Eyersheim ist ein untergegangenes Dorf im rheinland-pfälzischen Landkreis Bad Dürkheim auf dessen Gebiet sich als Reste die Gehöfte Eyersheimer Hof und Eyersheimer Mühle erhalten haben. Sie gehören heute zu Weisenheim am Sand. Der südliche Teil der ehemaligen Dorfgemarkung liegt schon im Rhein-Pfalz-Kreis und es entstand darauf im 20. Jahrhundert der Ort Birkenheide.

Lage

Die beiden Gehöfte gehören heute zu Weisenheim am Sand und befinden sich südlich des Dorfes, in Richtung Maxdorf bzw. Birkenheide, am Nordufer des von West nach Ost fließenden Isenachbaches. Der Eyersheimer Hof liegt zu beiden Seiten der Landesstraße 454, die Eyersheimer Mühle leicht westlich davon, in Richtung Erpolzheim.

Heutiger Baubestand

Der Eyersheimer Hof umfasst zwei größere Wohngebäude östlich und westlich der Landesstraße 454, beide waren zuletzt Gaststätten, sind aber inzwischen geschlossen. Die Bauten gehören überwiegend dem 19. Jahrhundert an; westlich dahinter wurde in jüngster Zeit ein neues Haus errichtet.

Die Eyersheimer Mühle besteht aus einem mehrfach um- und überbauten Hofkomplex, dessen Haupthaus dem Klassizismus zuzurechnen ist. Östlich davon wurde ebenfalls ein allein stehender Neubau errichtet.

Geschichte

Im Bereich der Eyersheimer Mühle hat man im 19. und 20. Jahrhundert bedeutende neolithische Funde gemacht, die 1907 als Eyersheimer Typus bezeichnet werden. Walther Bremer verfasste ein Lemma für Eberts Reallexikon Viele hier entdeckte Artefakte sind im Historischen Museum der Pfalz zu Speyer ausgestellt.

Eyersheim (auch Agrisheim, Aygersheim oder Eygersheim) wird schon in frühen Urkunden des Klosters Weißenburg erwähnt und hatte eine Gemarkung von 900 Morgen, großteils jedoch Sumpf- oder Sandgelände. Im „Liber possessionum“ (um 800) ist festgehalten, dass 10 Höfe in Eyersheim für den Konvent Pflug-, Fuhr- und Wachdienste, aber auch Treideldienste auf dem Rhein zu leisten hatten. 991 eignete sich Graf Otto von Worms 68 Weißenburger Dörfer an, worunter sich auch Eyersheim befand. Über ihn gelangten die Besitzrechte an die Herren von Bolanden. Eine Kirche wird dort erstmals in Urkunden des 12. Jahrhunderts erwähnt und gehörte zum Bistum Worms, sowie zum Archidiakonat des Wormser Dompropstes. Der Pfarrsatz stand damals ebenfalls den Bolandern zu, welche ihn um 1220 dem Kloster Enkenbach überließen, das schließlich zum dominierenden Eigentümer in Eyersheim wurde.

Noch im 15. Jahrhundert wird der Pfarrsatz und ein Hubgericht des Ortes erwähnt, ebenso wurde damals die Gemarkung neu ausgesteint. Spätestens mit der Reformation und der Auflösung des Klosters Enkenbach scheint auch Eyersheim im 16. Jahrhundert als Dorf untergegangen zu sein. Die Enkenbacher Besitztümer fielen an die Kurpfalz, welche die Schutzherrschaft des Konvents innehatte. 1555 sprach das kurpfälzische Hofgericht in Heidelberg die gesamte Gemarkung des damals nicht mehr existenten Dorfes der Gemeinde Weisenheim am Sand zu.

Ein an der Hauptstraße von Weisenheim nach Speyer gelegener Ortsrest (Eyersheimer Hof) und die Dorfmühle überlebten den Untergang. Die abgelegene Mühle war im 16. und 17. Jahrhundert ein Refugium für die verfolgten Wiedertäufer. Im 18. Jahrhundert gingen die Weiler von der Kurpfalz an die Freiherrn von Hallberg über, nach Ende der Feudalzeit kamen die Liegenschaften in Privatbesitz.

