Der Eingang des Nassachtals liegt im Filstal zwischen den Städten Ebersbach an der Fils und Uhingen.

Im Tal befindet sich einer der letzten Kohlenmeiler Deutschlands und der wohl einzige Privatfriedhof Baden-Württembergs.

Geografische Lage

Das Tal, dessen Namensgeber die Nassach ist, ist an seiner breitesten Stelle nur wenige hundert Meter weit, aber fast 10 Kilometer lang. Die Nassachtalstraße, die das Filstal mit dem Remstal verbindet, führt durch das ganze Tal an dem auf einer Anhöhe liegenden Ort Diegelsberg und durch das am Taleingang gelegene Nassachmühle vorbei. In der Mitte befindet sich der Ort Nassach/Unterhütt. Der offene Talzug setzt sich dann aufwärts entlang des rechten Oberlaufs Lochbach fort bis nach dem von unten gezählt vierten Teilort Baiereck an dessen Ufern.

Diese vier Orte bilden kommunalrechtlich seit 1996 zusammen den Ort Nassachtal/Diegelsberg, der zur Stadt Uhingen im Landkreis Göppingen gehört. Die Teilorte haben zusammen ca. 1.700 Einwohner, ihre Gemarkungen umfassen vor allem Wälder und Landwirtschaftsflächen. Die vier Ortschaften werden von der Nassachtalstraße L 1152 erschlossen, die über die Auffahrt Nassachtal an der Bundesstraße 10 im Filstal mit dem Stuttgarter Raum verbunden sind.

Ortsteile

Diegelsberg

Der Teilort Diegelsberg mit seinen 520 Einwohnern liegt auf der westlichen Anhöhe am Eingang des Tals. Nach alemannischer Gründung kam er im 14. Jahrhundert in württembergischen Besitz. Während dieser Zeit wurde auch der Burgstall erbaut, von dem auch heute noch nördlich des Dorfes Überreste zu sehen sind. Von der vollständigen Zerstörung des Dorfes während des Dreißigjährigen Kriegs erholte sich Diegelsberg nur langsam. Im Jahr 1844 wurde erstmals die Kirschgeistfabrikation erwähnt; in Anlehnung an diese Tradition nennt man den Diegelsberg auch heute noch „Schnapsbuckel“ oder auch „Schwarzbrennerbuckel“.

Nassachmühle

Das am Eingang des Tals zu Füßen von Diegelsberg liegende Dorf bekam seinen Namen durch die Mahlmühle, die von den Herren des Diegelsberger Burgstalls errichtet wurde. Wegen Unwirtschaftlichkeit wurde sie im 19. Jahrhundert in eine Papierfabrik und anschließend in ein Kurheim umgewandelt. Seit den siebziger Jahren wird sie als Wohnhaus genutzt. Nach der Eingemeindung in den 1930er Jahren gehört Nassachmühle zur Stadt Uhingen. Der Ortsteil Nassachmühle selber hat ca. 330 Einwohner (Stand Ende 2008).

Nassach/Unterhütt

Die Nassach, die das Tal durchfließt, teilt Nassach/Unterhütt in zwei Orte. Links der Nassach liegt der Ort Nassach, rechts liegt Unterhütt. Der Teilort Unterhütt gehörte in seiner Geschichte schon immer zu Baiereck, das vier Kilometer entfernt liegt, während die Entfernung zu Nassach nur etwa 10 Meter beträgt.

Nassach, das erstmals 1245 urkundlich erwähnt wurde, wurde während der Herrschaft des Kaisers Barbarossa gegründet. Die geschichtliche Blüte Nassachs und Unterhütts lag um 1500. Während dieser Zeit saß in Nassach einer der drei Glasbläsereien im Tal zwischen 1450 und 1550. Danach folgte bald der Dreißigjährige Krieg, an dessen Ende Nassach fast komplett zerstört war; es lebten dort nur noch zwei Einwohner. Bis ins 20. Jahrhundert war die Köhlerei fast die einzige Erwerbsquelle der Bevölkerung. Durch die Industrialisierung des Filstals kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Heute leben in Nassach/Unterhütt etwa 240 Einwohner. Die Tradition der Köhlerei hat in Nassach lange überlebt. Im Ortsteil Unterhütt gab es mit Eugen Jung einen der letzten gewerblichen Köhler Deutschlands. Zu den weiteren Besonderheiten des Ortes zählt ein Holzhaus des Künstlers Kurt Gminder, das in jahrelanger Kleinstarbeit nur aus Holz und Glas errichtet wurde, sowie der einzige Privatfriedhof Baden-Württembergs.

Baiereck

Baiereck am Lochbach, dem westlichen Quellbach der Nassach, liegt am oberen Ende der Talaue. Seinen Namen hat es nicht, wie fälschlicherweise oft vermutet wird, von einem „baierischen“ Ursprung der Einwohner, sondern vom schwäbischen Wort Boier für Wildschwein. Der Ort liegt ca. 450–475 m über dem Meeresspiegel.

