Flagge von Belarus
Vexillologisches Symbol:
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Offiziell angenommen:7. Juni 1995

Die derzeitige Flagge von Belarus wurde am 7. Juni 1995 nach einem Referendum angenommen und zuletzt am 10. Februar 2012 modifiziert. Sie ist angelehnt an die letzte Flagge während der Zeit als Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik und ersetzte die weiß-rot-weiße Flagge, die nach der Unabhängigkeit des Landes von der Sowjetunion wieder eingeführt worden war. Letztere war 1917 die erste Flagge von Belarus und ist seit den Protesten im Jahr 2020 wieder zum Symbol der Demokratiebewegung geworden.

Beschreibung

Die Nationalflagge folgt seit 1995 wieder stärker dem Aussehen der Flagge der vormaligen Weißrussischen Sowjetrepublik (BSSR). Lediglich auf die Darstellung von Hammer und Sichel wurde verzichtet.

Das dekorative Muster am linken Rand ist ein 1917 von der Bäuerin Matrona Markewitsch gesticktes Ornament, das als „aufgehende Sonne“ bekannt wurde. Mit der Begründung, es handele sich dabei um ein typisches Motiv der belarussischen Volkstracht, wurde es 1951 in die neue Flagge der damaligen BSSR eingefügt und für die 1995 eingeführte Flagge der Republik Belarus als Negativbild, also in der umgekehrten Farbgebung, übernommen.

Nach dem Referendum zur Einführung der jetzigen Staatssymbole 1995, wurde ein Wettbewerb ausgerufen, in dem Bürger weltweit aufgerufen waren, der neuen Flagge nachträglich eine „umfassende Auslegung des Sinnes und der Bedeutung der […] jetzigen Symbole der Republik Belarus […]“ zuzuschreiben. Durch eine Zusammenarbeit zwischen Teilnehmern des Wettbewerbes und der Jury, die unter anderem aus dem Leiter des staatlichen Heraldikkomitees, zwei Historikern und einem Künstler bestand, wurde den Farben der Flagge nachträglich folgende Bedeutung zugeschrieben: Die Farbe Rot sei „die Farbe des Sieges der belarussischen Truppen bei Grunwald, der Roten Armee und der Partisanen, die Belarus von den Faschisten und Kollaborateuren befreiten.“ Grün „verkörpere Hoffnung, Frühling und Neubeginn und sei die Farbe der belarussischen Wälder“.

Weitere Flaggen

Historische Flaggen

Vorgeschichte

Die Ursprünge der weiß-rot-weißen Flagge werden häufig auf das Großfürstentum Litauen zurückgeführt. Einer Legende zufolge soll während einer Schlacht ein verwundeter Ritter sein blutdurchtränktes weißes Tuch, das um seinen Kopf gebunden war, als Banner benutzt haben, um seine Truppen anzuführen. Die Farbe weiß wird als Symbol für den menschlichen Geist und rot als Symbol für das Blut Jesu Christi gedeutet. Einige Forscher berichten, dass die Flagge während der Schlacht bei Orscha 1514 von der litauischen Kavallerie verwendet wurde, was jedoch umstritten ist.

1917 bis 1919

Nach der Abdankung des russischen Zaren Nikolaus II. 1917 wurde von der belarussischen Unabhängigkeitsbewegung eine vom Architekten Klaudsij Dusch-Duscheuski entworfene weiß-rot-weiße Flagge verwendet. Unter dieser Flagge wurde im Dezember 1917 in Minsk der Erste Allbelarussiche Kongress abgehalten. Die im darauffolgenden Jahr gegründete Weißruthenische Volksrepublik verwendete ebenfalls dieses Symbol.

Das Belarussische Nationalkomitee erklärte mit der Unabhängigkeitserklärung vom 25. März 1918 die Entscheidung folgendermaßen: Aufgrund der Tatsache, dass die belarussische Volkskunst von weißen und roten Ornamenten dominiert wird, gilt es, diese Farben in der belarussischen Nationalflagge zu verwenden. So hat der Ausschuss entschieden, dass die Fahne aus drei horizontalen Streifen bestehen soll: weiß, rot und weiß in gleichen Breiten und die Länge soll doppelt so groß sein wie die Breite.

1919 bis 1937

Nach einem erfolgreichen kommunistischen Putsch im Jahr 1919 wurde zunächst eine einfarbig rote Flagge für die Litauisch-Weißrussische SSR eingeführt. Mit dem Entstehen der alleinigen Weißrussischen SSR wurden im linken Obereck die goldenen Initialen „SSRB“ in kyrillischer Schrift hinzugefügt. Von 1919 bis 1925 verwendete die Exilregierung der Weißrussischen Volksrepublik eine weiß-schwarz-rot-schwarz-weiß quergestreifte Flagge.

Die weiß-rot-weiße Flagge wurde in der Zwischenkriegszeit aktiv von der in Polen lebenden belarussischen Minderheit verwendet.

1937 bis 1951

1937 wurden die Buchstaben in „BSSR“ verdreht und dazu wurde die Flagge um einen goldenen Hammer, eine goldene Sichel und einen roten Stern erweitert. In den 1940ern wurden diese Symbole wieder entfernt und ein Goldrand wurde stattdessen hinzugefügt.