Die „Hundert Morgen“

Die zur südlichen Ortsgemarkung und zum Enkenbacher Klosterbesitz gehörende „Sandige Weide“ durften die Gemeinden Weisenheim und Lambsheim von alters her für ihr Vieh nutzen. 1471 hatte die Kurpfalz beiden Gemeinden ein gemeinschaftliches Weiderecht daran zugesprochen. Als nach dem Untergang von Kloster Enkenbach und Dorf Eyersheim dessen komplette Gemarkung dem Ort Weisenheim zufiel, brach über die Weiderechte ein heftiger Streit aus, der bis 1772 fortdauerte. Damals erhielt Lambsheim durch Entscheid des kurpfälzischen Oberamts Alzey die alleinigen Weiderechte an 100 Morgen der südlichen Eyersheimer Gemarkung. Auf diesem Gelände, das 1936 auch in das Eigentum der Ortsgemeinde Lambsheim überging, entstand ab jenem Jahr die „Großsiedlung Hundertmorgen“, das spätere Birkenheide. Dort gibt es heute sowohl eine Eyersheimer-, als auch eine Hundertmorgenstraße. Das Mühlrad im Ortswappen Birkenheide symbolisiert die Eyersheimer Mühle.

Die Käskönig-Abgabe

Bereits 1258 gewährte der Abt des Klosters Limburg dem Enkenbacher Klosterhof in Eyersheim Weiderechte im Dürkheimer Bruch. Dieser war von der Abtei der Gemeinde Dürkheim als Allmende überlassen worden und die Gemeinde beteiligte, gegen eine Gebühr, auch Nachbardörfer an diesem Recht. Alljährlich am Pfingstmontag ritt ein Beauftragter umher, um die dafür fälligen Abgaben einzusammeln. Da sie neben Geld zumeist in Käse bestanden, wurde der Sammler auch als „Käskönig“ bezeichnet. Jener Brauch existierte noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, als es Eyersheim schon längst nicht mehr gab. Michael Frey hält in seiner „Beschreibung des Rheinkreises“ fest, dass der Müller auf der Eyersheimer Mühle als Einzelabgabe nur 15 Albus und einen Käse zu entrichten hatte. Der Inhaber des Eyersheimer Hofes, auf den die Verpflichtungen des ehemaligen Dorfes übergegangen waren, musste hingegen 15 Albus und 32 Käse entgelten. Karl Geib schreibt in seinem „Reisehandbuch durch alle Teile der königlich bayerischen Rheinpfalz“, der Eyersheimer Hof sei der Endpunkt des alljährlichen Käskönig-Rittes gewesen, wo eine „ländliche Lustbarkeit“ stattgefunden habe, bevor der Käskönig wieder nach Bad Dürkheim zurückkehrte. In Erinnerung an den historischen Brauch gibt es heute in Bad Dürkheim das Käskönigfest.

Die Sage vom Eyersheimer Müller

In Lambsheim existiert eine Volkssage, die sich auf den Müller von der Eyersheimer Mühle und ein mittelalterliches Steinkreuz an der Isenach bezieht.

Das Kreuz steht unweit der Stelle, wo die alte Heerstraße (Verlängerung der Neustadter Str., Lambsheim) die Isenach überquert, etwa auf halbem Weg zwischen dem ehemaligen Eyersheim und Lambsheim. Es handelt sich um ein niedriges, aus einem Stück gefertigtes Sandsteinkreuz, von 86 cm Höhe. Es wird öfter auch mit einem 1795 gefallenen Offizier des Gefechtes bei Lambsheim in Verbindung gebracht, ist jedoch wesentlich älter.

Laut der Sage soll das Kreuz vom Lambsheimer Müller aus einem Mühlstein gefertigt worden sein, im Gedenken an seine aus Liebeskummer umgekommene Tochter. Diese habe einen Schafhirten geliebt, sei aber von dem reichen Eyersheimer Müllersohn begehrt worden, der schließlich ihren Vater dazu brachte, die Verlobung zwischen beiden auszurichten. Als die Müllerstochter einige Zeit danach den geliebten Schafhirten auf der Heide zwischen Eyersheim und Lambsheim treffen wollte, fand sie dort einen anderen, der ihr mitteilte, ihr Freund sei aus Kummer über das Verlöbnis gestorben. Das habe die Müllerstochter so getroffen, dass sie weinend wegrannte, nie mehr gefunden wurde und auf ungeklärte Weise umkam. Der verantwortliche Eyersheimer Müller soll auch als Toter keine Ruhe gefunden haben und später als Geist auf seiner Mühle bzw. an der Isenach und an dem besagten Kreuz umgegangen sein.