Baiereck, das um 1470 Sitz der dritten Glasbläserei des Nassachtals war, wurde erstmals um 1553 urkundlich erwähnt. Gegründet dürfte es allerdings spätestens am Ende des 14. Jahrhunderts worden sein. Neben der Glasbläserei waren vor allem die Holzfällerei und die Sandbrüche über Jahrhunderte Erwerbsquellen der Bevölkerung. Durch die Industrialisierung des Rems- und Filstals und den Bau einer Straße durch das Tal im 19. Jahrhundert konnte sich Baiereck aus der Armut befreien. Am 1. September 1971 wurde der Ort nach Uhingen eingemeindet.

Geschichte

Landschaftsgeschichte

Das Nassachtal entstand, indem die Nassach den im Schurwald häufig vorkommenden, zuoberst liegenden und resistenteren Schwarzjura durchschnitt und darunter das ältere und weichere Keupergestein leichter erodieren konnte. So entstand im Laufe der Zeit ein schmaler, ungefähr südöstlich laufender Talzug mit steil abfallenden Talrändern.

Die Siedlungsgeschichte

Zur Zeit Friedrich I. Barbarossas (1150–1190) wurde Nassach gegründet. Die erste urkundliche Erwähnung datiert sich auf das Jahr 1245. Der Ort wechselt in den Besitz des Klosters Adelberg, Baiereck (Gründung im 14. Jahrhundert) und Unterhütt gehörten zum Grafentum Schorndorf. 1450 siedelte sich die Glasbläser-Familie Greiner an. Nach 100-jähriger Blütezeit des Tales verlassen die Glasbläser das Tal in Richtung Thüringen. Im 30-jährigen Krieg wurde das gesamte Nassachtal Opfer von Plünderungen und Seuchen; nach Ende des Krieges sind 75 % aller Wohnstätten vernichtet und 90 % der Bevölkerung gestorben. Das Nassachtal galt 200 Jahre, von 1650 bis 1850, als eine der ärmsten Gegenden in Württemberg. Wegen der Enge des Tals und den übrigen natürlichen Bedingungen warf die Landwirtschaft nur karge Erträge ab. Die Einwohner des Tales gingen meist der Tagelöhnerei, der Köhlerei und dem Holzfällen nach. Die Armut sollte durch Steuerbefreiungen verringert werden, dies gelang nur in geringem Maße. Im 19. Jahrhundert wurde der Bau einer Straße durch das Tal beschlossen, um die Armut zu beseitigen. Durch Auswanderung aufgrund von Hungersnöten und Armut verringerte sich die Bevölkerung im Tal, in Baiereck z. B. von 372 auf 198 Einwohner. Viele der Abwanderer gingen nach Nordamerika oder zogen in die nahen Städte, in denen durch die Industrialisierung neue Arbeitsplätze entstanden waren.

Die Bewohner der Nassachtals fanden bei Industriefabriken in Uhingen und Ebersbach Arbeit. Die Arbeitszeit betrug 12 Stunden pro Tag, 6 Tage in der Woche. Hinzu kam die „Anfahrtszeit“ von mehr als einer Stunde. Die Bevölkerungszahl des Ortes sank zum Anfang des 20. Jahrhunderts weiter, da die Menschen nun in der Nähe ihres Arbeitsplatzes wohnen wollten. Die Talorte wurden 194 an das elektrische Stromnetz angeschlossen (Anfang 20. Jahrhundert). Weiterhin schrumpfte die Bevölkerung durch Umsiedlung zu den Arbeitsorten. Aufgrund der Aufnahme von Vertriebenen (z. B. Sudetendeutsche) nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Bevölkerungszahl um 50 %. In den 60er Jahren ging durch die Abwanderung der Bevölkerung in die Städte erneut die Bevölkerungszahl zurück. Die Bevölkerungszahl nahm in den 70er Jahren wieder zu, da die ländlichen Gegenden durch verbesserte Infrastruktur an Reiz gewannen. Infolge der Sanierung der Ortskerne in den 90er Jahren und dank ihrer idyllischen Lage gelten alle vier Teilorte als attraktive Wohngebiete. Durch die Nassachtalbrücke und die zugehörige Auffahrt zur Bundesstraße 10 ist die Verbindung nach Stuttgart und Ulm sehr gut. Die vier Teilorte wurden kommunalrechtlich zu einer gemeinsamen Ortschaft mit dem amtlichen Namen „Nassachtal-Diegelsberg“ verschmolzen. Diese hat einen Ortschaftsrat mit zehn Mitgliedern. Der amtierende Ortsvorsteher ist seit 1994 Achim Klump. Die Einwohnerzahl liegt bei etwa bei 1550 Einwohnern. Bei den Wahlen 2014 zum Ortschaftsrat wurde Eberhard Hottenroth zum neuen Ortsvorsteher gewählt. Dank dreier Neubaugebiete (Schönblick in Baiereck, Waldrain in Nassachmühle, Riebäcker in Diegelsberg) stieg die Einwohnerzahl auf etwa 1700.

