Das Altstädtische Rathaus in der Stadt Brandenburg an der Havel ist als Rathaus herausragendes Baudenkmal und Beispiel spätmittelalterlicher Backsteingotik.
Geschichte
Ein erster Rathausbau von Altstadt befand sich bereits ab etwa 1290 am Altstädtischen Markt. Dieser Vorgängerbau bestand aus einem gemauerten Keller und Halle in Holzbauweise. An diesen Bau wurde etwa 1450 ein noch erhaltener zweistöckiger Anbau mit Gewölbe und auffälligen Kreis- und Wappenblenden, die Rats- und Schreibstuben angefügt.
Um das Jahr 1468 wurde der alte Holzbau ersetzt. Der Baumeister des roten Backsteinbaus ist unbekannt. Jedoch weiß man, dass dieser auch in den Städten Ziesar und Tangermünde tätig war. Der zweistöckige Ersatzbau verfügte im unteren Geschoss ursprünglich über eine dreischiffige Kaufhalle. Im Obergeschoss befand sich der Ratssaal. Weitere Einrichtungen im Bauwerk waren das städtische Gefängnis, die Gerichtslaube, Archiv und Waffenkammer. Schon früh verfügte der Rathausturm über eine Uhr und ein Glockenspiel.
Als 1715 die bis dahin (teil-)selbstständigen Städte Altstadt und Neustadt zur Stadt Brandenburg an der Havel vereinigt wurden, entschied man sich, das Neustädtische Rathaus als Sitz zu nutzen. Für das Altstädtische Rathaus bedeutete das zunächst Leerstand und Verfall. 1753 wurde das Gebäude für die Nutzung durch eine Barchentmanufaktur umgebaut. Als solches bestand eine Verwendung bis 1803. Weiterhin war das Rathaus bis 1819 Warenlager, Kaufhalle und Kornmagazin. Anschließend zog das Landes- und Stadtgericht in das Haus.
Als Gerichtsgebäude wurde es bis 1863 genutzt. Nachfolgender Nutzer war die preußische Armee. Die örtliche Garnison hatte Kleiderkammern und Arrestzellen untergebracht. Das Gebäude verfiel und musste schließlich 1904 wegen Baufälligkeit geräumt und gesperrt werden. Um einen drohenden Abriss zu verhindern, kaufte 1910 die Stadt das Altstädtische Rathaus zurück und sanierte und restaurierte es in den folgenden beiden Jahren umfassend. Es wurde zum repräsentativen Festhaus.
Nachdem im Zweiten Weltkrieg das Neustädtische Rathaus zerstört worden war, wurde 1946 der Roland vor das Altstädtische Rathaus umgesetzt. In der Folge wurde der alte Ratssaal für Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung genutzt, die eigentliche Stadtverwaltung saß jedoch in anderen Gebäuden in der Stadt. 2006 bis 2007 erfolgte ein abermaliger umfangreicher Umbau und eine Sanierung und Restaurierung, in deren Folge das Rathaus gemeinsam mit dem Ordonnanzhaus nach drei Jahrhunderten wieder zum zentralen Sitz der Verwaltung der Stadt wurde. Seither hat beispielsweise der Oberbürgermeister seinen Sitz im Haus.
Roland
Die Rolandsfigur geht auf den aus dem Rolandslied bekannten mittelalterlichen Volkshelden Hruotland zurück, der als treuer Vasall Karls des Großen bei einem Rückzugsgefecht 778 fiel. Die Figur war in mittelalterlichen Städten ein Symbol rechtlicher Selbstständig- beziehungsweise Unabhängigkeit von Kirche und Adel, für die Freiheit des Bürgertums.
Seit 1402 ist eine Rolandsfigur in der Neustadt Brandenburg überliefert. Der vor dem Altstädtischen Rathaus stehende Roland wurde 1474 aus Sandstein geschaffen. Er hat eine Höhe von 5,33 Meter, verfügt über eine Plattenrüstung und ein Schwert in seiner rechten Hand, welches senkrecht in die Höhe gehalten ist. Die linke Hand ist am Dolch. Eine Kopie befindet sich vor dem Märkischen Museum Berlin.
In einer kleinen Mulde auf dem Kopf wurde Donnerkraut gepflanzt, welches die Figur nach einem Aberglauben vor Blitzschlag schützen sollte.
Dieser Roland stand ursprünglich auf dem Neustädtischen Markt. Da dieser Marktplatz jedoch als Exerzierplatz genutzt wurde und die Figur die Soldaten bei ihren Übungen behinderte, gab König Friedrich Wilhelm I. 1716 die Genehmigung, den Roland unmittelbar vor das Neustädtische Rathaus umzusetzen. 1941 wurde der Roland aufgrund des Krieges zum Schutz demontiert und eingelagert. Das Rathaus in der Neustadt wurde nach Bombentrefferns vollständig zerstört und anschließend abgetragen, worauf der Brandenburger Roland vor das Altstädtische Rathaus gestellt wurde.
Ratssaal
Der mittelalterliche Ratssaal diente außer für Ratssitzungen für Huldigungen an den Landesherren, Empfänge und Feierlichkeiten der Patrizier. Anhand von Befunden, die sich während der umfangreichen Sanierungsarbeiten im frühen 21. Jahrhundert ergaben, wird angenommen, dass sich Gestühl an der Stirnseite des Saals und ein Ehrensitz an der Längsseite befand. Im Verhältnis zu den Bedingungen im 21. Jahrhundert lag der Fußboden etwa 0,8 Meter höher.
Der große Festsaal in seiner Form ist Ergebnis der umfangreichen Umbaumaßnahmen im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Bis zu dieser Zeit war der Raum flach gedeckt, wurde dann aber durch ein hölzernes Tonnengewölbe in den Dachraum erhöht. Auf dieses Tonnengewölbe wurde eine hölzerne Kassettendecke mit Malerei angebracht. Diese wurde 1962 durch eine Unterdecke abgedeckt und im Rahmen der Sanierungen im 21. Jahrhundert. wieder freigelegt. Wandmalereien wurden nach 1918 entfernt. Fenster mit Bleiverglasungen zeigen mittelalterliche Wappen von brandenburgischen Städten. Der Parkettfußboden wurde 2006 anhand eines erhaltenen Restes rekonstruiert.
Galerie
- Portal Rückseite
- Seitenwand mit Wappenblenden der Zünfte
- Zweites Portal Rückseite
- Hauptportal
- Rathaustür mit Eisenbeschlägen
Literatur
- Kolb: Freigelegte Architektur am altstädtischen Rathaus in Brandenburg a. d. H. In: Die Denkmalpflege, 5. Jahrgang, Nr. 16 (16. Dezember 1903), S. 125–129.
Weblinks
- Eintrag zur Denkmalobjektnummer 09145147 in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg
Einzelnachweise
- 1 2 Rathaus mit Roland. Eingesehen am 13. März 2015.
- 1 2 Informationstafel Altstädtisches Rathaus und Roland
- ↑ Rolandstatuen in Deutschland. Brandenburg. (Nicht mehr online verfügbar.) In: p-schoenfeld.de. Ehemals im ; abgerufen am 17. April 2020. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
- ↑ Informationstafel Ratssaal.
Koordinaten: 52° 24′ 50,8″ N, 12° 33′ 14″ O