vorfälle haben aber auch immer Konsequenzen für die dortige palästinensische Bevölkerung. So wurde dieser Angriff durch die israelischen Behörden mit einer zeitweisen Schließung der Zugänge zur nahegelegenen palästinensischen Stadt Salfit, sodass niemand hinein- oder hinausgehen konnte, und die zeitweise Unterbrechung der Wasserversorgung der Stadt beantwortet.

Allgemein geben die städtischen Behörden an, dass die zentrale Wasserpumpstation Salfits schon mehrere Male durch das Abwasser aus der Siedlung verunreinigt wurde.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Wayback Machine. Archiviert vom Original am 21. November 2010; abgerufen am 10. Mai 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. 1 2 3 Ariel settlement fact sheet. B'Tselem, 30. August 2010, abgerufen am 10. Mai 2022.
  3. T. O. I. staff: Rivlin: Ariel settlement ‘obviously’ to remain under Israeli control. Abgerufen am 10. Mai 2022 (amerikanisches Englisch).
  4. What are areas A, B, and C of the occupied West Bank? Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  5. 1 2 Kadima victory concerns settlers. 31. März 2006 (bbc.co.uk [abgerufen am 10. Mai 2022]).
  6. Ariel Municipality. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  7. Jesaja 29,1-8 | Einheitsübersetzung 2016 :: ERF Bibleserver. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  8. 1 2 3 About Ariel. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  9. About Ariel. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  10. History. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  11. 1 2 Ariel and Ariel Bloc | Peace Now. 10. Oktober 2013, archiviert vom Original am 10. Oktober 2013; abgerufen am 10. Mai 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  12. History. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  13. Ron Nachman. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  14. Ron Nachman, 'The Last of the Secular Settlers,' Who Couldn't Convince the Israeli Public. In: Haaretz. (haaretz.com [abgerufen am 10. Mai 2022]).
  15. PM: Ariel is the 'capital of Samaria'. Abgerufen am 10. Mai 2022 (amerikanisches Englisch).
  16. Education. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  17. AU International Programs. In: https://www.ariel.ac.il. Ariel University, abgerufen am 10. Mai 2022.
  18. Industry and Commerce. Abgerufen am 10. Mai 2022 (englisch).
  19. Major Theaters Raise Curtain Across Green Line. In: Haaretz. (haaretz.com [abgerufen am 10. Mai 2022]).
  20. Israeli Settlement Seeks Barrier's Protection. In: NPR.org. (npr.org [abgerufen am 10. Mai 2022]).
  21. „Vorhang zu“ in der Siedlung Ariel. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  22. A West Bank Enclave is on Edge. New York Times, abgerufen am 10. Mai 2022.
  23. 🇵🇸#Palestine | An Israeli security... - Eye On Palestine. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  24. 🇵🇸#Palestine | The Israeli occupation... - Eye On Palestine. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  25. 🇵🇸#Palestine | The Israeli occupation... - Eye On Palestine. Abgerufen am 10. Mai 2022.
  26. 🇵🇸#Palestine | The Head of The... - Eye On Palestine. Abgerufen am 10. Mai 2022.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.