Karnevalssitzungen sind Veranstaltungen, die in Karneval, Fastnacht und Fasching stattfinden. Den meistens kostümiert erscheinenden Gästen wird ein buntes Programm aus verschiedenen karnevalistischen Darbietungen geboten: Wortbeiträge, Lieder zum Mitsingen, Musik und Tanzeinlagen.

Ursprung

1823 gründete sich in Köln das „Festordnende Komitee“ (vgl. Festkomitee Kölner Karneval von 1823), um der bis dahin ungeordneten kölnischen Fastnacht eine neue Richtung und einen neuen Inhalt zu geben. Hauptzweck war bei der Gründung, dass der „einstens so berühmte kölnische Carneval ... durch einen allgemeinen Maskenzug erneuert und gefeiert“ werden solle. Die Organisation dieses Karnevalszuges lag beim „Kleinen oder lustigen Rat“; alle zahlenden Mitglieder des Komitees bildeten den „Großen Rat“, der sich in den folgenden Jahren regelmäßig zu „Generalversammlungen“ traf, die ab 1833 „Komiteesitzungen“ genannt wurden. Diese Sitzungen, deren Hauptzweck der Vorbereitung des Karnevalszuges diente, begannen am Neujahrstag bzw. am Dreikönigstag und fanden bis zum Fastnachtssonntag jeden Sonntag von sechs bis zehn Uhr abends statt. Es gab Musik, Getränke, ernste und humorvolle Reden auf dem „Narrenstuhl“, einen von Räten umgebenen Präsidenten, Ordensverleihungen und ab 1827 den Brauch, gleiche Kappen zu tragen: „Gleiche Brüder, gleiche Kappen!“ Daneben entwickelten sich große Bälle.

Veranstalter

Veranstaltet werden Karnevalssitzungen meist von Karnevalsvereinen oder einem Festkomitee bzw. Festausschuss – aber auch von Unternehmen, Verbänden bis hin zu Kirchengemeinden.

Bis vor wenigen Jahren war es Ziel insbesondere der großen Kölner Karnevalsvereine, möglichst viele Formen der Karnevalssitzungen für möglichst viele Zielgruppen anzubieten:

  • Kindersitzung
  • Seniorensitzung
  • Volkssitzung / Milljöhsitzung
  • Damensitzung / Mädchensitzung
  • Herrensitzung
  • Kostümsitzung
  • Prunksitzung / Große Prunksitzung

Nicht zuletzt aufgrund stark gestiegener Eintrittspreise infolge höherer Kosten für Mieten, Genehmigungen, Auflagen und Künstlerhonorare und damit sinkender Zuschauerzahlen kann dies nicht mehr geboten werden. Viele Karnevalsvereine führen daher nur noch ein bis zwei Sitzungen durch oder beschränken sich auf eine Kooperation mit anderen Gesellschaften.

Umfang der Sitzungen

Der Umfang der Karnevalssitzungen ist je nach Veranstalter unterschiedlich, es gibt kleine Sitzungen mit bis zu wenigen hundert Gästen, aber auch Sitzungen mit Tausenden kostümierter Gäste, besonders in den Karnevalshochburgen. Zu der "Lachenden Kölnarena" erscheinen durchschnittlich 10.000 Zuschauer je Sitzung d. h. pro Session bis zu 120.000 Zuschauer.

Mitwirkende und Rollen

Sitzungspräsident

Der Sitzungspräsident/Die Sitzungspräsidentin ist meist, aber nicht zwingend Mitglied des Elferrats. Zu seinen Aufgaben gehören die Programmplanung und -durchführung. Im Kölner Karneval ist es üblich, dass die Programmplanung vom sogenannten Literaten übernommen wird. Der Sitzungspräsident steht im Rampenlicht und kündigt wie ein Conférencier die einzelnen Nummern an.

Elferrat

Oft sitzt auf einem Podium an der Rückseite der Bühne der sogenannte Elferrat mit dem Sitzungspräsidenten oder Schultheiß in seiner Mitte. Diese stehen gemeinsam der Sitzung vor.

