Iwięcino (bis 1945 Eventin, bis ins 19. Jahrhundert Ewenthin) ist ein Dorf in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Es gehört heute zur Landgemeinde (Gmina) Sianów (Zanow) im Kreis Koszalin (Köslin).
Geographische Lage
Der Ort liegt in Hinterpommern auf einer Höhe von 15 Metern über dem Meeresspiegel. Das flache Gelände fällt allmählich nach Norden zum Buckower See (Jezioro Bukowo) auf etwas über Meereshöhe ab. In den östlich des Dorfes gelegenen Feldern sind einige Hügel, deren höchste Erhebung 28 Meter erreicht. Die Gemarkung des Dorfs wird vom früher so genannten Bordelbach durchflossen, der bei Wieck (Wiekowice) entspringt und der im Westen und im Süden zum Teil die natürliche Ortsgrenze bildet.
Nachbargemeinden von Iwięcino sind: im Osten die schon zur Gmina Darłowo (Rügenwalde) gehörende Gemeinde Gleźnowo (Steinort) sowie Bielkowo (Beelkow), im Süden Wierciszewo (Wandhagen) und im Westen Rzepkowo (Repkow). Im Norden grenzt das Dorf an den Buckower See (Jezioro Bukowo).
Geschichte
Der Siedlungsart nach war Eventin ursprünglich ein Angerdorf. Diese Dorfform ist dadurch gekennzeichnet, dass zahlreiche Einzelhöfe in der Feldmark liegen. Die meisten Höfe waren in Form von Vierkanthöfen angelegt. Die Gebäude hatten Spitzdächer, die in früheren Zeiten mit Reet vom Buckower See abgedeckt gewesen waren. Später wurden die Reetdächer durch Ziegeldächer ersetzt.
Das bis 1945 Eventin (auch: Eventhin, früher: Geventhin) genannte Dorf gehört zu den ältesten Dorfanlagen der Region. Im Jahre 1278 leisten die Bauern den Zehnten an das Kloster Buckow. Im Jahre 1290 bittet Herzog Mestwin II. von Pommerellen Papst Nikolaus IV. um die Bestätigung der Besitzungen des Klosters, wobei auch die Zehntleistung aus „Geventhin“ erwähnt wird.
Die Reformation von 1535 in Pommern kam nur zögerlich nach Eventin. Die Grundherrin der benachbarten Domäne Repkow, Katharina von Bulgrin (ihr waren einige Eventiner Bauern dienstpflichtig), besuchte regelmäßig die Eventiner Dorfkirche, blieb aber der vorreformatorischen Lehre vorerst treu. In der Mitte des 16. Jahrhunderts kommt Eventin mit den anderen Abteidörfern des Klosters Buckow zum Rügenwalder Amt.
Um das Jahr 1784 hatte das Dorf einen Prediger, einen Küster, 16 Bauern, einen Pfarrbauernhof, zwei Landkossäten, fünf Büdner, ein Predigerwitwenhaus und einen Hirtenkaten. 1818 lebten hier 304 Menschen. Die Zahl der Einwohner stieg 1887 auf 687 und sank dann aber wieder bis 1939 auf 541 ab.
Am 5. März 1945 besetzte die Rote Armee das Dorf. Im Herbst wurde es unter polnische Verwaltung gestellt. Die kommunistische polnische Verwaltungsbehörde begann nun mit der Vertreibung der einheimischen Bevölkerung, die bis 1946 vollzogen war. Für Eventin wurde die polnische Ortsbezeichnung „Iwięcino“ eingeführt. Der Ort ist heute Teil der Gmina Sianów im Powiat Koszaliński.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
1818 | 304 | Kirchdorf und Windmühle, in königlichem Besitz |
1852 | 574 | |
1864 | 618 | |
1867 | 667 | |
1871 | 610 | ausnahmslos Evangelische |
1887 | 687 | |
1910 | 618 | am 1. Dezember |
1925 | 658 | darunter 657 Evangelische und eine katholische Person |
1933 | 548 | |
1939 | 541 |
Amtsbezirk Eventin
Eventin bildete bis 1945 zusammen mit den Gemeinden Abtshagen (heute polnisch: Dobiesław), Beelkow (Bielkowo), Wandhagen (Wierciszewo) und Wieck (Wiekowice) den Amtsbezirk Eventin im Landkreis Schlawe i. Pom. im Regierungsbezirk Köslin.
Standesamt Eventin
Alle im Amtsbezirk zusammengeschlossenen Gemeinden bis auf Abtshagen gehörten bis 1945 zum Standesamtsbereich Eventin. Noch vorhandene Standesamtsregister aus dieser Zeit werden heute im Standesamt Sianów (Zanow) und im Staatsarchiv Koszalin (Köslin) aufbewahrt.
