Evocatus („der Berufene“, pl. Evocati) war die lateinische Bezeichnung für einen Legionär in den römischen Legionen der Antike, der seine reguläre Dienstzeit (16–25 Jahre) absolviert und eine ehrenvolle Entlassung (honesta missio) erhalten hatte, sich aber auf Anforderung eines Konsuls oder eines anderen ranghohen militärischen Befehlshabers erneut freiwillig zum Dienst in die Legion gemeldet hatte.

Bedeutung und Aufgaben

Es gab eine beträchtliche Zahl von Evocati in allen Legionen. Wenn der ranghöchste Befehlshaber einer Legion, meist ein Legatus legionis, manchmal ein Praefectus legionis, unter den Legionären beliebt war, wuchs die Zahl der Veteranen, die sich unter seinen Befehl zurückmeldeten. Die Evocati wurden wie die Vexillarii von gewöhnlichen militärischen Aufgaben, wie Lager, Straßen und Wege zu befestigen (→ Befestigung) und ähnlich kräftezehrende Aufgaben, freigestellt und hatten aufgrund ihrer Erfahrung einen höheren Rang und ein größeres Ansehen in der Legion als gewöhnliche Legionäre. Sie wurden oft mit der gleichen Hochachtung wie die Equites Romani erwähnt und besaßen mitunter die gleiche Autorität (→ Auctoritas) wie ein Centurio.

In einigen Fällen konnten sie schließlich in den Rang eines Centurios aufsteigen. So veranlasste Pompeius viele Veteranen, die unter ihm in früheren Jahren gedient hatten, sich unter seinem Banner beim Ausbruch des Bürgerkriegs zwischen ihm und Cäsar zu versammeln und sich ihm mit der Versprechung von Belohnungen und dem Befehl über eine Zenturie anzuschließen. Nicht alle Evocati erhielten jedoch den Rang eines Centurios, sie konnten auch nicht jeder gewünschten Kohorte angehören. Marcus Tullius Cicero erwähnt einen Praefectus Evocatorum, einen für die Evocati verantwortlichen Offizier.

Evocati wurden häufig für besondere Aufgaben eingesetzt, so zum Beispiel als Richter der Militärtribunale, die aber auch bei den Zivilgerichten in den Provinzen eine signifikante Funktion bei Auseinandersetzungen mit der Bevölkerung hatten. Die Evocati spielten als Honestiores eine bedeutende Rolle im Machtgefüge der ländlich geprägten Provinzen des Imperium Romanum.

Besoldung

Sie erhielten denselben Sold wie ein Centurio, das war etwa der doppelte Betrag, den ein Legionär erhielt. Im Unterschied zu den Legionären, deren Besoldung Stipendium genannt wurde, hieß diese bei den Evocati Salarium („Sold, Gehalt, Salär“, ursprünglich „Menge Salz“).

Evocati Augusti

Herausragende Aufgaben übernahmen besonders verdiente Veteranen der Prätorianer-Garde in Rom, die nach Ablauf ihrer regulären Dienstzeit mit einem höheren Rang als sogenannte Evocati Augusti in den Dienst zurückkehrten. Als ehrenvolle Auszeichnung soll ihnen ein Goldring und ein stilisierter Rebstock verliehen worden sein.

An der Via dell'Abbondanza (deutsch: Straße der Fülle oder des Überflusses) in Pompeji wurde die Domus Lucii Satrii Rufi (deutsch: Haus des Lucius Satrius Rufus) gefunden, die als einzige in dieser Stadt über ein Namensschild an einem der Flügel seiner Eingangstür verfügte. Der Bewohner war ein Evocatus Augusti, die kleine Bronzetafel trägt die Inschrift:

„L. SATRI RVFI, EVOCATI AVG(VSTI) A COMMENTAR(IIS)“

„Lucius Satrius Rufus, Berufener des Erhabenen als Berichterstatter

Siehe auch

Literatur

Commons: Römische Legion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Evokation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Uwe Wegner: Der Hauptmann von Kafarnaum. Mohr Siebeck, 1985, ISBN 978-3-16-144894-2, S. 61 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Joachim Ott: Die Beneficiarier. Franz Steiner Verlag, 1995, ISBN 3-515-06660-8, S. 41 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Daniel Bühler: Macht und Treue: Publius Ventidius: Eine römische Karriere zwischen Republik und Monarchie. Allitera-Verlag, 2009, ISBN 978-3-86906-044-6, S. 73 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche Dissertation).
  4. William W. Batstone, Cynthia Damon: Caesar's Civil War. Oxford University Press, 2006, ISBN 0-19-516510-1, S. 49 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Wolfgang Kunkel, Roland Wittmann: Magistratur. C.H.Beck, 1995, ISBN 3-406-33827-5, S. 377 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Erich Sander: Das Römische Militärstrafrecht. (PDF; 6,6 MB) S. 8–9, abgerufen am 29. Juli 2012.
  7. Adolf Berger: Encyclopedic Dictionary of Roman Law. American Philosophical Society, 1953, ISBN 0-87169-432-8, S. 689 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft. Franz Steiner Verlag, 2001, ISBN 3-515-07817-7, S. 311 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Ludwig Ramshorn: Synonymisches Handwörterbuch der lateinischen Sprache. Baumgärtner, 1835, S. 240 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Yann Le Bohec: Die rõmische Armee: Von Augustus zu Konstantin d. Gr. Franz Steiner Verlag, 1993, ISBN 3-515-06300-5, S. 62 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Jackie & Bob Dunn: Pompeiiin Pictures. I.19.3 Pompeii. This entrance may have provided access to House of L. Satrius Rufus. Abgerufen am 7. August 2012 (englisch).
  12. James Lee Franklin: Pompeis Difficile Est: Studies in the Political Life of Imperial Pompeii. University of Michigan Press, 2001, ISBN 978-0-472-11056-8, S. 105 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Peter Lichtenberger: imperium-romanum.com - Geografie - Städte. Wohnhäuser der 1. Region in Pompeji. Abgerufen am 7. August 2012.
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