Strukturformel
(+)-Taxifolin
Allgemeines
Name Taxifolin
Andere Namen
  • (2R,3R)-(+)-Taxifolin
  • (2R,3R)-Dihydroquercetin (DHQ)
  • 3,3′,4′,5,7-Pentahydroxyflavanon
  • 3,3′,4′,5,7-Pentahydroxy-2,3-dihydroflavon
  • (2R,3R)-2-(3,4-Dihydroxyphenyl)-2,3-dihydro-3,5,7-trihydroxy-4H-1-benzopyran-4-on
  • DIHYDROQUERCETIN (INCI)
Summenformel C15H12O7
Kurzbeschreibung

hellgelber Feststoff

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 480-18-2
EG-Nummer 207-543-4
ECHA-InfoCard 100.006.859
PubChem 439533
ChemSpider 458
DrugBank DB02224
Wikidata Q412191
Eigenschaften
Molare Masse 304,24 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,33 g·cm−3

Schmelzpunkt

227 °C (Zersetzung)

Löslichkeit

schlecht in Wasser

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Taxifolin ist eine natürlich vorkommende organische Verbindung, die chemisch zu den Flavanonolen innerhalb der Stoffgruppe der Flavonoide zählt. Taxifolin ist im Reinzustand ein weißes bis hellgelbes Pulver.

Vorkommen und Gewinnung

Bestimmte Teile der Stämme von Nadelhölzern, insbesondere der Lärche [z. B. Sibirische Lärche (Larix sibirica)], haben einen relativ hohen Anteil an Taxifolin (DHQ). Die phenolischen Inhaltsstoffe, in Zusammenhang mit pflanzlichen Stoffwechselreaktionen, sind ausschlaggebend für die natürliche Dauerhaftigkeit und Widerstandsfähigkeit des Holzes gegenüber Schädlingen, UV-Strahlung und Witterung. Bei der Lärche kommt hier konkret dem Taxifolin entscheidende Bedeutung zu. Die Gesamtheit an phenolischen Inhaltsstoffen geht über 3 bis 4 % nur selten hinaus. Im ersten Schritt der Gewinnung von Taxifolin werden die unteren Stammenden der Lärchen, die als Abfallprodukte bei der Holzproduktion anfallen, entrindet und zerhäckselt. Die folgenden Laboruntersuchungen geben Aufschluss über den Anteil der Späne an DHQ (Dihydroquercetin). Durch klassische Extraktionsverfahren wird Taxifolin mit einem Reinheitsgrad von max. 85 bis 88 % erreicht. Nur eine anschließende mehrstufige Flüssigkeitschromatographie (LC) führt zu einem Reinheitsgrad von nahezu 100 %. Dieser Prozess ist notwendig, um unerwünschte Beimengungen wie Harze und andere Stoffe aus der gewonnenen Substanz zu entfernen.

Pharmakologie

Antioxidative Wirkungen auf Stoffwechselfunktionen beim Menschen sind, wie für viele Flavonoide, nachgewiesen. Taxifolin besitzt – im Vergleich zum 2,3-ungesättigten Quercetin – nur etwa 50 % von dessen antioxidativer Wirkung. Das Vorhandensein einer Doppelbindung in Nachbarschaft zu einer Hydroxygruppe (Enol-Struktur) und somit eine Möglichkeit zur Stabilisierung energetisch ungünstiger Zustände scheint also ein wesentliches Merkmal antioxidativer Flavonoide zu sein. Jedoch hat die fehlende Doppelbindung am Heterozyklus wahrscheinlich zur Folge, dass Taxifolin nicht mutagen und kaum toxisch im Vergleich zu Quercetin wirkt.

Am Beginn der COVID-19-Pandemie im März 2020 wurde in einer Studie der Universität Basel Taxifolin als einzige Natursubstanz bei einem computergestützten Screening von 687 Millionen Verbindungen neben nur 11 anderen wirkstoffähnlichen Verbindungen als potenter Inhibitor für neuartige Coronavirus-Protease von SARS-CoV-2 identifiziert.

