David Reuveni (auch Reubeni, hebräisch: דוד הראובני; geboren um 1485 möglicherweise in Chaibar; gestorben um 1538 wahrscheinlich in Llerena) war ein jüdischer Messiasprätendent.

Leben

Über Reuvenis Herkunft ist wenig bekannt. Außer seinen eigenen Aufzeichnungen existieren wenig Informationen über ihn. Er war dunkelhäutig, von kleiner Gestalt, oft orientalisch gekleidet und behauptete, ein Abgesandter seines Bruders Joseph zu sein, der im Oasengebiet Chaibar in Arabien als König über die verlorenen biblischen Stämme Ruben, Gad und Manasse herrsche; daher sein Beiname Reuveni (Reubeni, aus dem Stamme Ruben). In seinem in großen Teilen erhaltenen Tagebuch berichtet er, dass er einige Jahre in Alexandrien und Jerusalem verbracht habe. 1523 tauchte er, offenbar vom Oberlauf des Nils kommend, in Kairo auf und wandte sich an den Vorsteher der dortigen jüdischen Gemeinde, Abraham de Castro. Von dort reiste er über Gaza nach Hebron, wo er die Gräber der Patriarchen Israels aufsuchte. In Jerusalem verweilte er einige Wochen auf dem Tempelberg und soll aus der Westmauer des Tempels einen Stein entfernt haben, den König Jerobeam dort angebracht haben soll. Er reiste weiter nach Alexandrien. Die Juden der Levante verständigten inzwischen brieflich ihre Glaubensbrüder in Italien über Reuveni. Im Herbst 1523 tauchte Reuveni in Venedig auf. Dort fand er die Unterstützung des jüdischen Malers Moses da Castellazzo. Im Februar 1524 erreichte er mit Hilfe der venezianischen Juden Rom, wo er wie ein König auf einem Schimmel einritt und verkündete, eine wichtige Botschaft für den Papst überbringen zu müssen.

Tatsächlich gewährte ihm Papst Clemens VII. eine Audienz. Nachdem osmanische Heere Belgrad und Malta besetzt hatten, sah sich die römische Kirche in Bedrängnis, und so nahm der Papst das Angebot Reuvenis an, ein christlich-jüdisches Bündnis gegen die Muslime zu schmieden und Reuvenis Bruder, König Joseph und dessen Truppen zu unterstützen. Mit einem päpstlichen Empfehlungsschreiben ging Reuveni 1525 an den Hof des Königs von Portugal. Darin bat Clemens König Johann III. um Waffen und Schiffe für die jüdischen Krieger, die das Heilige Land befreien wollten. Reuveni verbrachte insgesamt zwei Jahre am portugiesischen Hof.

Diogo Pires, der Schreiber des Königs, ein Marrane, fühlte sich vom Judentum Reuvenis angezogen und suchte dessen Nähe. Als Pires andeutete, zum Judentum konvertieren zu wollen, sah Reuveni seine politische Mission in Gefahr, da die Konversion zum Judentum ebenso wie die Förderung derselben unter Androhung der Todesstrafe verboten waren. Daraufhin beschnitt sich Pires selbst, um zu zeigen, was ihm seine Religion bedeutete. Er gab sich den jüdischen Namen Salomon Molcho. Reuveni empfahl ihm, nach Jerusalem zu fliehen, da er dort sicher sei. Da der König um Reuvenis Verbindung zu Pires wusste, musste auch Reuveni Portugal verlassen. Auf seiner Flucht geriet er in der Provence in Gefangenschaft, doch kauften ihn die dort einheimischen Juden frei.

