John Cyril Cranko (* 15. August 1927 in Rustenburg, Südafrika; † 26. Juni 1973 auf einem Rückflug aus den USA) war ein britischer Tanzregisseur und Choreograf. Er war ab 1961 Leiter des Stuttgarter Balletts, das er innerhalb weniger Jahre zu einer der führenden Ballettkompanien der Welt machte.
Leben
Cranko studierte zuerst in Kapstadt. 1946 ging er nach London und wurde Mitglied des Sadler’s Wells Theatre Ballet. Seine Inszenierungen zeichneten sich durch eine klare dramatische Struktur aus. 1947 schuf er für das Sadler’s Wells Ballet eine aufsehenerregende Choreografie zu Debussys Children’s Corner.
Die ersten großen Erfolge mit dieser Truppe hatte Cranko 1949 mit Beauty and the Beast, 1951 mit Pineapple Poll und Harlequin in April. 1955 choreografierte er für die Pariser Oper La Belle Hélène. Seine erste abendfüllende englische Ballettaufführung hatte er 1957 mit Der Pagodenprinz. 1961 wurde Cranko von Walter Erich Schäfer zum Direktor des Stuttgarter Balletts berufen. Er sammelte eine Gruppe von begabten Tänzern um sich, u. a. Marcia Haydée, Egon Madsen, Richard Cragun, Birgit Keil und Susanne Hanke.
Einige seiner Choreografien in Stuttgart waren 1962 Romeo und Julia nach William Shakespeare, 1965 Onegin nach Alexander Puschkin. 1969 folgte Der Widerspenstigen Zähmung nach Shakespeare, 1970 Brouillards, 1971 Carmen (mit Musik von Wolfgang Fortner und Wilfried Steinbrenner) und schließlich 1973 Spuren. Crankos Choreografien trugen maßgeblich zum so genannten „Stuttgarter Ballettwunder“ bei, das 1969 mit einem Gastspiel an der Metropolitan Opera in New York begann. Geschichten nuanciert zu erzählen, seine klaren dramatischen Strukturen und die außerordentliche Art und Weise, wie er die Kunst des Pas de deux beherrschte, eroberten das Publikum in New York. 1971 gründete er in Stuttgart eine Ballett-Schule mit Internat. Die John Cranko-Schule ist heute Ballettschule der Württembergischen Staatstheater sowie Berufsfachschule und Staatliche Ballettakademie.
John Cranko starb am 26. Juni 1973 während des Rückfluges von einer erfolgreichen USA-Tournee nach Dublin. Sein Grab befindet sich auf dem kleinen Friedhof beim Schloss Solitude (Stuttgart). Zur Feier seines 80. Geburtstags im August 2007 veranstaltete das Stuttgarter Ballett das Cranko Festival 2007, eine Veranstaltungsreihe in Stuttgart. Nach ihm ist die John-Cranko-Gesellschaft benannt.
Als Choreologin und Ballettmeisterin hat Georgette Tsinguirides Crankos Werk mittlerweile an mehrere Tänzergenerationen weitervermittelt: Nicht allein beim Stuttgarter Ballett, sondern ebenso weltweit bei mehr als 30 anderen Ballett-Compagnien. Alle großen Werke, die Cranko in Stuttgart schuf, hat sie in einer bestimmten Tanzschrift aufgezeichnet, der Benesh Movement Notation.
Im April 2020 erschien der Roman von Thomas Aders Seelentanz – John Cranko und das Stuttgarter Ballettwunder als Podcast. In 27 Episoden wird darin das Leben John Crankos dargestellt, wofür der Autor die persönlichen Erinnerungen Dutzender von Zeitzeugen auswertete, darunter die der Haupttänzer John Crankos.
Literatur
- Hellmuth Karasek: Karambolagen. Begegnungen mit Zeitgenossen. Ullstein, Berlin 2004, ISBN 3-548-36494-2, S. 73.
- Hannes Kilian, Klaus Geitel: John Cranko. Ballett für die Welt. Thorbecke, Sigmaringen 1977, ISBN 3-7995-2005-8.
- John Percival: John Cranko. Biographie. Aus dem Englischen übersetzt von Marion Zerbst. Belser, Stuttgart/Zürich 1985, ISBN 3-7630-9036-3.
- Susanne Wiedmann: Georgette Tsinguirides. Ein Leben für John Cranko und das Stuttgarter Ballett. Klöpfer & Meyer, Tübingen 2015, ISBN 978-3-86351-407-5.
- Thomas Aders: SeelenTanz. John Cranko und das Wunder des Balletts. Books on Demand, Norderstedt 2020, ISBN 978-3-7504-3165-2
Weblinks
- Literatur von und über John Cranko im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Max Knieriemen: Legendärer Leiter des Stuttgarter Balletts. 50. Todestag von John Cranko: „Er gab mir durch sein Vertrauen das Gefühl, alles zu können“. In: SWR2. 26. Juni 2023, abgerufen am 4. Juli 2023.
- ↑ Website zum Podcast „SEELENTANZ – John Cranko und das Stuttgarter Ballettwunder“. Abgerufen am 27. Mai 2020