Anhand von Resultaten einer in-vitro-Studie an Darmkrebszellen wurde eine Modulation chemopräventiv regulierender Gene durch Taxifolin postuliert. Auch wurde nachgewiesen, dass unter anderem Taxifolin in vitro das Eierstock-Krebszellwachstum dosisabhängig hemmt. Eine starke Korrelation besteht zwischen der hemmenden Wirkung von Taxifolin-Derivaten auf die Gewebevermehrung bei Maus-Zelllinien der Haut und bei menschlichen Brustkrebszellen. Ergebnisse einer Studie zeigen in vitro und tierexperimentell, dass Taxifolin ein potentielles neues therapeutisches Mittel für die Behandlung von Osteosarkom (Knochenkrebs) darstellen kann.

Im Jahre 2010 veröffentlichte Befunde eines Mausmodells legen nahe, dass Taxifolin bei äußerlicher und innerer Anwendung die Produktion von inflammatorischen Zytokinen verhindert, Hautentzündungen verringert und deswegen als Therapeutikum gegen Neurodermitis infrage kommen könnte.

Epidemiologische und in-vivo-Studien weisen auf einen positiven Einfluss von Flavonoiden bei verschiedenen Herz-Kreislauferkrankungen hin. Traditionell wurden diese Effekte nur den antioxidativen Aktivitäten zugeschrieben. Jedoch gibt es neben der unmittelbaren Bindung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) eine Vielzahl anderer Effekte, die in pharmakologisch erreichbaren Konzentrationen auch für den positiven kardiovaskulären Einfluss verantwortlich sein kann. Dazu gehören insbesondere die Hemmung der ROS-bildenden Enzyme, Hemmung der Thrombozytenfunktion, Hemmung der Leukozyten-Aktivierung, Bluthochdruck senkende und gefäßerweiternde Eigenschaften.

Taxifolin hemmt die zelluläre Melanogenese ebenso effektiv wie Arbutin, einem der am weitesten verbreiteten Mittel gegen Hyperpigmentierung in Kosmetika. Im Tierversuch an Mäusen wurde nach einer topischen Behandlung mit Taxifolin eine Verhinderung der Produktion von inflammatorischen Zytokinen und eine Verringerung von Hautentzündungen beobachtet.

Taxifolin reduziert signifikant die Produktion des blauen Farbstoffs Pyocyanin und des Enzyms Elastase im weitverbreiteten Krankenhauskeim Pseudomonas aeruginosa. Das Flavonoid hemmt somit auch die Virulenz krankheitsauslösender Bakterien durch Eingriff in ihren Quorum-sensing-Mechanismus. Ebenso wurde durch Taxifolin in vitro die Wirksamkeit von herkömmlichen Antibiotika wie Levofloxacin und Ceftazidim bei MRSA-Infektionen verbessert.

Taxifolin hemmt die Produktion von Lipopolysaccharid-induziertem Prostaglandin E. Neben anderen Stoffen wurde Taxifolin aus Cercidiphyllum japonicum isoliert und zeigte – ähnlich wie Minoxidil und Procyanidin B-2 – signifikante, den Haar-Nachwuchs stimulierende Aktivitäten auf Mäusehaar-Epithelzellen. Auf die Protein- und die RNA-Synthese in Leberzellen konnten durch Taxifolin ähnlich starke Effekte wie bei Silibinin nachgewiesen werden.

Die antimikrobielle Aktivität von taxifolinhaltigen Pflanzenextrakten gegen Streptococcus sobrinus konnte in vitro nachgewiesen werden. Die Hemmung der Vermehrung dieser Bakterien im Mund könnte ein potentes Mittel zur Verhinderung von Karies sein.

Ein Glycosid des Taxifolins ist das Astilbin ((+)-Taxifolin-3-O-α-l-Rhamnopyranosid), das im Rhizom der Prachtspiere Astilbe odontophylla vorkommt.

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu DIHYDROQUERCETIN in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 16. Mai 2020.
  2. 1 2 Datenblatt Taxifolin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. Februar 2019 (PDF).
  3. Carl L. Yaws: The Yaws Handbook of Physical Properties for Hydrocarbons and Chemicals Physical Properties for More Than 54,000 Organic and Inorganic Chemical Compounds, Coverage for C1 to C100 Organics and Ac to Zr Inorganics. Gulf Professional Publishing, 2015, ISBN 978-0-12-801146-1, S. 479 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. 1 2 David R. Lide: CRC Handbook of Chemistry and Physics A Ready-reference Book of Chemical and Physical Data. CRC Press, 1995, ISBN 978-0-8493-0595-5, S. 452 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Russian Pharmacology and Toxicology, 1975, Vol. 38, S. 213.
  6. 1 2 Eintrag zu Taxifolin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
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