Die Essener Steinkohlenbergwerke AG war ein Bergwerksunternehmen im Ruhrbergbau. Der Sitz der Gesellschaft befand sich im Südviertel der Stadt Essen, Huyssenallee 92/94.

Geschichte

Die Gesellschaft wurde 1906 im Zuge eines Zusammenschlusses verschiedener bergrechtlicher Gewerkschaften, unter anderem Rheinische Anthracit-Kohlenwerke und Heisinger Tiefbau, gegründet. 1907 ließ das Unternehmen den Schacht Gottfried Wilhelm abteufen, der 1909 in Betrieb ging. 1908 erwarben die Essener Steinkohlenbergwerke die Zeche Prinz Friedrich und die Zeche Gilles Antoine.

Hauptgründer und Aufsichtsratsvorsitzender war Carl Funke. Nach dessen Tod im Jahr 1912 übernahm Ernst Tengelmann die Geschäftsführung. 1916 erwarb die Gesellschaft die Gewerkschaft Dorstfeld in Dortmund, 1920 die Gewerkschaft Oespel. 1930 fusionierte das Unternehmen mit der Gelsenkirchener Bergwerks-AG (GBAG). 1932 wies der Bergwerksbesitz der vormaligen Essener Steinkohlenbergwerke AG bei der GBAG folgende Förderanlagen auf:

  1. Feld der aufgelösten Gewerkschaft Hercules, Flächenraum 6.455.578 m²
  2. Grubenfeld der Zeche ver. Dahlhauser Tiefbau, 5.140.488 m²
  3. Feld der Zeche ver. Pörtingssiepe, 7.607.906 m²
  4. Förderanlage Carl Funke mit einem Grubenfeld von 4.692.777 m².
  5. Grubenfeld der ehemal. Gew. Prinz Friedrich, 8.842.239 m².
  6. Grubenfeld der Zeche Gottfried, l.973.140 m².
  7. Gerechtsame der Zeche Oespel, 4.550.072 m²
  8. Gerechtsame der Zeche Dorstfeld, 10.638.217 m²

Am 29. November 1933 folgte eine Neugründung unter dem alten Namen Essener Steinkohlenbergwerke AG als Tochtergesellschaft der Gelsenkirchener Bergwerks-AG. In das neue Unternehmen wurden sämtliche Bergwerksanlagen und die dazu gehörigen Grubenfelder, Grundstücke, Gebäude und Einrichtungen der GBAG eingegliedert. Die Gesellschaft verfügte über eine Gesamtberechtsame von 158,9 Mill. m² zusammen mit Reservefeldern, Beteiligungen und Ansprüchen 228,46 Millionen m².

Im Jahr 1936 übernahm Friedrich Flick, der unter anderem an der GBAG maßgeblich beteiligt war, die Aktienmehrheit der Essener Steinkohlenbergwerke AG. Als Folge der Übernahme stieg die Steinkohlenförderung der Flick-Gruppe auf mehr als 60 %. Flick nutzte das Unternehmen als Sprungbrett für den Einstieg in die Carbochemie und die vom NS-Regime mit hoher Priorität betriebene Herstellung synthetischen Benzins. Gemeinsam mit der Harpener Bergbau AG, die sich ebenfalls im Mehrheitsbesitz von Friedrich Flick befand, gründete die Essener Steinkohlenbergwerke AG am 2. Januar 1937 die Chemische Werke Essener Steinkohle AG in Bergkamen. Im gleichen Jahr begann der Bau eines Fischer-Tropsch-Synthesewerks, das im April 1939 die Produktion synthetischer Erzeugnisse aufnahm. Neben der Gelsenberg-Benzin AG und der Ruhrbenzin AG, an der die Harpener Bergbau AG und die Essener Steinkohlenbergwerke AG ebenfalls beteiligt waren, entwickelten sich die Chemischen Werke Essener Steinkohle zu einem der größten Hydrierwerke im Ruhrgebiet.

Wie bei allen damaligen Hydrierwerken sind in der Fachliteratur auch für die Fischer-Tropsch-Anlagen in Bergkamen widersprüchliche Produktionskapazitäten aufgeführt. Die Spanne der Angaben synthetischer Erzeugnisse reicht von jährlich 51.000 über 75.000 und 80.000 bis hin zu 85.000 Tonnen. Gemäß einer Inspektion am 20. April 1945 durch Angehörige der US Government Technical Oil Mission, stellte das Werk jährlich 80.000 Tonnen synthetische Endprodukte her. Davon waren:

Der insbesondere in der Nachkriegszeit aufgekommenen Darstellung, die Herstellung synthetischen Benzins sei nicht wirtschaftlich gewesen, widersprach die Essener Steinkohlenbergwerke AG. Nach Angaben des Unternehmens konnten beispielsweise aus 17.000 Tonnen Koks im Wert von 237.916 RM exakt 4093 Tonnen synthetische Produkte mit einem Erlös von 3.962.638 RM erzielt werden. Während der Luftangriffe auf das Ruhrgebiet hatte das Unternehmen starke Schäden zu verzeichnen; das Synthesewerk wurde dabei fast vollständig zerstört.

