Christian Friedrich Genschow (* 18. September 1814 in Rostock; † 1. November 1891 in Groß-Lichterfelde bei Berlin) war ein deutscher Bildhauer.

Leben

Christian Friedrich Genschow wurde als viertes von 13 Kindern des Arbeiters Franz Jakob Genschow und dessen Frau geboren. Sein Bruder Georg Genschow (1828–1902) studierte Landschaftsmalerei an der Kunstakademie Düsseldorf.

Christian Genschow erlitt als elfjähriger Junge eine schwere Behinderung des linken Beins durch starke Verbrühung mit flüssigem Wachs. Eine Tischlerlehre musste er wegen zu großer körperlicher Belastung abbrechen. 1834 genehmigte Großherzog Friedrich Franz I. ein Stipendium von 60 Talern für die Zeichenausbildung bei Friedrich Hehse in Rostock. Nach einer Verdopplung des Stipendiums war es Genschow möglich, von 1836 bis 1840 ein Studium der Bildhauerei an der Berliner Kunstakademie bei Ludwig Wichmann und 1840/42 bei Christian Daniel Rauch zu absolvieren. Bei Rauch arbeitete er bis 1850 als Gehilfe, unter anderem zusammen mit Carl Wolgast an den Modellen für das Reiterstandbild Friedrichs des Großen in Berlin. Nach Fertigstellung dieser umfangreichen Arbeit gründete Genschow ein eigenes Atelier in Berlin-Kreuzberg. Zwischen 1838 und 1881 stellte er auf der Großen Berliner Kunstausstellung aus.

In den Jahren 1852 bis 1857 bekam Genschow auf Fürsprache des Direktors der großherzoglichen Sammlungen Schwerin Lisch mehrfach Aufträge für den Schlossbau in Schwerin mit seinem Hauptwerk, dem Reiterstandbild des Obotritenfürsten Niklot. Um 1857 bis etwa 1866 arbeitete Genschow auch als künstlerischer Mitarbeiter für das Dankberg’sche Institut für architektonische Ornamentik. Bis 1876 folgten weitere Aufträge für Großherzog Friedrich Franz II., der ihm 1870 anlässlich der Einweihung des neuen Universitäts-Hauptgebäudes in Rostock das Verdienstkreuz in Gold des Hausordens der Wendischen Krone verlieh. Die Verschlimmerung seines Fußleidens führte 1874 zur Amputation des Fußes.

Christian Genschow war seit 1842 verheiratet mit Johanne Wilhelmine Ernestine Bohl (1822–1891). Das Paar hatte keine Kinder.

Bis 1885 arbeitete Genschow als Bildhauer, zuletzt wird er bis zu seinem Tod in den Berliner Adressbüchern als „Rentier“ genannt. Das Grab auf dem Alten Luisenstädtischen Friedhof ist nicht mehr erhalten.

Leistungen

Der Lebenslauf Genschows offenbart eine gewisse Tragik. Nicht zuletzt aufgrund seiner Behinderung ist es ihm nie gelungen, sich von der Gunst und den Aufträgen der mecklenburgischen Großherzöge zu lösen. Seine vorwiegend kleinformatigen Arbeiten stehen in der Tradition der Berliner Bildhauerschule, insbesondere seines Lehrers Christian Daniel Rauch. Stilistisch eigenständige Werke, die sich vom Althergebrachten lösen, sucht man im Schaffen Genschows vergeblich. Seine künstlerische Bedeutung bleibt daher im Wesentlichen regional auf Mecklenburg beschränkt.