Während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg war die Verwendung der weiß-rot-weißen Flagge sowie des Pahonja-Wappens erlaubt, um ein gewisses Maß an Loyalität bei der belarussischen Bevölkerung zu erreichen. Infolgedessen benutzen kollaborationistische Institutionen wie der Weißruthenische Zentralrat oder das Weißruthenische Jugendwerk, die sich eine Wiederbelebung der belarussischen Kultur erhofft haben, diese Fahne. Dies führte dazu, dass die Sowjetunion später Gründe für politische Spekulationen bezüglich dieser Symbole finden konnten. Der Entwickler der weiß-rot-weißen Fahne selbst, Klaudsij Szjapanawitsch Dusch-Duscheuski, verweigerte jedoch die Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden, so dass er – auch wegen Unterstützung von Juden – 1943 verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht wurde.

Befürworter der weiß-rot-weißen Flagge argumentieren, dass kollaborationistische Institutionen in Belgien, Lettland, Litauen, Norwegen, den Niederlanden, Russland, der Ukraine, Frankreich, Estland und diversen anderen Ländern ebenso ihre jeweilige Nationalflagge verwendet haben.

1951 bis 1991

Am 25. Dezember 1951 führte die BSSR eine neue vom russischen Künstler Michail Gusew entworfene Flagge ein. Diese ähnelte der heutigen, allerdings war links oben im roten Feld wieder Hammer und Sichel mit Stern zu sehen; die Rückseite der Flagge enthielt kein Symbol. Im Gegensatz zur heutigen Flagge erschien das Ornament Weiß auf Rot anstatt Rot auf Weiß.

1991 bis 1995

Kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion wurde am 19. September 1991 auf Initiative der Partyja BNF wieder die weiß-rot-weiße Flagge die Nationalflagge von Belarus. Mit der Wahl des Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka 1994 wurde wieder ein sozialistischer Kurs angestrebt und so wurden ein Jahr später neue Staatssymbole eingeführt, die stark an die Sowjetzeit erinnern. Lukaschenkas Hauptargument war hierbei, dass die weiß-rot-weiße Flagge während des Zweiten Weltkriegs von Kollaborateuren verwendet worden ist.

Seit 1995

Infolge eines Referendums1 kehrte Belarus 1995 zu einem Flaggendesign zurück, das in weiten Teilen der letzten Flagge der Weißrussischen SSR entsprach. Unterschiede bestanden darin, dass der rote Stern sowie Hammer und Sichel nicht weiter verwendet wurden, und in der Farbgebung des Ornaments (Rot auf Weiß anstatt Weiß auf Rot). Dieses Design war bis zur Veröffentlichung des Dekrets СТБ 911-2008 gültig und unterscheidet sich vom heute gültigen nur dadurch, dass das Ornament heute den Streifen am linken Rand voll ausfüllt, während bis 2012 das Ornament ein Zwölftel der Länge, der Streifen aber ein Neuntel der Länge ausgemacht hat.

Seit 1995 herrscht ein Flaggenstreit: Die Opposition gegen die Präsidentschaft Lukaschenkas, insbesondere das nationaldemokratische Lager, lehnt die aktuelle Flagge ab und zeigt stattdessen weiter die alte weiß-rot-weiße. Gleiches gilt bezüglich des Wappens, wobei die Opposition das traditionelle Pahonja (Reiter mit Schwert) anstelle des offiziellen, sowjetisch anmutenden Emblems als Nationalsymbol verwendet.

1 
Die Abstimmungsfrage war nicht eindeutig formuliert: Die Frage war, ob „die alten Symbole“ wieder eingesetzt werden sollen. Hierbei war unklar, welche „alten“ gemeint sein sollen: die „alten (kommunistischen)“ (nach Lesart Lukaschenkas) – und nicht die „alten (vorkommunistisch historischen)“ (nach Lesart der Opposition).

Siehe auch

Literatur

  • Dmitri Semuschin: Wappen und Staatssymbolik der Weißrussen vom Mittelalter bis in die Gegenwart. In Rainer Lindner: Handbuch der Geschichte Weissrusslands. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 49–66.

Einzelnachweise

  1. Elena Temper: Belarus verbildlichen. Staatssymbolik und Nationsbildung seit 1990. Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar 2012, S. 168.
  2. Elena Temper: Belarus verbildlichen. Staatssymbolik und Nationsbildung seit 1990. Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar 2012, S. 170.
  3. The flag of Belarus auf minsktours.by
  4. 1 2 50 фактаў за бел-чырвона-белы сцяг. Abgerufen am 23. September 2020.
  5. 1 2 3 4 5 National Symbols in Belarus: the Past and Present. (Nicht mehr online verfügbar.) In: belarusdigest.com. 6. März 2010, archiviert vom Original am 26. Dezember 2016; abgerufen am 26. Dezember 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (englisch)
  6. 1 2 3 White-Red-White flag: The true Belarusian symbol or a sign of the opposition? Abgerufen am 23. September 2020.
  7. Дуж-Душевский Клавдий Степанович (Memento des Originals vom 8. Oktober 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (abgerufen am 19. Dezember 2016).
  8. Dmitri Semuschin: Wappen und Staatssymbolik der Weißrussen vom Mittelalter bis in die Gegenwart. 2001, S. 62.
  9. Ingo Petz: Aufbruch durch Musik – Kulturelle Gegenelite in Belarus. In: Osteuropa Nr. 1/2007, S. 49–56, auf S. 51.
  10. Boris Meissner: Die Ukraine und Belarus in der Transformation. Eine Zwischenbilanz. Verlag Wissenschaft und Politik, 2001, S. 134.
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