Werkdaten
Titel: Die spanische Stunde
Originaltitel: L’heure espagnole
Form: Musikalische Komödie
Originalsprache: Französisch
Musik: Maurice Ravel
Libretto: Franc-Nohain
Uraufführung: 19. Mai 1911
Ort der Uraufführung: Opéra-Comique, Paris
Spieldauer: ca. 50 Minuten
Ort und Zeit der Handlung: Toledo im 18. Jahrhundert
Personen
  • Concepción, Ehefrau des Uhrmachermeisters Torquemada (Sopran)
  • Torquemada, Uhrmachermeister (Tenor)
  • Ramiro, ein Maultiertreiber (Bariton)
  • Gonzalvo, ein Schöngeist und Liebhaber von Concepción (Tenor)
  • Don Inigo Gomez, Bankier und weiterer Liebhaber von Concepción (Bass)

Die spanische Stunde (französischer Originaltitel: L’heure espagnole) ist eine Oper in einem Akt von Maurice Ravel. Das Libretto schrieb Franc-Nohain. Die Künstler selbst nannten ihr Werk eine „Musikalische Komödie“, die Uraufführung fand am 19. Mai 1911 in der Opéra-Comique in Paris statt.

Handlung

Das Werk spielt in einem Uhrmacherladen in Toledo, im 18. Jahrhundert.

Torquemada betreibt ein gut florierendes Uhrmachergeschäft. Die Stadtverwaltung hat ihn beauftragt, jede Woche an einem bestimmten Tag im Rathaus sämtliche Uhren zu warten und aufzuziehen. Torquemada benötigt dafür immer eine Stunde, welche seine Ehefrau Concepción nützt, um sich abwechselnd mit ihren beiden Liebhabern Gonzalvo, einem Schöngeist, und Gomez, einem Bankier, im Uhrmacherladen zu einem Schäferstündchen zu treffen.

Torquemada ist gerade dabei, sich zu seinem wöchentlichen Dienst ins Rathaus aufzumachen, als ein Kunde den Laden betritt. Es ist der Maultiertreiber Ramiro. Torquemada erklärt ihm, dass er gerade keine Zeit hat und bittet ihn im Laden zu warten, bis er wieder zurück ist.

Concepción passt dies natürlich überhaupt nicht, schließlich wartet sie sehnlichst auf ihren Liebhaber Gonzalvo. Kaum hat ihr Gatte das Haus verlassen, betritt jener auch schon den Laden und Concepción versucht, Ramiro loszuwerden. Nachdem dieser keine Anstalten macht, den Laden zu verlassen, hegt sie einen anderen Plan: Sie bittet ihn um einen Gefallen: ein paar der großen Standuhren im Laden müssten in die Wohnung im ersten Stock gebracht werden. Zu ihrer Freude erklärt sich Ramiro bereit, diese schwere Aufgabe zu übernehmen. Als er die erste Standuhr nach oben trägt, taucht plötzlich ihr zweiter Verehrer, der Bankier Don Inigo Gomez, auf. Nun ist guter Rat teuer, schließlich sollen die beiden Liebhaber hier nicht zusammentreffen. Schnell befiehlt sie Gomez, sich in einer der Standuhren zu verstecken. Ramiro ruft sie zu, er habe die falsche Uhr nach oben getragen, er solle sie wieder nach unten bringen. So ist Ramiro mit der schweren Aufgabe beschäftigt, ständig eine Standuhr, in der sich jeweils einer der Liebhaber befindet, die Treppen hoch oder runter zu tragen.

Concepción kann es nicht fassen, dass Ramiro seine Arbeit so mühelos zu erledigen scheint. Was für ein Mann! Gegen ihn sind Gonzalvo und Gomez doch nur Schlappschwänze. Also beginnt sie, ganz heftig mit Ramiro zu flirten. Die Standuhren mit den eingeschlossenen Liebhabern lässt sie wieder in den Laden stellen, fasst Ramiro an der Hand und zieht ihn in ihr Schlafzimmer.

Plötzlich kehrt der Hausherr zurück und entdeckt die beiden Männer in den Standuhren. Diese sind nicht auf den Kopf gefallen. Von Torquemada befragt, was dieses Theater zu bedeuten habe, erklären beide, sie seien Kunden und hätten die Objekte ihrer Begierden ganz genau inspizieren wollen, bevor sie dafür gutes Geld auf den Ladentisch blättern. Auch gegenüber seiner Frau und Ramiro hegt Torquemada keinen Argwohn. Das Finale der Oper erlaubt schließlich allen Fünfen, zum ersten und letzten Mal in dem Werk gemeinsam zu singen.

Musik

Ravels große Vorliebe für spanisches Kolorit in der Musik – von ihm stammen beispielsweise der berühmte Boléro und die Rhapsodie espagnole – zeigt sich auch in dieser Oper. Das Quintett des Finales zum Beispiel ist eine feurige Habanera. Im kurzen Vorspiel dominiert das „Tick-Tack“ der Uhrwerke und aus den unterschiedlichen Glockenschlägen und „Kuckucksrufen“ zur gerade angebrochenen vollen Stunde entwickelt sich die Komposition und führt zum Ort der Handlung. Das Publikum lehnte das Werk bei der Uraufführung ab. Die Musikkritik sprach von „musikalischer Pornografie“.

Literatur

  • Siglind Bruhn: Ravels Lieder und Opern. (Ravel-Trilogie II), Waldkirch: Edition Gorz 2017, ISBN 978-3-938095-23-2. Online.
  • Christian Goubault: Maurice Ravel: le jardin féerique. Paris: Minerve, 2004. ISBN 978-2-86931-109-1.
  • Volker Helbing: Choreographie und Distanz. Studien zur Ravel-Analyse. Hildesheim: Olms 2008. ISBN 978-3-487-13871-8.
  • Emily Kilpatrick: The Operas of Maurice Ravel. Cambridge: Cambridge University Press, 2015. ISBN 978-1-107-54290-7.
  • Deborah Mawer, Hrsg.: The Cambridge Companion to Ravel. Cambridge: Cambridge University Press, 2000. ISBN 978-0-521-64026-8.
  • Roger Nichols, Maurice Ravel im Spiegel seiner Zeit, portraitiert von Zeitgenossen. Zürich: M & T Verlag, 1990. ISBN 978-3-7265-6020-1.
  • Arbie Orenstein, Maurice Ravel: Leben und Werk (dtsch. Dietrich Klose). Stuttgart: Reclam, 1978. ISBN 978-3-15-010277-0.
  • Cornelia Petersen: Die Lieder von Maurice Ravel. Frankfurt: Peter Lang, 1995. ISBN 978-3-631-48055-7.
  • Mathias Schillmöller: Maurice Ravels Schlüsselwerk L’Enfant et les sortilèges: eine ästhetisch-analytische Studie. Frankfurt: Lang, 1999. ISBN 978-3-631-34593-1.
  • Michael Stegemann: Maurice Ravel. Reinbek: Rowohlt, 1996. ISBN 978-3-499-50538-6.
  • Hans Heinz Stuckenschmidt: Maurice Ravel: Variationen über Person und Werk. Frankfurt: Suhrkamp, 1976. ISBN 978-3-518-06853-3.
  • Ulrich Tadday, Hrsg.: Maurice Ravel (Musik-Konzepte 154), München: edition text + kritik, 2011. ISBN 978-3-86916-156-3.
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