Fotos

Literatur

  • Niels Bantelmann, Die neolithischen Funde von der Eyersheimer Mühle in der Pfalz. Prähistorische Zeitschrift 59/1, 1984, 16-36. doi:10.1515/prhz.1984.59.1.16
  • Ernst Merk: Das Wein- und Obstbaudorf Weisenheim am Sand und das Heidedorf Eyersheim, Gemeindeverwaltung Weisenheim am Sand, 1960
  • Markus Hundsdorfer: 16 Steine und ein Mühlenkomplex deuten in die Vergangenheit: vom Anfang und Ende des Dorfes Eyersheim, Die Rheinpfalz, Lokalteil Bad Dürkheim, Nr. 248 vom 25. Oktober 1995; (Findhinweis)
  • Markus Hundsdorfer: Die neolithischen Funde bei der Eyersheimer Mühle, in: Heimatjahrbuch des Landkreises Ludwigshafen, Band 13 (1997), S. 53–60, ISBN 3-931717-01-1
  • Heinrich Rembe: Lambsheim, Band 1, Arbogast-Verlag, Otterberg, 1971, S. 3

Einzelnachweise

  1. Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland, Band 13: Landkreis Bad Dürkheim, 2. Teil, S. 164, ISBN 3884622153; (Scan eines Ausschnitts auf Google Books)
  2. Webseite der Gemeinde Weisenheim am Sand
  3. F. Sprater, Ein Wohnplatz der jüngeren Steinzeit bei der Eyersheimer Mühle, Gemeinde Weisenheimam Sand. Pfälzisches Museum 24, 1907, 98 ff
  4. Jan Filip: Enzyklopädisches Handbuch zur Ur- und Frühgeschichte Europas, Band 1, S. 345, Academia, Verlag der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften, 1966; (Ausschnittscan)
  5. Karl-Heinz Rothenberger: Pfälzische Geschichte, Band 1, S. 10, Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, 2001, ISBN 3927754439; (Ausschnittscan)
  6. Nekrolog. Prähistorische Zeitschrift 17/1, 1926, 287. Abgerufen am 20. November 2019, doi:10.1515/prhz.1926.17.1.281
  7. Brigitte Kasten: Tätigkeitsfelder und Erfahrungshorizonte des ländlichen Menschen in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft (bis ca. 1000): Festschrift für Dieter Hägermann zum 65. Geburtstag, Ausgabe 184 von: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft, Franz Steiner Verlag, 2006, ISBN 3515087885, S. 251; (Digitalscan)
  8. Michael Frey: Versuch einer geographisch-historisch-statistischen Beschreibung des königlich bayerischen Rheinkreises, Band 2, Speyer, 1836, S. 517; (Digitalscan)
  9. Pfälzer Heimat, Speyer, Jahresband 1964, S. 36; (Ausschnittscan)
  10. Webseite der Verbandsgemeinde Maxdorf, zur Geschichte von Birkenheide (Memento des Originals vom 26. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  11. Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg: Forschungen, Band 12, Kohlmammer Verlag, 1960, S. 102 u. 112; (Ausschnittscans)
  12. Lambsheimer Amtsblatt vom 22. März 2012, S. 12; (PDF-Dokument) (Memento des Originals vom 26. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  13. Markus Hundsdorfer: Der Lambsheim–Weisenheimer Weidestreit, in: Heimatjahrbuch des Rhein-Pfalz-Kreises, Band 21, (2005), S. 10–13, ISBN 3-931717-09-7
  14. Michael Frey: Versuch einer geographisch-historisch-statistischen Beschreibung des königlich bayerischen Rheinkreises, Band 2, Speyer, 1836, S. 419 u. 420; (Digitalscan)
  15. Alexander Schöppner: Webseite zum Käskönig-Brauch (Memento vom 25. Juni 2015 im Webarchiv archive.today)
  16. Karl Geib: Reisehandbuch durch alle Teile der königlich bayerischen Rheinpfalz, Zweibrücken, 1841, S. 116; (Digitalscan)
  17. Zum Käskönigfest
  18. Webseite zu dem Lambsheimer Kreuz
  19. Arthur Eisenbarth: Des Müllers unglückliche Tochter, in: Heimatjahrbuch des Landkreises Ludwigshafen, Band 3 (1987), S. 57, ISBN 3-922579-23-X
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