Tollitäten

Höhepunkt vieler Karnevalssitzungen ist der Einmarsch des örtlichen Karnevalsprinzen, des Karnevalsprinzenpaars oder des Dreigestirns.

Ballett

Tänze und Choreographien werden von Gardetanzgruppen, Männerballett/Hausfrauenballett, Funken- bzw. Tanzmariechen und Tambourcorps dargeboten.

Büttenredner

Reine Wortbeiträge bezeichnet man als Büttenrede. Hierbei stehen Humor und satirische Kritik an Prominenten und politischen Akteuren aller Ebenen im Vordergrund, in der Tradition des (Hof-)Narren.

„Närrisches Duo“

Hier unterhalten oder „beharken“ sich zwei Protagonisten und spielen sich wechselseitig die Pointen zu. Klassiker dieses Genres waren das Colonia Duett und Fraa Babbisch und Fraa Struwwelisch. Auch fiktive Paare mit Lokalkolorit wie Tünnes und Schäl werden immer wieder auf die Bühne gebracht.

Sänger und Chöre

Die Bandbreite reicht hier von der Gesangssolistin über die Bänkelsänger bis zum großen Chor von hoher musikalischer Qualität (Mainzer Hofsänger). Dargeboten werden Stimmungs-, Trink- und lokalpatriotische Lieder, von den Bänkelsängern auch satirische Stücke.

Show-Gruppen

Show-Gruppen kombinieren in ihren Auftritten die vorgenannten Beitragsformen in unterschiedlicher Gewichtung, bzw. unterhalten das Publikum mit akrobatischen und anderen spektakulären Darbietungen.

Begleitmusik

Die akustische Untermalung übernimmt eine Band oder eine Kapelle. Sie intoniert einen Marsch beim Auftritt der Akteure (z. B. in Mainz der Narrhallamarsch), begleitet die Tanz- und Gesangsnummern und quittiert die Pointen in Büttenreden und Sketchen mit einem Tusch.

In Franken gehört auch der Fränkische Fastnachtmarsch (Es lebe unsere Fasenacht) dazu.

Bei kleinen Veranstaltungen kann die Musik auch von einem Ein-Mann-Orchester, einem Orgelspieler oder von Tonträgern beigesteuert werden.

Gastvereine

In der Regel nehmen an einer Karnevalssitzung auch Vertreter anderer Vereine teil. Gegebenenfalls ergänzen diese auch mit ihrem Elferrat und ausgewählten Akteuren die Veranstaltung.

Ordensverleihung

Nach ihrem Auftritt erhalten die Aktiven oft einen Karnevalsorden. Manchmal werden in einem gesonderten Programmpunkt verdiente Karnevalisten ausgezeichnet.

Verschiedene Arten der Karnevalssitzungen

Vorstellabend

Diese Art der Sitzung findet oft unmittelbar vor Beginn der Faschingszeit statt und dient der Vorstellung des Repertoires und als Probelauf für die Talente eines Vereins für die kommende Session. Mit diesen Präsentationen werden auch Gastauftritte bei anderen Gesellschaften angebahnt.

Prinzenproklamation

Bei einer der ersten Karnevalssitzungen der Session werden der Prinz, das Prinzenpaar oder das Dreigestirn in ihr Amt erhoben und proklamiert. Hierbei erhalten sie ihre Insignien, je nach Region z. B. Zepter, Federn und Orden beim Prinzen, Zepter bei der Prinzessin, Dreschflegel beim Bauern, Spiegel bei der Jungfrau.

Die Prinzenproklamation wurde im Dritten Reich von den Nazis in den Karneval eingeführt und nach dem Zweiten Weltkrieg in ihrer Form beibehalten.

Prunksitzung

Die Prunksitzung ist eine öffentliche „Tagung“ des Elferrates in Form einer Revue. In einigen Orten wird das Motto der Session in der Prunksitzung verkündet und ist oft auch deren Thema. In Wort- und Gesangsbeiträgen werden lokale, regionale und globale Ereignisse des vergangenen Jahres und Prominente persifliert und satirisch überzeichnet. Auch der Gardetanz darf in keiner Prunksitzung fehlen.

