Baraita (aramäisch ברייתא ‚etwas, das außerhalb ist‘; pl. Baraitot) bezeichnet eine Lehrmeinung aus tannaitischer Zeit, die jedoch keinen Eingang in die Mischna gefunden hat. „Außerhalb“ bezieht sich dementsprechend auf „außerhalb der Mischna“. Ursprünglich könnte sich „außerhalb“ jedoch auf „außerhalb der bedeutendsten Lehrhäuser (d. h. von Sura und Pumbedita)“ bezogen haben, wenngleich in späterer Zeit Tannaim (Lehrer der Mischna) als Autoren einer Baraita genannt werden.

Da die Mischna die gesamte mündliche Tora in sehr knapper Form enthält – um die mündliche Weitergabe zu erleichtern –, sind zahlreiche Varianten, zusätzliche Erklärungen, klärende Ausdeutungen und Regeln nicht in der Mischna enthalten. Diese wurden später zusammengestellt in Werken, die man ebenfalls „Baraitot“ nennt, häufig in Form von Listen von Lehren eines Weisen. „Baraita“ bezeichnet also neben der einzelnen Lehre auch deren Kompilation. Hauptsammlungen von Baraitot sind die Tosefta und die halachischen Midraschim (z. B. Mechilta, Sifra und Sifre).

Baraitot haben halachisch etwas geringeres Gewicht als die Mischna. Trotzdem gelten solche Lehrmeinungen ebenfalls als Beweistexte für die Amoräer, die Lehrer des Talmud, in deren Analysen und Interpretationen der Mischna. In der Regel wird eine Baraita im talmud bavli durch die aramäischen Formulierungen tanja (aramäisch תניא; hebräisch למדנו בעל פה; dt. ‚es wird gelehrt‘) oder tanu Rabbanan (aramäisch תנו רבנן; hebräisch שנו רבותינו; dt.: „unsere Meister lehrten“) eingeleitet, während ein Mischnazitat mit tenan eingeführt wird. Im Jerusalemer bzw. palästinischen Talmud sind Zitationen aus Baraitot seltener anzutreffen.

Der sprachliche Stil der Baraitot lässt sich von dem der Mischna kaum unterscheiden, wenngleich einzelne Passagen bereits Anzeichen einer späteren Sprachstufe des Hebräischen aufweisen.

Eine Ausgabe gesammelter Baraitot aus dem palästinischen und babylonischen Talmud nahm M. Higger vor (Otsar ha-Baraitot. 10 Bände, New York 1938–1948).

Literatur

  • Wilhelm Bacher: Tradition und Tradenten in den Schulen Palästinas und Babyloniens. Leipzig 1914 (Nachdruck Berlin 1966).
  • Günter Stemberger: Einleitung in Talmud und Midrasch. München 1992, S. 179f. ISBN 3-406-36695-3

Einzelnachweise

  1. "תניא" „ususally introduces a baraitha with the name of a tanna mentioned before the first statement “ aus: Yitzhak Frank: The practical Talmud dictionary . Ariel, United Israel Institutes, Jerusalem 1991, S. 262.
  2. "תנו רבנן " „(The hakhamim taught) usually introduces a baraitha that Begins with an anonymous statement“ aus: Yitzhak Frank: The practical Talmud dictionary . Ariel, United Israel Institutes, Jerusalem 1991, S. 260.

Siehe auch

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