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste auf Befehl der Alliierten die Essener Steinkohlenbergwerke AG aus dem Flick-Konzern herausgelöst werden. Zudem bestimmte die britische Besatzungsmacht für die gesamte Nordwestzone ein generelles Verbot zum Wiederaufbau von Hydrierwerken. Hingegen erteilte im Frühjahr 1947 der britische Militärgouverneur den Essener Steinkohlenbergwerken die Genehmigung zur Wiederinbetriebnahme der stillgelegten Anlagen, obwohl die Fischer-Tropsch-Synthese von den westlichen Besatzungsmächten weiterhin zu den „verbotenen Industrien“ gezählt wurde. Mit einem mehrstelligen Millionen-Kredit, den bemerkenswerterweise der britische Militärgouverneur genehmigt hatte, konnten bis Anfang 1949 rund 80 % der Anlagen wiederaufgebaut werden, bis der endgültige Demontagebefehl kam. Durch die Bestimmungen des Washingtoner Abkommens vom 6./8. April 1949 wurden in Westdeutschland die direkte oder indirekte Erzeugung von Benzin, Öl und Schmieröl aus Steinkohlen oder Braunkohlen durch das Bergius-Pier-Verfahren, die Fischer-Tropsch-Synthese oder analoge Verfahren verboten.

Im Jahr 1955 folgte die Übernahme der Essener Steinkohlenbergwerke AG durch die Mannesmann AG, den Vorstandsvorsitz hielt ab 1964 der ehemalige Bergrat Werner Hoevels inne. Die ehemaligen Zechen der Gesellschaft wechselten in der Folgezeit mehrmals den Besitzer, die letzte wurde im Jahr 2010 stillgelegt. Die Fischer-Tropsch-Anlage war bereits ab Ende 1949 zu einem großen Chemiebetrieb umgebaut worden. 1967 übernahm die Berliner Schering AG das riesige Werk, welche seit 2006 zur Bayer AG gehört. Heute befindet sich hier die größte Produktionsstätte der Bayer Pharma AG.

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Gebhardt: Ruhrbergbau: Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen. Essen: Verlag Glückauf, 1957.

Einzelnachweise

  1. Eintrag Hoppenstedt 1944 Universität Mannheim, abgerufen am 27. Juli 2023.
  2. Handbuch der Deutschen Aktien-Gesellschaften. Berlin 1932, Band IV, S. 5404 f.
  3. Gerhard Gebhardt: Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen. Essen 1957, S. 164 f.
  4. Johannes Bähr, Axel Drecoll, Bernhard Gotto, Kim Christian Priemel, Harald Wixforth: Der Flick-Konzern im Dritten Reich. Walter de Gruyter, 2012, S. 74–76.
  5. 1 2 Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859–1974. C.H.Beck, 2003, S. 189.
  6. United States. Bureau of Mines (Hrsg.): Synthetic Liquid Fuels from Hydrogenation of Carbon Monoxide, Part 578–580. U.S. Government Printing Office, 1948, S. 8.
  7. Carl Zerbe: Mineralöle und verwandte Produkte. Springer-Verlag, 1952, S. 1191.
  8. T.A.C. Report SnMC-4 Inspection of Fischer-Tropsch Plant Bergkamen Fischer-Tropsch Archiv (Emerging Fuels Technology), abgerufen am 27. Juli 2023.
  9. Aus strategischen Gründen Der Spiegel vom 22. Juni 1949, abgerufen am 27. Juli 2023.
  10. Verbotene Industrie? Die Zeit vom 21. Oktober 1948, abgerufen am 27. Juli 2023.
  11. Anbauen, Sir Der Spiegel vom 15. Juni 1949, abgerufen am 27. Juli 2023.
  12. Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer, Dortmund, (E. Beckhäuser) zur Demontage der Fischer-Tropsch-Synthese-Werke Internetportal Westfälische Geschichte, abgerufen am 27. Juli 2023.
  13. Zeche Monopol Schacht Grimberg 1/2, Fördergerüst über Schacht 2 (Bergkamen) ipernity, abgerufen am 27. Juli 2023.
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