Im Gegensatz zu anderen Karnevalsveranstaltungen erscheint der Großteil des Publikums in Abendgarderobe, sofern nicht vom Veranstalter eine Kostümierung erwünscht ist. Heute ist das Erscheinen in Abendgarderobe seltener geworden, die meisten Sitzungen werden in bunter Kostümierung und lockerer Atmosphäre durchgeführt.

Bekannte Fernsehsitzungen

Sonstige Karnevalssitzungen

  • Weibersitzungen, Mädchensitzungen oder auch Damensitzungen: Diese finden außerhalb des Rheinlandes meistens an Weiberfastnacht statt. Im Rheinland sind nur Damen zugelassen.
  • Herrensitzungen, an der nur Männer teilnehmen: Im Gegensatz zu den anderen Sitzungen trägt man bei Herrensitzungen keine Kostümierung; Abendgarderobe wird empfohlen, ist jedoch nicht Pflicht. Im Rheinland waren Herrensitzungen meist deftige Sitzungen ohne Bekleidungsvorschriften, das Programm reichte bis hin zu Striptease-Einlagen und Obszönitäten. In den letzten Jahren wird jedoch mehr Wert auf weniger „Schlüpfrigkeiten“ gelegt.
  • Seniorensitzungen: spezielle Karnevalssitzungen für Ältere
  • Kindersitzungen oder auch Kinderkostümfeste: Sitzungen, bei denen ein kindgerechtes Programm für die Kinder und mit den Kindern dargeboten wird, oft auch mit Spielen und kleinen Wettbewerben.
  • Kostümsitzungen: Sitzungen mit Kostümzwang
  • Fremdensitzungen: Ein überholter, aber immer noch verwendeter Begriff aus dem Kölner Karneval für Sitzungen ohne Kostümzwang und sowohl sprachlich als auch inhaltlich weitestgehend auch für Nicht-Kölner verständlich. Dennoch waren immer überwiegend Einheimische im Saal.
  • Miljöhsitzungen: meist familienfreundliche Sitzung mit nicht zu hohen Eintritts- und Getränkepreisen und ohne Weinzwang
  • Närrische Wein- bzw. Bierprobe: In Franken werden hierbei Wein oder Bier verköstigt, zwischen den einzelnen Proben werden kleinere Sketche und Büttenreden aufgeführt.
  • Trockensitzung: eine Sitzung in Koblenz, bei der die Getränke und gfs. Speisen nicht vom Veranstalter bezogen werden müssen, sondern mitgebracht werden dürfen, entstanden unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg im Karneval der Kolpingsfamilie, als die Selbstversorgung beim Karneval unumgänglich war.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Peter Fuchs, Max Leo Schwering: Kölner Karneval. Zur Kulturgeschichte der Fastnacht. Greven Verlag, Köln 1972, ISBN 3-7743-0089-5, S. 54–75; Manfred Becker-Huberti: Feiern, Feste, Jahreszeiten. Lebendige Bräuche im ganzen Jahr. Herder-Verlag, Freiburg-Basel-Wien 2001, ISBN 3-451-27702-6, S. 203.
  2. Express-Forum, Wutrede gegen den Kommerz-Karneval, 2009, abgerufen am 6. November 2013(Archivierte Kopie (Memento vom 26. Mai 2016 im Internet Archive))
  3. rp-online.de: Das kosten die Stars im Karneval. 15. Februar 2009, abgerufen am 6. November 2013()
  4. Die braunen Schatten des Karnevals (Memento vom 11. Februar 2010 im Internet Archive). Westdeutscher Rundfunk Köln, 8. Februar 2010.
  5. Koelsche-Fastelovend-Archiv 1. Miljöhsitzung K.G. Kölsche Grielächer 13. Februar 2011, abgerufen am 9. November 2013()
  6. Koblenzer Trockensitzung (Homepage, kk-funken-rot-weiss.de zur Geschichte der Trockensitzung (Memento vom 4. Februar 2016 im Internet Archive)).
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