Státní opera Praha (deutsch Staatsoper Prag) ist ein Opernhaus in der tschechischen Hauptstadt Prag. Die Bühne wurde als Neues Deutsches Theater (1888–1938) gegründet und hieß in der Folge Divadlo 5. května (Theater des 5. Mai, 1945–1948) sowie Smetanovo divadlo (Smetana-Theater, 1949–1992).
Geschichte
Die Eröffnung des tschechischen Nationaltheaters im Jahr 1883 weckte bei der deutschsprachigen Prager Bevölkerung den Wunsch nach einer eigenen Opernbühne. Zu diesem Zweck wurde noch in diesem Jahr der Deutsche Theaterverein gegründet und man begann mit der Sammlung von finanziellen Mitteln. 1886 wurde der Plan gebilligt, ein Grundstück von Leopoldine Grustner von Grussdorf (Landgut Smetanka) erworben, auf dessen Grund bereits das Neustädter Theater stand, erbaut nach Plänen von Josef Niklas von Stöger. Mit der Planung des Deutschen Theaters wurde das Wiener Architekten-Büro Fellner & Helmer beauftragt.
Das Neue Deutsche Theater wurde 1886 bis 1887 im Stil der Neurenaissance fertiggestellt. Das Gebäude fiel durch seine geräumige Bühne und Neurokoko-Innenarchitektur auf. Die Statuen steuerten die Bildhauer Otto Mentzel (1838–1901; Direktor der Prager Fachschule für Goldschmiedekunst) und Theodor Friedl bei. Über der Loggia befanden sich die Büsten Goethes, Schillers und Mozarts. Die Gemälde stammten von Eduard Veith.
Zur Premiere am 5. Januar 1888 wurden Richard Wagners Meistersinger von Nürnberg gespielt. Erstmals in Böhmen wurde hier auch Wagners Ring des Nibelungen aufgeführt. Finanziert wurde der laufende Betrieb des Theaters fast vollständig aus privaten Spenden deutscher Industrieller. Das Publikum entstammte fast ausschließlich dem deutschsprachigen Bevölkerungsteil Prags. Trotz dessen sinkenden Bevölkerungsanteils war der Kartenverkauf bemerkenswert hoch.
Erster Direktor des Neuen Deutschen Theaters wurde Angelo Neumann. Neumann konnte für die Bühne viele bedeutende Künstler gewinnen, darunter Dirigenten wie Carl Muck, Franz Schalk, Anton Seidl, Leo Blech und Gustav Mahler, Solisten wie die Altistin Valesca Nigrini, der Tenor Adolf Wallnöfer, die Schauspielerin Eleonora Duse und andere, durch die das Opernhaus ein hohes künstlerisches Niveau erlangte.
Nach Neumanns Tod übernahm sein Protegé Heinrich Teweles die Direktion. Kurz darauf trat Alexander von Zemlinsky, Komponist und Dirigent, den Posten als Erster Kapellmeister und Musikdirektor an. Seine Anstellung dauerte von 1911 bis 1927, wobei er auch Teweles' Nachfolger Leopold Kramer erlebte. Er inszenierte Werke von Mozart, Ernst Krenek, Paul Hindemith, Erich Wolfgang Korngold, Franz Schreker sowie seine eigenen Werke. Zemlinsky leitete die Uraufführung von Schönbergs Erwartung am 6. Juni 1924. Auch ihm gelang es, große Künstler nach Prag zu holen, darunter Maria Hussa, Paul Pella, Friedrich Schorr, Leo Slezak, Richard Tauber, Lotte Lehmann und andere.
Sein Nachfolger als Opernchef war der Kölner Hans Wilhelm Steinberg, der später an der New Yorker Metropolitan Opera und bei den großen Orchestern in Pittsburgh und Boston wirkte.
Ihm folgte der aus Budapest stammende George Szell, der sich auf Werke zeitgenössischer Autoren konzentrierte. Das Theater spielte ein breites Repertoire. Dazu gehörten Werke der Prager deutschen Komponisten Fidelio F. Finke, Theodor Veidl, Hans Krása, interpretiert unter anderen von Solisten wie Rose Pauly, Risë Stevens oder Hans Hotter.