Im Jahr 1530 erschien er erneut in Venedig. Auch hier wurde er von vielen Juden als Messias empfangen, von anderen hingegen als Betrüger abgelehnt. Federico II. Gonzaga, Herzog von Mantua, leitete die Zeugnisse, wonach Reuveni der Ketzer schuldig sei, an Papst Clemens VII. und Kaiser Karl V. weiter. Als Reuveni 1532 in Venedig Molcho wiederbegegnete, beschlossen sie, gemeinsam zum Reichstag nach Regensburg zu reisen, um eine Audienz beim Kaiser zu erbitten. Doch Karl V. empfing sie nicht, ließ sie verhaften und nahm sie auf seinem Weg nach Italien nach Mantua mit, wo Molcho als rückfälligem Marranen der Ketzerprozess gemacht wurde. Da nur die Konversion, nicht aber die Zugehörigkeit zum Judentum verfolgt wurde, überlebte Reuveni, blieb aber zunächst in Haft. Später wurde er nach Spanien geschickt, wo er um 1538 starb.

Literarisches Nachleben

Die Geschichte David Reuvenis und Salomon Molchos wurde mehrmals literarisch verarbeitet, so in einer zwischen 1913 und 1927 entstandenen hebräischsprachigen Romantrilogie von Aharon Avraham Kabak und in Marek Halters Roman Der Messias (französisch 1996, deutsche Übersetzung 1999). In deutscher Sprache hatte sich bereits 1925 Max Brods Reubeni, Fürst der Juden des Themas angenommen (später auch zum Theaterstück umgearbeitet).

Literatur

  • Moti Benmelech: History, Politics, and Messianism: David Ha-Reuveni's Origin and Mission. In: AJS Review. 35 (2011), S. 35–60.
  • Ernst Schulin: Die spanischen und portugiesischen Juden im 15. und 16. Jahrhundert. Eine Minderheit zwischen Integrationszwang und Verdrängung. In: Bernd Martin, Ernst Schulin (Hrsg.): Die Juden als Minderheit in der Geschichte. 4. Auflage, dtv, München 1989, ISBN 3-423-01745-7.
  • Reinhold Mayer, Inken Rühle: Die Messiasse. Geschichte der Messiasse Israels in drei Jahrtausenden . Bilam, Tübingen 2002, ISBN 3-933373-05-0 (Erste Auflage unter dem Titel: War Jesus der Messias? Geschichte der Messiasse Israels in drei Jahrtausenden.)
  • Marek Halter: Der Messias. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-22897-1 (Eine romanhafte Biographie, die dem Artikel in vielen Punkten widerspricht).
  • Heinrich Graetz: Geschichte der Juden. 9. Band, S. 238, 250, 255, 533–548.
  • Max Brod: Rëubeni, Fürst der Juden. S. Fischer, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-10-008304-0 (Literarische Aufarbeitung der Geschichte David Re'uvenis).
  • Haïm Harboun: Les Voyageurs juifs du XIVe siècle, David Reübeni. Editions Massoreth, Aix-en-Provence 1989 (Enthält eine Transcription des Tagebuchs David Re'uvenis).
  • Julius Voos: David Reubeni und Salomo Molcho: ein Beitrag zur Geschichte der messianischen Bewegung im Judentum in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Bonn 1933, OCLC 923839028 (Inaugural-Dissertation Rheinische Friedrich-Wilhelsuniversität 1933, 69 Seiten).

Einzelnachweise

  1. Encyclopaedia Judaica, Band XVII (Ra-Sam), Thomson Gale, 2. Aufl., Detroit, 2007, ISBN 978-0-02-865945-9, S. 251
  2. Curt Leviant: Masterpieces of Hebew Literature - Selections from 2000 Years of Jewish, The Jewish Publication Society, 2008, ISBN 978-0-8276-0880-1, S. 503
  3. Kurt Schubert: Jüdische Geschichte, C. H. Beck, 7. Aufl., 2012, ISBN 978-3-406-44918-5, S. 77 und 78
  4. Gaëlle Vassogne: Max Brod in Prag - Identität und Vermittlung, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 2009, ISBN 978-3-484-65175-3, S. 84
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