Die Erprobungsstelle Tarnewitz (auch: E-Stelle Tarnewitz) auf der künstlich angelegten Halbinsel Tarnewitz am östlichen Ende der Boltenhagener Bucht diente der deutschen Luftwaffe bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zur Erprobung von Flugzeug- und Bordwaffen.
Geschichte
1933 begann die Geschichte der E-Stelle Tarnewitz im Ostseebad Boltenhagen, als die Reichsluftwaffe auf der Suche nach einem geeigneten Platz für Waffentests auf die unberührte Sandbank an der Ostseeküste stieß. Schon im September 1935 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Es wurden Deiche aufgeschüttet sowie Spundwände gesetzt. Mit einem für damalige Verhältnisse riesigen technischen Aufwand wurde die Halbinsel mit Seesand aufgespült und vollständig mit einer Bitumendecke versiegelt. Nach der Errichtung von Hallen und Labors nahm die Erprobungsstelle 1937 ihren Betrieb auf.
Zeit des Nationalsozialismus
Der E-Stelle oblag die Erprobung der durch die Industrie entwickelten Waffensysteme und im engen Zusammenhang auch die Weiterentwicklung bis zur Einsatzreife. Auch wurde auf Basis der im Einsatz gesammelten Erfahrungen die günstigsten Einbauvarianten von Waffen und deren Systeme ermittelt. Außerdem erfolgte die Erprobung von Maschinengewehren, Bordkanonen, Bordraketen und Sondergeräten. Für Ausrüstungsversuche wurden vor allem Flugzeuge der Typen Me 262, Bf 110, Fw 190 sowie Ba 349 verwendet. Kurz vor Kriegsende 1945 wurden die wichtigsten Erprobungsflugzeuge nach Schleswig-Holstein überführt. Amerikanische Truppen nahmen die E-Stelle schließlich ein. Es folgten die Engländer und später die Rote Armee, die auf dem Areal die Zufahrtsstraßen, Teile des Rollfeldes sowie übriggebliebene Anlagen sprengte.
Nachkriegsgeschichte
Nachdem sich mehrere Jahre niemand um die Halbinsel kümmerte, wurde diese 1952 von der See-Polizei übernommen. Später wurde das Objekt der 4. Flottille der Volksmarine zugeordnet, die auf dem Gelände einen Stützpunkt errichtete. 1963 nahm die Grenzbrigade Küste das Gebiet in Besitz, die Tarnewitz bis zur Auflösung der NVA 1990 unter Kontrolle hielt. In dieser Zeit wurden der Hafen erneuert sowie zahlreiche neue Gebäude und Anlagen errichtet. Die Bundeswehr übernahm das Objekt 1990, zog sich aber bald wieder zurück. Mittlerweile wurden Teile der Halbinsel, das heutige Gelände der Weißen Wiek, zu einer Marina mit angrenzender Hotelanlage und Badestrand ausgebaut. Dazu wurden sämtliche von der NVA errichteten Gebäude und Anlagen abgerissen. Der größere Teil der Halbinsel wurde als Naturschutzgebiet Tarnewitzer Huk ausgewiesen.
Literatur
- Angelika Rätzke: Mythos Tarnewitz – Geheimnisse einer Halbinsel, Boltenhagen Verlag, ISBN 3-937723-00-5.
Weblinks
Koordinaten: 53° 58′ 50″ N, 11° 15′ 5″ O