Die Basilika Saint-Sernin ist ein Wahrzeichen von Toulouse. Der Bau verbindet den Typus einer Emporenbasilika und einer Staffelhalle. Die Pilgerkirche wurde über dem Grab des Heiligen Saturninus, Bischof von Toulouse, gebaut, der 250 einen Märtyrertod starb (Sernin ist eine verschliffene Form zu Saint-Saturnin). Sie ist Bestandteil des französischen Jakobsweges von Arles nach Santiago de Compostela und gehört in diesem Rahmen seit 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Architektur
Wie viele Gebäude in Toulouse, der ville rose, wurde auch sie aus roten Steinen gebaut, großenteils aus Backstein. Sie besitzt einen achteckigen Glockenturm mit einem Glockenspiel.
Die Bauzeit liegt zwischen 1077 und 1119 (Altarweihe 1096). Saint-Sernin ist die größte erhaltene romanische Kirche Frankreichs. Die Größe der Kirche ist in ihrer Funktion als Pilgerkirche begründet. Die Gesamtlänge beträgt 115 m, die Querhaustiefe 64 m, die Höhe des Mittelschiffs 21,10 m, die Breite des Langhauses 32,50 m, die Höhe des Glockenturms 65 m. Zusammen mit der Sainte-Foy von Conques gehört Saint-Sernin zu den Höchstleistungen des romanischen Languedoc.
Die Inneren Seitenschiffe dieser Kirche bestehen aus zwei Etagen. Die untere ist mit einem Kreuzgratgewölbe gedeckt, das etwas höher liegt als dasjenige der äußeren Seitenschiffe. Diese unteren Gewölbe der inneren Seitenschiffe tragen Emporen, die durch Außenfenster beleuchtet werden, die als Obergaden über den Dächern der äußeren Seitenschiffe liegen. Die Decken der inneren Seitenschiffe oberhalb der Emporen sind halbe Tonnengewölbe, die sich an die Basis des Tonnengewölbes des Mittelschiffs lehnen. Gegliedert sind diese halben Tonnengewölbe durch vollständige Rundbögen, die ebenso wie die obere Arkade zwischen Haupt- und inneren Seitenschiffen auf dem Niveau der Basis des Mittelschiffsgewölbes ihren Scheitel haben. Oberhalb dieser Gewölbebasis gibt es keine Seitenfenster. Somit bilden die drei inneren Schiffe zusammen eine Pseudo- und Emporenbasilika, alle fünf Schiffe zusammen aber eine Basilika.
In dem Höhenbereich zwischen den Emporen der inneren und den Gewölben der äußeren Seitenschiffe befindet sich ein niedriges Galeriegeschoss mit Arkaden zu den inneren Seitenschiffen und kleinen Fenstern in den Außenwänden, die aber nur wenig zur Beleuchtung der Kirchenschiffe beitragen.
Das Hochschiff entstand erst nach 1118. Von jedem Pfeiler steigt zu den Gurtbögen der Tonne ein Dienst auf. Das weitausladende dreischiffige Querhaus hat östliche Apsiden. Über der Vierung erhebt sich eine achteckige Kuppel über Trompen, die vom Viereck zum Achteck überleiten. Der Chor besitzt einen Umgang und fünf Radialkapellen, wobei die Achskapelle verlängert ist. Die reich entwickelte Außengliederung des Chores differenziert das Vorbild der Kathedrale von Nevers.
Der Chorumgang ist mit einem umlaufenden Tonnengewölbe und Quertonnen gedeckt. Die Scheitel der inneren und äußeren Teile der Quertonnen treffen einander, so dass sich keine Stichkappentonne ergibt, sondern ein Kreuzgratgewölbe. Im Unterschied zu Mittelschiff und zu den Seitenschiffen des Langhauses hat das Gewölbe des Umgangs keine Gurtbögen.
Der ganze Bau war wohl um die Mitte des 12. Jahrhunderts vollendet. Mit seinen Dimensionen gehörte Saint-Sernin zu den größten und künstlerisch großartigsten Werken der romanischen Baukunst.
In der Vierung reicht der Kirchenraum um ein Geschoss über Mittelschiff und Querhaus hinaus. In den Geschossen darüber ist der Vierungsturm gleichzeitig der Glockenturm dieser Kirche. Bei seiner Aufstockung in der Mitte des 13. Jahrhunderts wurden die Vierungspfeiler nachträglich verstärkt. Die dreieckigen Schlüsse der Fenster der beiden oberen Geschosse sind typisch für den gotischen Backsteinbau Südwestfrankreichs.
Die Westfassade wurde erst 1929 vollendet.
1838 wurde die Kirche als Monument historique unter Schutz gestellt, ab 1845 von Viollet-le-Duc (1814–1879) „restauriert“. Viollet konservierte nicht den damaligen Status, sondern verwirklichte sein Ideal eines harmonisch proportionierten romanischen Sakralbaues „mit römisch-griechischen Einflüssen“ – eine Auffassung, die bei heutigen Denkmalpflegern Widerspruch provoziert. Viollet formulierte sein Restaurationsprinzip folgendermaßen: „Ein Monument zu restaurieren bedeutet nicht, es zu unterhalten, zu reparieren oder zu erneuern, sondern den vollendeten Zustand herbeizuführen, der vielleicht niemals existiert hat.“
Die Kommission für historische Denkmäler hatte ihn 1845 mit der Sanierung von Saint-Sernin betraut. Viollet beabsichtigte, die einfachen Satteldächer über Längs- und Querschiff durch eine abgestufte Überdachung zu ersetzen, die wuchtigen Backsteinmauern mit Friesen zu schmücken und die Westfassade um zwei quadratische Türme zu ergänzen (art 5/90).
Bildwerke
Porte Miègeville
Der vielleicht bedeutendste Schmuck an den Fassaden der Kirche ist das Säulenportal am südlichen Seitenschiff, die Porte Miègeville aus der Zeit um 1118. Das Tympanon zeigt die Himmelfahrt Christi, begleitet von vier Engeln; der Türsturz zeigt die aufschauenden Apostel; seitlich oberhalb der Kämpferzone stehen Petrus und Jakobus. Im architektonischen Gesamtaufbau wie im plastischen Stil zeigt dieses Portal enge Beziehungen zu der Puerta de las Platerías an der Kathedrale von Santiago de Compostela. An die vier aufwändigsten Tympana der französischen Romanik reicht die orte Miègeville allerdings nicht heran.
- Vertreibung aus dem Paradies (rechts an der Porte Miègeville)
- Reste mittelalterlicher Farbfassung
Innenraum
Der Innenraum beherbergt über 260 plastische Werke.
- Der Hauptaltar von Bernardus Gelduinus (Bernard Gilduin) entstand vor 1096. Die reich skulptierte Mensa aus weißem Marmor hat die Größe 2,23 × 1,34 m. Mit Gelduinus beginnt eigentlich die monumentale Skulptur der Hochromanik.
- Im Chorumgang sind sieben Marmorreliefs aus dem ausgehenden 11. Jahrhundert zu sehen: die Majestas domini, vier Engel und zwei Apostel. Es handelt sich um die erste großdimensionale Figurenplastik der Romanik. Charakteristisch ist die streng frontale Haltung, die Köpfe sind teilweise im Profil gegeben. Als Vorbilder dienten gallisch-römische Grabstelen.
- Erwähnenswert ist noch die Kapitellplastik des ausgehenden 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts.
Orgel
Ferner besitzt diese Kirche eine der bedeutendsten Orgeln des Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll, die 1888 erbaut wurde. Disposition:
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Siehe auch
Literatur
- Ernst Adam: Vorromanik und Romanik. Ein Umschau-Bildsachbuch. Umschau-Verlag, Frankfurt am Main 1968, S. 139 (Epochen der Architektur).
- Georges Duby, Jean-Luc Daval (Hrsg.): Skulptur. Von der Antike bis zum Mittelalter. 8. Jahrhundert v. Chr. bis 15. Jahrhundert. Taschen, Köln u. a. 1999, ISBN 3-8228-7119-2, S. 279.
- Rolf Legler: Südwestfrankreich. Vom Zentralmassiv zu den Pyrenäen. Kunst, Kultur und Geschichte. 5. Auflage. DuMont, Köln 1983, ISBN 3-7701-0986-4.
- Viviane Minne-Sève: Romanische Kathedralen und Kunstschätze in Frankreich. Bechtermünz, Eltville 1991, ISBN 3-927117-84-6, S. 28/29, 34, 35.
- Alain Perceval: Flugbild Frankreich. Atlantis, Zürich u. a. 1979, ISBN 3-7611-0563-0.
- Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst der Romanik. Architektur, Skulptur, Malerei. Könemann, Köln 1996, ISBN 3-89508-213-9, S. 148.
Weblinks
- Website der Basilika und ihrer Pfarrei
- http://structurae.info/ouvrages/basilique-saint-sernin
- Pâques, Pentecôte et Marie au carillon de la basilique Saint-Sernin de Toulouse: Aufnahmen vom Glockenspiel der Kathedrale zum Herunterladen
Fußnoten
- ↑ Da das Mittelschiff ein Tonnengewölbe war, können die Arkadenbögen natürlich nicht dessen Basis überragen. Aber die Scheitel der Gewölbe über den Emporen liegen deutlich höher als die Basis der Mittelschiffstonne, siehe Querschnittszeichnung.
- ↑ Persée: La restauration de Saint-Sernin de Toulouse de 1860 à 1862 : 29 nouveaux documents iconographiques, signés de Viollet-le-Duc et Esquié (article) sem-linkOdile Foucaud (Bulletin Monumental Année 1989 147-4 pp. 333-344)
- ↑ Friedrich Gerke: Der Tischaltar des Bernard Gilduin in Saint Sernin in Toulouse. Franz Steiner, Wiesbaden 1958 (= Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1958, Nr. 8).
Koordinaten: 43° 36′ 30,3″ N, 1° 26′ 30,8″ O