Ferdinand Heribert Graf von Galen (* 31. August 1831 in Münster; † 5. Januar 1906 in Dinklage) war Politiker der Zentrumspartei.

Familie

Galen gehörte dem alten westfälischen Adelsgeschlecht Galen an und entstammte einer tief religiösen Familie. Er wurde als viertes von 13 Kindern geboren und wuchs auf dem Familiensitz, der Burg Dinklage im Oldenburger Münsterland, auf. Seine Eltern waren der Erbkämmerer Johann Matthias Graf von Galen (1800–1880) und Anna geb. Freiin von Ketteler zu Harkotten (1803–1884), die Schwester des Sozialpolitikers und Mainzer Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811–1877).

Am 7. Mai 1861 heiratete er die Reichsgräfin Elisabeth Friederike von Spee (1842–1920), eine Tochter des Hofbeamten August von Spee. Dieser war in zweiter Ehe mit Ferdinands Schwester Maria Anna (1826–1939) verheiratet. Ferdinands Frau Elisabeth brachte dreizehn Kinder zur Welt: Elisabeth Ferdinanda (1862–1870), Maria Anna (1863–1930, Ordensschwester), Friedrich Mathias von Galen (1865–1918, Reichstagsabgeordneter), August Graf von Galen (1866–1912, Landrat, ⚭ 1896 Gräfin Livina von Korff gen. Schmising), Maria Franziska Christina (1869–1938 in St. Louis, Ordensschwester), Maria Franziska Elisabeth (1869–1876), Wilhelm Emanuel von Galen (1870–1949, Augustinermönch), Maria Gertrud Agnes (1872–1943, ⚭ 1901 Conrad Freiherr von Wendt), Joseph Ferdinand Hubert (1873–1876), Maria Paula Antonia (* 1876; † 1923, Ordensschwester), Clemens August Graf von Galen (1878–1946, Bischof von Münster und Kardinal), Franz von Galen (1879–1961, Gutsverwalter und Politiker) und Maria Monika von Galen (1886–1896).

Leben und Wirken

Galen besuchte die Rheinische Ritterakademie in Bedburg, dann das Gymnasium in Münster und studierte anschließend Rechtswissenschaften in München, Löwen und Bonn. Verschiedene Reisen führten ihn nach Frankreich, Italien und Spanien. 1849 begann er eine militärische Laufbahn im 1. Garde-Ulanen-Regiment. 1853 trat er ins 11. Husaren-Regiment in Düsseldorf ein, und schied 1858 als Premierleutnant des 13. Landwehr-Regiments in Warendorf aus. In der Folgezeit arbeitete von Galen in der Verwaltung des Familienbesitzes in Dinklage. Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 war er Kriegsteilnehmer.

Zwischen 1872 und 1875 war er Mitglied des Oldenburgischen Landtages. Von 1874 bis 1903 war er Mitglied des Reichstages für die Zentrumspartei. Er vertrat als Abgeordneter den Reichstagswahlkreis Großherzogtum Oldenburg 3 (Delmenhorst–Vechta–Cloppenburg). Von 1898 bis 1903 war von Galen Mitglied des Fraktionsvorstandes.

Im Jahr 1880 übernahm er dann die Familiengüter in Oldenburg und Westfalen und arbeitete neben seiner Tätigkeit im Reichstag führend in mehreren katholischen Organisationen und Vereinen mit. Von Galen war 1883 Vizepräsident und ab 1893 Präsident des Deutschen Katholikentages. Außerdem war er seit 1890 Vorstandsmitglied des Volksvereins für das katholische Deutschland, gehörte dem Verein katholischer Edelleute sowie dem Mainzer Verein deutscher Katholiken an. Zwischen 1898 und 1906 war von Galen Vorsitzender des Provinzialkomitees der Zentrumspartei in Westfalen.

Von politischer Bedeutung war der im Reichstag 1877 eingebrachte „Antrag Galen“, in dem sich Galen hinter Forderungen zum Arbeiterschutz und zur Sonntagsruhe stellte. Urheber dieses Antrags war allerdings der westfälische Zentrumspolitiker Burghard von Schorlemer-Alst, dessen Vorschläge von einer kleinen Gruppe von Abgeordneten redigiert wurden. Auf seinen Vorschlag hin beauftragte die Zentrumsfraktion Galen, aufgrund seines hohen Ansehen auch bei den übrigen Parteien, mit der Einbringung des Antrages. Der Antrag wurde am 19. März 1877 im Reichstagsplenum eingebracht. Neben dem Verbot der Sonntagsarbeit enthielt der Antrag auch Forderungen zu Einschränkungen der Kinder- und Frauenarbeit, Einschränkung der Gewerbefreiheit, Einführung korporativer Organisationen im Handwerk und Schutz der Familie. In der Begründung des Antrages entwickelte Galen sein christlich-ethisch sozial-romantisch verklärtes Weltbild. Die Forderungen wurden von der Regierung und den sie stützenden Parteien als Angriff auf die bisherige Wirtschaftspolitik aufgefasst und eine weitere Prüfung und eine Behandlung im zuständigen Reichstagsausschuss abgelehnt. Wenn der „Antrag Galen“ damit auch keine unmittelbaren praktischen Ergebnisse hervorbrachte, stand er jedoch am Beginn der Sozialpolitik der Zentrumspartei.

Ehrungen und Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. 1 2 Michael Hirschfeld: Galen, Ferdinand Heribert Graf von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 31, Bautz, Nordhausen 2010, ISBN 978-3-88309-544-8, Sp. 477–481.
  2. Eckhard Hansen, Florian Tennstedt: Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik. Kassel 2010, S. 57.
  3. Fritz Specht, Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Auflage. Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 278.
  4. Abgedruckt In: Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, I. Abteilung: Von der Reichsgründungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft (1867-1881), 3. Band: Arbeiterschutz, bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Stuttgart u. a. 1996, Nr. 102.
  5. Karl Gabriel, Hermann-Josef Grosse Kracht: Franz Hitze (1851–1921), Sozialpolitik und Sozialreform. Schöningh, 2006, ISBN 3506729209, S. 20 (Digitalisat)

Literatur

  • Galen, Ferdinand Heribert Graf von. In: Eckhard Hansen, Florian Tennstedt (Hrsg.) u. a.: Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945. Band 1: Sozialpolitiker im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Kassel University Press, Kassel 2010, ISBN 978-3-86219-038-6, S. 57 (Online, PDF; 2,2 MB).
  • Michael Hirschfeld: Glaube und Adelsstand als Motivation für politisches Engagement – zur Biographie der Reichstagsabgeordneten Ferdinand Heribert (1831-1906) und Friedrich Matthias von Galen (1865-1918). In: Jahrbuch für das Oldenburger Münsterland 2012 (Hrsg.: „Heimatbund für das Oldenburger Münsterland“). Vechta 2011. S. 49–72
  • Galen, Ferdinand Heribert Ludwig Maximus Antonius Hubertus Maria Graf von. In: Hans Friedl u. a. (Hrsg.): Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg. Hrsg. im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft. Isensee, Oldenburg 1992, ISBN 3-89442-135-5, S. 222–223 (online).
Commons: Ferdinand Heribert von Galen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.