Die Cohors IIII (oder IV) Raetorum [equitata] (deutsch 4. Kohorte der Räter [teilberitten]) war eine römische Auxiliareinheit. Sie ist durch Militärdiplome, Inschriften und Arrians Werk Ἔκταξις κατὰ Ἀλάνοον belegt.

Namensbestandteile

  • Raetorum: der Räter. Die Soldaten der Kohorte wurden bei Aufstellung der Einheit aus dem Volk der Räter auf dem Gebiet der römischen Provinz Raetia rekrutiert.
  • equitata: teilberitten. Die Einheit war ein gemischter Verband aus Infanterie und Kavallerie. Der Zusatz kommt in einer Inschrift vor.

Da es keine Hinweise auf den Namenszusatz milliaria (1000 Mann) gibt, war die Einheit eine Cohors quingenaria equitata. Die Sollstärke der Kohorte lag bei 600 Mann (480 Mann Infanterie und 120 Reiter), bestehend aus 6 Centurien Infanterie mit jeweils 80 Mann sowie 4 Turmae Kavallerie mit jeweils 30 Reitern.

Geschichte

Die Kohorte war in den Provinzen Moesia superior und Cappadocia (in dieser Reihenfolge) stationiert. Sie ist auf Militärdiplomen für die Jahre 93 bis 115 n. Chr. aufgeführt.

Die Hilfstruppeneinheiten der Räter wurden laut Tacitus zu zwei verschiedenen Zeitpunkten rekrutiert: nach der Eroberung Raetiens um 15 v. Chr. sowie um 70 n. Chr. in Folge des Helvetieraufstands.

Der erste Nachweis in Moesia superior beruht auf einem Diplom, das auf 93 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Moesia) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Weitere Diplome, die auf 94 bis 115 datiert sind, belegen die Einheit in derselben Provinz. In den Diplomen von 115 wird die Einheit als eine der Kohorten aufgeführt, die aus Moesia für den Partherkrieg Trajans abkommandiert wurden (translatis in expeditione).

Möglicherweise hielt sich die Kohorte im Zuge ihrer Verlegung vorübergehend in Side in der Provinz Lycia et Pamphylia auf. Nach dem Partherkrieg blieb die Einheit in der Provinz Cappadocia. Sie war dann um 135 Teil der Streitkräfte, die Arrian für seinen Feldzug gegen die Alanen (ἔκταξις κατ᾽ Ἀλανῶν) mobilisierte. Arrian erwähnt in seinem Bericht eine Einheit, die er als οἱ τῆς σπείρης τῆς τετάρτης τῶν ῾Ραιτῶν bezeichnet.

Letztmals erwähnt wird die Einheit in der Notitia dignitatum mit der Bezeichnung Cohors quarta Raetorum für den Standort Analiba. Sie war Teil der Truppen, die dem Oberkommando des Dux Armeniae unterstanden.

Standorte

Standorte der Kohorte waren möglicherweise:

  • Analiba: Die Einheit wird in der Notitia dignitatum für diesen Standort aufgeführt.
  • Side: Eine Inschrift wurde hier gefunden.

Angehörige der Kohorte

Folgende Angehörige der Kohorte sind bekannt.

Kommandeure

Sonstige

  • Μ. Ουλπιος Λογγος (M. Ulpius Longus), ein Centurio (AE 1915.49)

Siehe auch

Literatur

  • John Spaul: Cohors² The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army, British Archaeological Reports 2000, BAR International Series (Book 841), ISBN 978-1-84171-046-4

Anmerkungen

  1. 1 2 Julian Bennett weist darauf hin, dass aus der Grabinschrift für den Sohn nicht hervorgeht, ob M. Ulpius Longus zu diesem Zeitpunkt noch aktiver Soldat oder bereits Veteran war. Nur für den Fall, dass er noch aktiver Soldat war, wäre es wahrscheinlich, dass sich die Einheit zu diesem Zeitpunkt in Side aufgehalten hat.
  2. Laut Jörg Scheuerbrandt war Daphnes Kommandeur einer Abteilung von Reitern an der Spitze der Marschkolonne, die während des Marsches aus mehreren Einheiten zusammengestellt wurde, darunter den Reitern der Cohors IIII Raetorum.
  3. Laut Julian Bennett war M. Ulpius Longus ein εκατονταρχος (Centurio). Laut John Spaul könnte die Abkürzung in der Inschrift sowohl für εκατονταρχος als auch für χειλιαρχος (Tribun) stehen.

Einzelnachweise

  1. Inschrift mit equitata (CIL 11, 3101)
  2. 1 2 John Spaul, Cohors², S. 274–275, 282.
  3. 1 2 3 Jörg Scheuerbrandt: Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen während der Kaiserzeit. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 2003/2004, S. 65–66, 68, 164 Tabelle 8 (PDF).
  4. 1 2 3 Michael Alexander Speidel: The Development of the Roman Forces in Northeastern Anatolia. New evidence for the history of the exercitus Cappadocicus., Sonderdruck aus: M. A. Speidel, Heer und Herrschaft im Römischen Reich der Hohen Kaiserzeit, Stuttgart 2009, S. 595–631, hier S. 603, 619 (Online).
  5. Militärdiplome der Jahre 93 (CIL 16, 39), (AE 2008, 1716, RMD 5, 335), 96 (RMD 1, 6), 100 (AE 2008, 1731, AE 2008, 1733, AE 2008, 1735, CIL 16, 46), 101 (AE 2008, 1732), 103/105 (ZPE-194-223) und 115 (Chiron-2005-64, Chiron-2008-363, ZPE-194-229).
  6. Farkas István Gergő: The Roman Army in Raetia Dissertation, University of Pécs Faculty of Humanities 2015, S. 158 (PDF S. 161 (Memento des Originals vom 14. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.).
  7. 1 2 Julian Bennett: The Roman Army in Lycia and Pamphylia, ADALYA X, 2007, S. 131–151 hier S. 139–140 (PDF).
  8. Notitia dignitatum in partibus Orientis XXXVIII (Online).
  9. Inschrift aus Side in griechischer Sprache (AE 1915.49)
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