Von den außerordentlichen Künstlern, die hier auftraten sind noch zu nennen: Felix Mottl, Arthur Nikisch und Felix Weingartner, Solisten Anna Bahr-Mildenburg, Bertha Foerster-Lauterer, Maria Jeritza, Nellie Melba, Karel Burian, Enrico Caruso, Beniamino Gigli, Jan Kiepura, Richard Kubla und Tino Pattiera.
Am 25. September 1938 kündigte der Theaterverein die Verträge und verkaufte das Theatergebäude an den tschechoslowakischen Staat. Am 15. März 1939 marschierte die deutsche Wehrmacht in Prag ein und am 16. März proklamierte Adolf Hitler in Prag das Protektorat Böhmen und Mähren. Das „deutsche“ Theater spielte nun unter ganz anderen Bedingungen. Während des Zweiten Weltkrieges erfolgten im Deutschen Opernhaus Prag nur einige Gastspiele.
Im Theatergebäude, das nach dem Krieg zur Erinnerung an den Prager Aufstand vom 5. Mai 1945 Divadlo 5. května (Theater des 5. Mai), kurz D5K, genannt wurde, spielte 1945 ein Schauspielensemble. 1946 bis 1947 kehrte die Oper zurück. Unter neuen Namen Große Oper des 5. Mai wird dieses Ensemble, das schnell international bekannt wurde und eine Konkurrenz hätte darstellen können, 1948 an das Nationaltheater als dessen dritte Bühne angegliedert. 1949 wurde das Opernhaus in Smetana-Theater umbenannt. Die Umbenennung in Staatsoper Prag erfolgte 1992 und war Ergebnis von Bemühungen, das Theater wieder selbständig zu machen; die Staatsoper Prag galt fortan als ein selbständiges juristisches Subjekt. Direktor wurde Karel Drgáč. Unter seiner Leitung inszenierte 1991 Peter Lauscher die Operette Die Fledermaus in deutscher Sprache, mit Marcela Cerno als Adele, Herwig Pecoraro als Alfred, Klaus Ofczarek als Frank und Felix Dvorak als Frosch. Seit diesem Jahr versucht man an die Tradition des deutschen Theaters anzuknüpfen.
Zusammenlegung mit dem Národní Divadlo
Seit dem 1. Januar 2012 wurden die Ballett-Truppen, die Ensembles und die technischen Apparate der beiden Opernhäuser in Prag aus finanziellen Gründen zusammengelegt, der Státní opera verbleiben ein eigener Chor und ein eigenes Orchester. Die Oper wurde 2017 wegen Generalsanierung geschlossen. Die Wiedereröffnung erfolgte am 5. Januar 2020, genau 132 Jahre nach der ursprünglichen Eröffnung. Die Generalsanierung kostete umgerechnet knapp 51 Millionen Euro. Als Höhepunkt gilt der neue Bühnenvorhang, eine Nachbildung des in den Kriegswirren verlorenen Originalwerks des österreichischen Malers Eduard Veith.
Literatur
- Oscar Teuber: Geschichte des Prager Theaters Von den Anfängen des Schauspielwesens bis auf die neueste Zeit. Band 3 (1888). K. K. Hofbuchdruckerei A. Haase
- Fünfzig Jahre Neues Deutsches Theater in Prag: Beiträge zum Jubiläum 1888 - 1938. redigiert von Renato Mordo, Karl Schulderpacher. Verlag der Blätter des Deutschen Theaters Prag, 1938 (103 S.)
- Tomáš Vrbka: Státní opera Praha. Historie divadla v obrazech a datech / Die Staatsoper Prag – die Theatergeschichte in Bildern und Daten. Opera 1888–2003. Slovart, Prag 2004, ISBN 80-239-2831-7. (Online, PDF) (Memento vom 5. Februar 2012 im Internet Archive)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ The State Opera, History
- ↑ Michael Heitmann: Knotenpunkt von Geschichte - Staatsoper in Prag wird nach drei Jahren wiedereröffnet. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Dresdner Nachrichten GmbH & Co. KG, Dresden 4. Januar 2020, S. 11.
Koordinaten: 50° 4′ 50″ N, 14° 25′ 58″ O