Werke

Person
Motiv
Bild Standort
Verbleib
Art
Material
Datierung Weitere Informationen
Friedrich Franz I. Schwerin
verschollen
Relief
Bernstein
1834 Geschenk an den Großherzog
Nähkästchen Schwerin
verschollen
Kleinplastik
Bernstein
1834 Geschenk an die Großherzogin
Alexandrine Hohenzollernmuseum Berlin
verschollen
Relief
Gips
1834 Exemplar in Marmor 1856 (die Datierung 1834 beruht wahrscheinlich auf einem Lesefehler und müsste richtiger wohl 1854 lauten)
Friedrich Franz I. unbekannt Büste
Gips
1835/36
Samuel Gottlieb Vogel unbekannt Relief
Gips
1836
Paul Friedrich verschollen Büste
Marmor
1839/42 in Gips bereits 1836
Reiter im Kampf mit dem Stier Schwerin, Staatl. Museum Statuette
Bronze
1846 Akademieausstellung Berlin 1846, 1850, 1856
Johann Gottfried Schadow unbekannt Statuette
Bronze
1850
„Die 4 Elemente“: Wasser, Feuer, Erde, Luft in Kinderfiguren Schwerin, Staatl. Museum Statuetten
Bronze
1850 21/22 cm; auch im Schloss Charlottenburg (verschollen); ein Set 2013 in Frankfurt/M. versteigert
Johannes als Knabe mit Lamm Schwerin, Staatl. Museum Statuette
Bronze
1850? unsigniert und undatiert
Kronprinz Wilhelm im Maskenanzug (Kostüm der Medici) unbekannt Statuette
Zinkguss
1850/77 gefertigt von der Zinkgiesserei Czarnikow & Co.
8 Reliefporträts der Schlossbaukommission Schwerin, Schloss Relief
Terrakotta
1851 Oberhofmarschall Jaspar Friedrich von Bülow, Minister Ludwig von Lützow, Generalleutnant Adolf von Sell, Schlosshauptmann Carl von Lützow, Geh. Archivrat Lisch, Oberbaurat Stüler, Glasmaler Gillmeister, Baumeister Stern
(weitere 8 Porträts: Baumeister Behnke, Hofbaurat Demmler, Hofbaurat H. Willebrand, Bauconducteur Ludwig Willebrand sind von Heinrich Kalnas von Kalnassi modelliert)
Johann Albrecht I. Schwerin, Schloss Porträtkopf
Sandstein
1852
Anna Sophie von Mecklenburg Schwerin, Schloss Porträtkopf
Sandstein
1852
Friedrich Franz II. Schwerin, Schloss Porträtkopf
Sandstein
1852
Auguste von Mecklenburg Schwerin, Schloss Porträtkopf
Sandstein
1852
Altes meckl. Wappen, Neues meckl. Wappen, Preußisches Wappen, Reuß’sches Wappen Schwerin, Schloss Reliefs
Terrakotta
~1852
Matthäus, Moses, Paulus und Jesaja Röbel, St. Marien Statuetten
Eiche
~1853 als Kanzelfiguren
Friedrich Wilhelm von Mecklenburg Schwerin, Schloss Porträtkopf
Sandstein
1854
Carl Leopold von Mecklenburg Schwerin, Schloss Porträtkopf
Sandstein
1854
Christian Ludwig II. von Mecklenburg Schwerin, Schloss Porträtkopf
Sandstein
1854
Friedrich Franz II. verschollen Büste
Marmor
1854/69 2× in Marmor und 4× in Gips nachweisbar (2 Exemplare in Gips im Schloss Ludwigslust erhalten)
Auguste von Mecklenburg Berlin, Nationalgalerie Büste
Gips
1854/61 1× in Marmor und 4× in Gips nachweisbar (2 Exemplare in Gips im Schloss Ludwigslust, ebendort Kopf einer Marmorbüste)
Prinz Friedrich Franz verschollen Büste
Gips
1855 im Alter von vier Jahren, als Elfjähriger siehe 1862
Prinz Paul Friedrich verschollen Büste
Gips
1855 im Alter von drei Jahren, als Neunjähriger siehe 1862
Obotritenfürst Niklot Schwerin, Schloss Reiterstandbild
Gips
1855 Hauptwerk Genschows
7 Knabenpaare mit Wappenschild Schwerin, Schloss Statuetten
Zink
1855 insgesamt 14 individuelle Darstellungen, z. Teil der Prinzen Friedrich Franz und Paul Friedrich
Georg Christian Friedrich Lisch Schwerin, Staatl. Museum Büste
Gips
1855 ehemals als Leihgabe im Landeshauptarchiv Schwerin, jetzt wieder im Museum
2 Hellebardiere Schwerin, Schloss Standbilder
Sandstein
1855 auf dem Giebel oberhalb der Niklothalle
Albrecht II. Schloss Schwerin Standbild
Sandstein
1856 als kleine Figur ehemals im 1913 ausgebrannten Speisesaal des Schlosses
Magnus II. Schloss Schwerin Standbild
Sandstein
1856 als kleine Figur ehemals im 1913 ausgebrannten Speisesaal des Schlosses
Wilhelm von Mecklenburg unbekannt Relief