Kirche
Kirchspiel
Bis 1945 bildete Eventin mit den Orten Beelkow (heute polnisch: Bielkowo) und Wandhagen (Wierciszewo) ein selbständiges evangelisches Kirchspiel, dessen Bewohner zu über 99 % evangelischer Konfession waren. Es gehörte zum Kirchenkreis Rügenwalde der Kirchenprovinz Pommern der Kirche der Altpreußischen Union.
Heute (2008) ist Iwięcino eine Filialgemeinde im römisch-katholischen Kirchspiel Dobiesław (Abtshagen). Die hier noch lebenden evangelischen Gemeindeglieder werden vom Pfarramt in Koszalin (Köslin) in der Diözese Pommern-Großpolen der polnischen Evangelisch-Augsburgischen (d. h. lutherischen) Kirche betreut.
Pfarrkirche
Die Dorfkirche Eventin ist ein roter Backsteinbau aus gotischer Zeit. Auf einer Anhöhe gelegen, war sie eine der ältesten und schönsten Kirchen des Kreises, die im 14. Jahrhundert vom Kloster Buckow aus angelegt worden war. Das Gotteshaus enthält eine wertvolle Innenausstattung. Es trägt nach Übernahme durch die Römisch-katholische Kirche in Polen im Jahre 1946 den Namen Kirche der Gottesmutter Königin von Polen.
Pfarrer der Kirche 1545 bis 1945
- 1545–1589 Johannes Becker
- 1589–1614 Gregor Müller
- 1614–1630 Christian Müller (Sohn von 2.)
- 1631–1656 Petrus Betichius (Betcke)
- 1656–1673 Johann Zeidler
- 1674–1677 Lukas Vanselow
- 1679–1718 Jakob Malichius
- 1719–1738 Nikolaus Ernst Witte
- 1738–1759 Christian Misch
- 1760–1766 Johann Friedrich Behmer
- 1766–1774 Christian Friedrich Misch (Sohn von 9.)
- 1775–1804 Friedrich Schmidt
- 1806–1814 Georg Peter Gieseler
- 1814–1836 Johann Heinrich Blume
- 1837–1881 Friedrich Wilhelm Mevius
- 1881–1899 Karl Ernst August Kühl
- 1899–1927 Christoph Splittgerber
- 1928–1929 Karl Krüger
- 1930–1940 Kurt Koschnik
- 1940–1945 Heinz Puttkammer
Schule
Bereits im Jahre 1784 gab es in Eventin eine Schule. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde an der Stelle des vorigen ein neues Schulhaus errichtet, das zweiklassig und mit Lehrerwohnungen ausgestattet war. Es gab bis 1945 zwei Lehrer, die je etwa 50 Kinder unterrichteten. Die Namen der letzten deutschen Schulmeister sind Herbert Knoop und Georg Geier.
Verkehr
Das Dorf erreicht man über die Landstraße 203 die – auch „Küstenstraße“ genannt – von Köslin (Koszalin) über Rügenwalde (Darłowo) nach Stolpmünde (Ustka) führt. Bis zur früheren Kreisstadt Schlawe (Sławno) sind es 30 Kilometer, bis zum jetzigen Kreissitz Koszalin lediglich 18 Kilometer. Bahnstation ist das sieben Kilometer entfernte Skibno (Schübben) an der Bahnstrecke Stargard Szczeciński–Gdańsk.
Literatur
- Ernst Müller: Die Evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. 2. Teil, Stettin, 1912.
- Ewald Pitzke: Eventin. In: M. Vollack (Hrsg.): Der Kreis Schlawe – Ein pommersches Heimatbuch. 2. Band: Die Städte und Landgemeinden. Husum 1989, ISBN 3-88042-337-7, S. 884–889.
Weblinks
- Eventin beim Heimatkreis Schlawe
- Ansichten und Modelle der Dorfkirche durch das Biuro Dokumentacji Zabytków in Stettin (englisch, polnisch)
Einzelnachweise
- ↑ Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich-Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 859, Nr. 9. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 1: A–F, Halle 1821, S. 356, Ziffer 1507.
- ↑ Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats (Kraatz, Hrsg.). Berlin 1856, S. 151.
- ↑ Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Köslin (9. Kreis Schlawe). Berlin 1866, S. 10, Nr. 57.
- 1 2 Preußisches Statistisches Landesamt: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staates und ihre Bevölkerung (VIII. Kreis Schlawe). Berlin 1873, S. 132–133, Nr. 34.
- ↑ Eventin, Kreis Schlawe, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Eventin)
- ↑ Kreis Schlawe - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
- ↑ Die Gemeinde Eventin im ehemaligen Kreis Schlawe in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft, 2011) (Memento des vom 16. Juli 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- 1 2 Michael Rademacher: Schlawe. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin (Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde, Hrsg.), Band I, Heft III: Kreis Schlawe, Stettin 1892, S. 26–30.
- ↑ Straßenkarte Hinterpommern: Köslin - Stolp -Danzig, 9. Auflage, Höfer Verlag, Dietzenbach 2005, ISBN 978-3931-103-14-9.
Koordinaten: 54° 18′ N, 16° 17′ O