Das Erbrecht von Liechtenstein entspricht in seinen wesentlichen Grundzügen jenem der anderen deutschsprachigen Länder. Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch Liechtensteins, welches das Erbrecht in den Artikeln 531 bis 824 regelt, wurde ursprünglich von Österreich übernommen.
Gesetzliche Erbfolge
Diese entspricht den Regelungen in den anderen deutschsprachigen Ländern, jedoch sind auch Urgroßeltern und deren Nachkommen erbberechtigt, während die Erbfolge in Deutschland unbeschränkt ist, und in der Schweiz auf den Stamm der Großeltern (und deren Kinder) beschränkt ist. Sind weder gesetzliche noch testamentarische Erben auffindbar, fällt das Erbe an den Staat.
Pflichtteile und Ehepartner
Überleben Kinder, erhält der Ehepartner ⅓ des Erbes, und die Kinder ⅔. Überleben Ehepartner und Eltern, jedoch keine Kinder, so erhält der Ehepartner ⅔, die Eltern ⅓. (Schweiz: Ehepartner erhält ½ im ersten Fall und ¾ im zweiten Fall.)
Der Ehepartner ist berechtigt, weiterhin in der ehelichen Wohnung zu wohnen und den Hausrat zu behalten. Er hat auch das Recht auf finanziellen Unterhalt, wenn dieser nicht anderweitig abgedeckt werden kann.
Letztwillige Verfügungen
Unter Einhaltung von bestimmten Formvorschriften kann ein Testament und/oder ein Kodizill aufgesetzt werden. Mit einem Testament kann man die Hinterlassenschaft vollumfänglich oder zu einem bestimmten Bruchteil einem bestimmten Erben überlassen. Das Kodizill nennt keinen Erben und teilt das Erbe nicht auf, sondern bestimmt, welche Gegenstände an welche Personen übergehen.
Das Testament kennt drei Formen:
- Handschriftlich: Von Hand verfasst, von Hand datiert und von Hand unterschrieben
- Das Dreizeugentestament. Dabei müssen drei volljährige Zeugen, die weder Nutzniesser des Testaments sind, noch mit einem Nutzniesser verwandt oder verschwägert sind, das Testament als Zeugen unterschreiben. Dazu müssen zwei der drei Zeugen gleichzeitig anwesend sein.
- Öffentliches Testament: Kann bei Gericht mündlich vorgetragen und protokolliert werden, oder selbst verfasst und beim Gericht hinterlegt werden.
Enterbung
In Liechtenstein sind die Gründe, die zu einer Enterbung führen können, wesentlich weiter gefasst als etwa in der Schweiz, wo nur die schwere Verletzung familiärer Pflichten und die Verübung einer schweren Straftat gegen den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person zu einer vollständigen Enterbung führen kann.
Gründe für eine Enterbung sind etwa ein langfristiger unsittlicher Lebenswandel, schwere Verfehlungen gegen den Erblasser oder die Vernachlässigung von (ehelichen) Beistandspflichten oder (elterlichen) Pflege- und Erziehungspflichten.
Ein stark verschuldeter Erbe kann zugunsten seiner eigenen Kinder enterbt werden. In der Schweiz hingegen kann der Pflichtteil eines verschuldeten Erben zugunsten seiner Kinder lediglich halbiert werden.
Erbverzicht
Vertraglich kann ein Erbe auf das Erbe verzichten. Damit verzichtet er auch auf seinen Pflichtteil, und ebenso erben auch dessen Nachkommen nichts. Der Erbverzicht muss öffentlich beurkundet werden.
Weblinks
- Dr. Vivien Gertsch / Frauennetz Liechtenstein: Das liechtensteinische Erbrecht – Was muss ich wissen, was sollte ich berücksichtigen?
- Karl Heinz Burmeister: Erbrecht. In: Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein.