Ein Dreiphasenwechselstrom-Transformator, Dreiphasentransformator oder Drehstromtransformator fasst die zur Transformation in einem Dreiphasensystem notwendigen drei einzelnen Transformatoren zu einem einzigen zusammen. Typischerweise sind Leistungstransformatoren als Dreiphasentransformator ausgeführt. Der erste Dreiphasentransformator wurde 1890 von Michail Dolivo-Dobrowolski bei der AEG in Berlin gebaut, nachdem er dort zuvor das Dreiphasensystem entwickelt hatte. Der erste praktische Einsatz von Dreiphasentransformatoren zur elektrischen Übertragung von Energie mit hochtransformiertem Dreiphasenwechselstrom erfolgte im Jahr darauf bei der Drehstromübertragung Lauffen–Frankfurt im Rahmen der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung 1891.

Aufbau

Dreiphasentransformatoren sind ähnlich wie einphasige Transformatoren aufgebaut. Im Unterschied zu diesen bestehen Primär- und Sekundärseite jedoch aus jeweils drei getrennten Wicklungen – üblicherweise mit U, V, W für die Oberspannungsseite und u, v, w für die Unterspannungsseite bezeichnet –, die auf einem weichmagnetischen Eisenkern, der üblicherweise einem „geschlossenen E“ ähnelt, untergebracht sind (siehe nebenstehende Skizze). Die drei mit den Spulen bewickelten Teile des Kernes werden Schenkel genannt, die Eisenkern-Brücke über die drei Schenkel Joch. Die Ober- und Unterspannungswicklung jeder Phase wird im einfachsten, üblichen Fall auf dem gleichen Schenkel angebracht, getrennt durch Isolationsmaterial und im späteren Einsatz bei großen Transformatoren auch Öl. Es gibt aber auch Fünfschenkelkerne (siehe unten). Die Kerne sind aus Texturblech einer Dicke von beispielsweise 0,35 mm so zusammengesetzt, dass der magnetische Fluss möglichst in Texturrichtung verläuft.

Zur gedanklichen Herleitung des Gesamtaufbaues geht man zunächst von drei Einphasentransformatoren für jeweils eine Phase aus – jeder mit einem Wickel und einem geschlossenen Kern. Der nicht bewickelte Schenkel, der Rückflussschenkel, dient dazu, den magnetischen Kreis zu schließen. Nun denkt man sich die drei Transformatoren sternförmig am Rückflussschenkel aneinander gefügt, sodass ein gemeinsamer Rückflussschenkel für alle drei Transformatoren entsteht. Bei einem symmetrisch belasteten Dreiphasensystem, d. h. bei gleicher Belastung aller drei Außenleiter, heben sich im gemeinsamen Rückflussschenkel des Eisenkerns die magnetischen Flüsse aufgrund der Phasenverschiebung gegenseitig auf, weshalb der Rückflussschenkel entfallen kann. Somit kann der Kern, wie in der Skizze dargestellt, als Dreischenkelkern ausgeführt werden.

Der symmetrische Fall ist jedoch im Betrieb nicht immer sicherzustellen, man spricht dann auch von einer Schieflast, die bei einigen Schaltgruppen zu einer unerwünschten Sternpunktverschiebung und einem starken magnetischen Streufluss führt. Zur Vermeidung dieses Zustands werden manche Dreiphasentransformatoren, abhängig von der Schaltgruppe (z. B. Kuppeltransformatoren in der Schaltgruppe „Yy0“) entweder mit einem Fünfschenkelkern mit zwei zusätzlichen äußeren Rückflussschenkeln versehen oder bei Dreischenkelkernausführung mit einer zusätzlichen Tertiärwicklung zur Kompensation ausgeführt. Eine solche Ausgleichswicklung ist in Dreieck geschaltet und führt nur dann einen (Ring-)Strom, wenn Schieflast vorliegt. Sie sorgt für die Stabilität (Symmetrie) des Sternpunktes bei Schieflast. Auch eine der Hauptwicklungen kann diese Funktion für die jeweils andere, in Stern geschaltete Hauptwicklung übernehmen, wenn sie in Dreieck geschaltet ist.

Wie die in Summe sechs Anschlüsse je Seite eines Dreiphasentransformators miteinander verschaltet werden, wird durch die Schaltgruppe bestimmt. Übliche Verschaltungen sind Stern- und Dreieckschaltung, die im Prinzip auf beiden Seiten beliebig kombiniert werden können. Dadurch ergeben sich zwischen den Außenleiterspannungen der Ober- bzw. Unterspannungsseite unterschiedliche Phasenverschiebungen, die nicht nur 0° bzw. 180° wie bei einphasigen Transformatoren betragen können. In diesen Fällen wird das Übersetzungsverhältnis durch einen komplexen Faktor ausgedrückt, der zusätzlich die Phasenverschiebung beinhaltet. Aus diesem Grund ist bei Parallelbetrieb von mehreren Dreiphasentransformatoren die Schaltgruppe zu beachten.

Beispiel

Die Schaltgruppe Dyn5 eines Dreiphasenwechselstrom-Transformators bedeutet:

  • D = Oberspannungswicklung in Dreieckschaltung
  • y = Unterspannungswicklung in Sternschaltung
  • n = herausgeführter Sternpunkt (Neutralleiter)
  • 5 = Phasenverschiebung zwischen Ober- und Unterspannung beträgt: 5 * 30° = 150°

Beschränkungen

Für sehr hohe Spannungen und große Übertragungsleistungen ist es nicht möglich, Dreiphasenwechselstromtransformatoren zu bauen, die auf öffentlichen Verkehrswegen transportiert werden können. Daher werden normalerweise drei einphasige Einheiten eingesetzt.

Literatur

  • Gregor D. Häberle, Heinz O. Häberle: Transformatoren und elektrische Maschinen in Anlagen der Energietechnik. 2. Auflage. Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 1990, ISBN 3-8085-5002-3.
  • Gerd Fehmel, Horst Flachmann, Otto Mai: Die Meisterprüfung Elektrische Maschinen. 12. Auflage. Vogel Buchverlag, Oldenburg/ Würzburg 2000, ISBN 3-8023-1795-5.

Einzelnachweise

  1. Michael von Dolivo-Dobrowolsky und der Drehstrom (Memento des Originals vom 24. Oktober 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., VDE-Website.
  2. Gerhard Neidhöfer: Michael von Dolivo-Dobrowolsky und der Drehstrom. Anfänge der modernen Antriebstechnik und Stromversorgung. VDE-Buchreihe Geschichte der Elektrotechnik. Band 9, 2. Auflage. VDE Verlag, Berlin/ Offenbach, ISBN 978-3-8007-3115-2.
  3. Dolivo-Dobrowolski (Memento vom 23. Juli 2012 im Webarchiv archive.today), WEKA Media Lexikon.
  4. http://antriebstechnik.fh-stralsund.de/1024x768/Dokumentenframe/Versuchsanleitungen/EMA/Trafo.pdf B. R. Oswald: Vorlesung Elektrische Energieversorgung I Skript Transformatoren (Korrigierte Ausgabe 2005), Lehrmaterial der Universität Hannover / Institut für Energieversorgung und Hochspannungstechnik, abgerufen am 6. Feb. 2019
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