Freifrau Franziska „Fanny“ von Arnstein (* 29. November 1758 in Berlin; † 8. Juni 1818 in Baden bei Wien) war eine Wiener Salonnière und Gesellschaftsdame.

Leben

Fanny Arnstein, geb. Vögele Itzig, stammte aus einer reichen jüdischen Familie – ihr Vater Daniel Itzig (1723–1799) war Hoffaktor von Friedrich Wilhelm II. – und genoss daher eine umfassende Erziehung. Durch ihre Heirat mit Nathan Adam von Arnstein, Enkel des kaiserlichen Hoffaktors Isaak Arnstein, im Jahr 1776 kam sie nach Wien und konnte sich als erste Wiener Jüdin die Führung eines eigenen Literarischen Salons im Sinn der Aufklärung leisten. Ihr Palais Arnstein befand sich am Hohen Markt im ersten Bezirk von Wien. Vor allem während des Wiener Kongresses trafen sich im Hause Arnstein prominente Vertreter aus Diplomatie, Wissenschaft, Kunst und Journalismus. Zudem war Fanny von Arnstein Mitbegründerin der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Felix Mendelssohn Bartholdy war ihr Großneffe, Fanny Hensel ihre Großnichte und Sara Levy ihre Schwester.

Fanny von Arnstein war politisch sehr engagiert. Mit ihrem Mann unterstützte sie den Tiroler Volksaufstand gegen Napoléon.

Fanny von Arnstein war es auch, die 1814 den ersten historisch bezeugten Weihnachtsbaum in Wien aufstellte – eine Tradition, die sie aus Berlin mitgebracht hatte:

„Bei Arnsteins war vorgestern nach Berliner Sitte ein sehr zahlreiches Weihnachtsbaum- oder Christbaumfest. Es waren dort Staatskanzler Hardenberg, die Staatsräte Jordan und Hoffmann, Fürst Radziwill, Herr Bartholdy, alle Anverwandten des Hauses. Alle gebetenen, eingeladenen Personen erhielten Geschenke oder Souvenirs vom Christbaum. Es wurden nach Berliner Sitte komische Lieder gesungen…Fürst Hardenberg amüsierte sich unendlich.“

Sie wurde auf dem Jüdischen Friedhof Währing bestattet. Ihre Gebeine, ebenso wie die aus mehreren anderen Gräbern, wurden in nationalsozialistischer Zeit ausgegraben und angeblich für „wissenschaftliche Zwecke“ ins Naturhistorische Museum Wien überführt. Im Jahr 1947 wurden sämtliche im Naturhistorischen Museum Wien vom Jüdischen Friedhof Währing eruierbaren Skelette der Israelitischen Kultusgemeinde Wien übergeben und in Familiengräbern wiederbestattet. Zu den Wiederbestatteten zählen auch acht Mitglieder der Familie von Arnstein, die zwischen 1785 und 1857 gestorben sein sollen. Es wird angenommen, dass sich auch die sterblichen Überreste von Fanny von Arnstein darunter befinden können. Allerdings liegen weder für die Exhumierung der Gebeine von Fanny von Arnstein noch für deren wissenschaftliche Untersuchung am Naturhistorischen Museum Wien Belege vor. Demnach ist fraglich, ob sie überhaupt unter jenen Relikten waren, die in das Naturhistorische Museum überführt wurden.

Ihre Tochter, Henriette von Pereira-Arnstein (1780–1859), wurde in Wien ebenfalls als Pianistin und Gastgeberin eines Salons bekannt.

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Arnstein, Franziska Freiin von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 1. Theil. Universitäts-Buchdruckerei L. C. Zamarski (vormals J. P. Sollinger), Wien 1856, S. 69 f. (Digitalisat).
  • Gustav Gugitz: Arnstein, Fanny von, Freifrau. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 394 f. (Digitalisat).
  • Hilde Spiel: Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation, Frankfurt am Main 1962.
  • Patricia Steines: Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof Tor I und Tor IV, Falter, Wien, 1993.
  • Maria Teschler-Nicola und Margit Berner: Die anthropologische Abteilung des Naturhistorischen Museums in der NS-Zeit; Berichte und Dokumentation von Forschungs- und Sammlungsaktivitäten 1938-1945. In: Untersuchungen zur Anatomischen Wissenschaft in Wien 1938–1945, Akademischer Senat d. Universität Wien, S. 333–358.
  • Petra Wilhelmy: Der Berliner Salon im 19. Jahrhundert. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 1989.
  • Robert S. Wistrich: Die Juden Wiens im Zeitalter Kaiser Franz Josephs, Wien 1999.
  • Jana Mikota: Jüdische Schriftstellerinnen – wieder entdeckt: Fanny von Arnstein und die Salonkultur des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. In: Medaon 4 (2010), 7 (online).
  • Homa Jordis: Eine Salonière als Mediatorin europäischer Machtpolitik – Erfahrungsräume, Netzwerke und Leitmotive der Fanny von Arnstein in der Zeit vor und während des Wiener Kongresses. Dissertation Universität Wien 2017
Commons: Fanny von Arnstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fanny von Arnstein auf Frauenzimmer in Baden abgerufen am 11. Jänner 2021
  2. Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy (Ed.): Stadtbildverluste Wien - Ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte. LIT Verlag, Wien 2005, S. 103
  3. Sabine Krusen: Kurzbiografie von Fanny von Arnstein. In: Scheinschlag Ausgabe 6/2005.
  4. Eintrag zu Fanny von Arnstein im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
  5. Zum 70. Jahrestag der Novemberpogrome 1938 auf ORF-Religion am 12. November 2008, abgerufen am 23. März 2009.
  6. Hilde Spiel, Fanny von Arnstein, Frankfurt a. M. 1962, S. 434
  7. Patricia Steines, Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof Tor I und Tor IV, Falter, Wien, 1993, S. 318
  8. Maria Teschler-Nicola und Margit Berner, Die anthropologische Abteilung des Naturhistorischen Museums in der NS-Zeit; Berichte und Dokumentation von Forschungs- und Sammlungsaktivitäten 1938-1945. In: Untersuchungen zur Anatomischen Wissenschaft in Wien 1938-1945, Akademischer Senat d. Universität Wien, S. 333–358.
  9. Patricia Steines, Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof Tor I und Tor IV, Falter, Wien, 1993, S. 318
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