Gips
1856 Akademieausstellung Berlin
Großherzogin Alexandrine unbekannt Relief
Gips
1856 Akademieausstellung Berlin
Grenadier und Artillerist unbekannt Statuetten
Gips
1856 nicht realisierte Entwürfe für Standbilder (den Auftrag erhielt Georg Wiese)
Allegorien Handel, Ackerbau, Pferdezucht und Fischerei Schloss Schwerin, Thronsaal Statuetten
Gips
1857 weitere Allegorien von Gustav Willgohs und Georg Wiese
Allegorie Wasser Schwerin, Staatl. Museum Statuette
Marmor
1858 lebensgroß, nach Modell von 1850, auch als Brunnenfigur in Zinkguss und bronziertem Zinkgalvano bekannt
Der auferstandene Christus unbekannt Relief
Marmor
1858 Akademieausstellung 1858
Schirmkinder Lübz, Stadtpark Brunnenfigur
Zink
1860/63 Datierung unklar, ein weiteres Exemplar befand sich in den 1960er Jahren auf einem Privatgrundstück (Bahnhofstraße 8) in Parchim (verschollen)
Friedrich Schiller unbekannt Büste
Gips
1860 nach der Totenmaske modelliert; vervielfältigt
Friedrich Wilhelm III. unbekannt Reiterstatuette
Gips
1860 als Denkmalsentwurf für Berlin
Friedrich Wilhelm IV. Schwerin, Staatl. Museum Büste
Marmor
~1861 ausgeführt nach einem Modell von Christian Daniel Rauch
Prinz Friedrich Franz (III.) Schwerin, Staatl. Museum Büste
Marmor
1862/64 Friedrich Franz im Alter von 11 Jahren; mindestens 4 Abgüsse in Gips nachweisbar (1× im Schloss Ludwigslust erhalten)
Prinz Paul Friedrich Franz Ludwigslust, Schloss Büste
Marmor
1862/64 Paul Friedrich Franz im Alter von 9 Jahren; mindestens 4 Abgüsse in Gips nachweisbar (3× im Schloss Ludwigslust erhalten)
Prinzessin Marie Ludwigslust, Schloss Büste
Marmor
1862/64 Marie im Alter von 8 Jahren, mindestens 4 Abgüsse in Gips nachweisbar (3× im Schloss Ludwigslust, 1× Museum Schwerin erhalten)
Prinz Johann Albrecht Schwerin, Staatl. Museum Büste
Marmor
1862/64 Johann Albrecht im Alter von 4 Jahren, mindestens 4 Abgüsse in Gips nachweisbar (2× im Schloss Ludwigslust erhalten)
Kurfürst Friedrich II. Berlin, Unter den Linden
zerstört
Standbild
Gips
1866 als Teil der Festdekoration zur Siegesfeier 1866
Obotrit, sein Pferd bändigend Schwerin, Schlossbrücke Reiterstandbild
Zink
1864/74 auch als Verkleinerungen in Zink bekannt, in Größe des Hilfsmodells in der Auffahrt zu Schloss Basthorst
Obotrit, sein Pferd rüstend Schwerin, Schlossbrücke Reiterstandbild
Zink
1873/76 auch als Verkleinerungen in Zink bekannt, in Größe des Hilfsmodells in der Auffahrt zu Schloss Basthorst
Allegorie Der Winter unbekannt Statuette
Gips?
~1880 Große Berliner Kunstausstellung 1881
Friedrich Franz II. Babelsberg
zerstört
Büste
Bronze
1882 für die Feldherrenbank; Büsten im 2. WK eingeschmolzen

Literatur

  • Stüler, Willebrand, Prosch: Das Schweriner Schloss. Berlin 1869.
  • W. Raabe, G. Quade: Mecklenburgische Vaterlandskunde. Band 1, Wismar 1894.
  • Genschow, Christian F. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 13: Gaab–Gibus. E. A. Seemann, Leipzig 1920, S. 398 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Helmut Börsch-Supan: Die Kataloge der Berliner Akademieausstellungen 1786–1850. Band 1–3, Berlin 1971.
  • Wolfgang Vomm: Reiterstandbilder des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland. Dissertation Universität Köln 1979, Bergisch Gladbach 1979, S. ?.
  • Peter Bloch, Sibylle Einholz, Jutta von Simson (Hrsg.): Ethos & Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786–1914. Beiträge zur Ausstellung. Berlin 1990, ISBN 3-7861-1598-2, S. ?
  • Christian Genschow. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 51, Saur, München u. a. 2006, ISBN 3-598-22791-4, S. 369.
  • Bernd Schattinger: Christian Genschow (1814–1891). Recherchen zu Leben und Werk eines mecklenburgischen Bildhauers. Schwerin 2015, ISBN 978-3-86062-037-3.
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