Handwerkstradition

Glasbläser

1450 siedelten sich Glasbläser im Tal an. Das Tal bot für die Glasbläserei hervorragende Bedingungen: Es gab ausreichend Holz als Energiequelle, Pottasche und den im Keupergebiet vorkommenden Quarzsand für die Glasrezeptur. Als erster Glasbläser zog Christian Greiner mit seiner Familie in das Tal, die andere von nur zwei damals in Württemberg tätigen Glasbläserfamilien neben der Familie Wezel.

Die Glasmacher, gestützt von steuerlichen Vorrechten und Kriegsdienstbefreiung, bauten bis um 1480 drei Glashütten auf. Die genauen Standorte der ersten Hütten sind unbekannt, aber durch Grabungen fand man eine Glashütte in Nassach, eine andere in den Salzwiesen zwischen Nassach und Baiereck. Alle wurden von der Familie Christian Greiners betrieben. Für mittelalterliche und frühneuzeitliche Glashütten war charakteristisch, dass man sie verlegte, sobald das Holz für den Betrieb in der Umgebung verbraucht war. Während das Geheimnis der richtigen Glasmischung allein den Hüttenmeistern vorbehalten war, wurden die Dorfbewohner als Zuarbeiter (Holzfäller, Aschesammler und Sandklopfer) eingesetzt. Das brachte für diese auch eine leichte wirtschaftliche Verbesserung mit sich.

Trotz des bescheidenen Wohlstandes, den die Glasbläser mitbrachten, kam es zu zahlreichen, gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Ortsbevölkerung. Nach dem Tod von Christian Greiner gaben seine Söhne die Glasbläsereien im Nassachtal aufgrund des Holzrückgangs und der geringen Erträge der Hütten auf; sie zogen mit ihren Familien in den Welzheimer Wald und nach Thüringen. Für die Bewohner fiel eine wichtige Erwerbsquelle weg und es blieben die kargen Erträge aus der Landwirtschaft, der Köhlerei und der Holzfällerei.

Köhler

Urkundlich wurde die erste Köhlerei im Nassachtal um 1583 erwähnt. Infolge der Holzknappheit um 1770 ging die Zahl der Köhlereien zurück. Als durch die Industrialisierung Holzkohle knapp wurde, stieg ihre Zahl sprunghaft an. Abnehmer waren die Eisengießereien in Ludwigsburg, Cannstatt, Göppingen und später die WMF in Geislingen an der Steige. Um 1880 brannten in Nassach/Unterhütt 27 Meiler. Grund für den Rückgang seit der Mitte des 20. Jahrhunderts war vor allem, dass die Steinkohle die Holzkohle verdrängte. Der letzte aktive Meiler im Nassachtal wurde von Eugen Jung in Unterhütt betrieben.

Heute wird dieses Handwerk noch sporadisch im Ortsteil Baiereck gepflegt. Einmal jährlich schichtet die Familie Hees aus Tradition ihre Meiler auf und zeigt dem interessierten Zuschauer bei den Köhlerprojekttagen, wie es bei diesem alten Handwerk zuging.

Auf dem gleichen Kohlenmeilerplatz im Herrenbachtal brennt die Freiwillige Feuerwehr Baiereck seit mehr als zwei Jahrzehnten in unregelmäßigen Abständen ihre Holzkohle für den Eigenverbrauch. Alte Feuerwehrkameraden haben diese alte Handwerkskultur an die nächste Generation weitergeben, damit sie nicht erlischt. Mit der gewonnenen Holzkohle werden beim jährlich stattfindenden „Käs- und Rettichhock“ am Grill die „Feuerwehrsteaks“ und „Rote“ gebraten.

Die richtige Verkohlung ist ein sehr aufwendiger Arbeitsprozess. Das Holz – am besten eignet sich Buche – muss gefällt, gespalten und dann mindestens zwei Jahre lang getrocknet werden. Nach dem Aufschichten des Meilers wird dieser angezündet und mit dem sogenannten „Gmühl“ abgedichtet, damit nie zu viel Luft zutreten kann, wodurch das Holz in offenem Feuer zu Asche verbrennen würde. Über 5–6 Tage muss deswegen alle vier Stunden der Meiler auf ausreichende Abdeckung kontrolliert werden. Ist das Holz danach verkohlt, wird der Meiler geöffnet und „ausgenommen“.

Früher standen die Meiler, um sie leichter im Auge behalten zu können, in den Dörfern selbst. Später verbannte man sie wegen der starken Rauchentwicklung bei der Köhlerei aus den Ortschaften und schichtete die Meiler außerhalb in den Seitentälern der Nassach auf.

Literaturhinweise

  • W. Ziegler: Der Glas- und Hüttenmeister Hans Greiner aus Nassach – Stammvater der Thüringer Greiner. In: Jahrbuch des Landkreises Sonneberg. 9, 2004, S. 96–102
  • W. Lang: Spätmittelalterliche Glasproduktion im Nassachtal, Uhingen, Kreis Göppingen. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg.59. Stuttgart 2001. ISBN 3-8062-1569-3

Einzelnachweise

  1. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 449.

Koordinaten: 48° 43′ 32,9″ N,  33′ 37,8″ O

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