Graf Franz Anton von Kolowrat-Liebsteinsky (tschechisch František Antonín Kolovrat-Libštejnský) (* 31. Jänner 1778 in Prag; † 4. April 1861 in Wien) war ein böhmischer Adeliger und österreichischer Staatsmann, der als gemäßigt Liberaler zum Gegenspieler von Fürst Metternich auf dem Wiener Kongress wurde, obwohl beide das österreichische Kaiserreich vertraten. Kolowrat war Mitglied des Regentschaftsrates für Kaiser Ferdinand I.
Leben
Graf Franz Anton Kolowrat-Liebsteinsky entstammte einem Geschlecht des böhmischen Hochadels. Seine Eltern waren František Josef II. von Kolowrat-Liebsteinsky (* 17. Dezember 1747; † 28. September 1825) und dessen Ehefrau Kateřina Krakovská z Kolovrat (* 2. November 1748; † 16. Juni 1812).
Da er österreichischer Beamter aus Böhmen war, wurde er zum Oberstburggrafen von Prag ernannt. Dieses Amt entsprach dem Titel eines österreichischen Statthalters von Böhmen. Er war zeitlebens ein großer Bewunderer und Förderer der böhmisch-tschechischen Kultur, deren Entfaltung er in den Jahren 1809 bis 1826 stark förderte. Aber nicht nur die Kultur, auch das böhmische Nationalbestreben fand die Zustimmung des Grafen Kolowrat-Liebsteinsky. Franz Anton wurde aber nicht nur als Provinzbeamter benötigt, unter Kaiser Franz I. und Ferdinand I. war er der Finanz- und Verwaltungsexperte schlechthin.
Als er 1826 von seinem Statthalterposten abkommandiert wurde, machte ihn Kaiser Franz I. zum Staatsminister. Graf Franz Anton hatte somit weitgehend die innenpolitischen Geschicke Österreichs zu leiten. Franz Anton war vom 12. Dezember 1836 bis zur Märzrevolution am 13. März 1848 Mitglied der österreichischen Geheimen Staatskonferenz. Der als liberal geltende Politiker war für die Innenpolitik und für die Finanzen zuständig.
Als Kaiser Franz I. im Jahre 1835 verstarb, bestieg dessen geistig zurückgebliebener Sohn als Ferdinand I. den österreichischen Thron. Die Regentschaft wurde von der Geheimen Staatskonferenz ausgeübt, in der die beiden Staatsmänner Metternich und Kolowrat-Liebsteinsky tonangebend waren. Doch die Differenzen, die zwischen Staatskanzler und Staatsminister bestanden, brachten die Innenpolitik Österreichs weitgehend zum Erliegen. Dieser Stillstand war charakteristisch für die Epoche des Vormärz.
Als Folge der Märzrevolution 1848 musste der aufgrund seiner stoisch-konservativen Haltung verhasste Fürst Metternich zurücktreten und es wurde ein Ministerrat gebildet, an dessen Spitze Graf Kolowrat-Liebsteinsky berufen wurde. Er war damit der erste konstitutionelle Ministerpräsident der österreichischen Monarchie. Dieses Amt bekleidete er aber nur vom 20. März bis zum 19. April des Jahres 1848. Danach zog er sich auf seinen Besitz Rychnov nad Kněžnou zurück.
Graf Kolowrat-Liebsteinsky förderte die tschechische Kultur, war Präsident der königlich böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften und Gründer des späteren Nationalmuseums, dem er seine mineralogische Sammlung und Bibliothek schenkte.
Seine Ehe mit Maria Rosa Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau (* 22. Mai 1780; † 16. März 1842) blieben ohne Nachkommen, so dass mit seinem Tod die Linie Kolowrat-Liebsteinsky ausstarb.
Der heutige Schubertring, Teil der Wiener Ringstraße, war 1862–1928 nach dem (ab 1869 abgerissenen) Palais des Grafen an der Schwarzenbergstraße Kolowratring benannt.
Träger der Orden
(Quelle:)
- Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies
- Großkreuz des Leopold-Ordens
- Ritter des Ordens des Heiligen Andreas
- Ritter des Hausordens der Rautenkrone
- Ritter des Ordens der Heiligen Anna I. Klasse
- Ritter des Ordens des Heiligen Wladimir
- Ritter des Ordens vom Weißen Adler
- Ritter des Alexander-Newski-Ordens
- Großkreuz des Ordens des heiligen Johannes von Jerusalem
Literatur
- Graf Kolowrat. In: Illustrirte Zeitung. Nr. 15. J. J. Weber, Leipzig 7. Oktober 1843, S. 226–227 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- Constantin von Wurzbach: Kolowrat-Liebsteinsky, Franz Anton Graf. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 12. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1864, S. 392–396 (Digitalisat).
- Franz Freiherr von Sommaruga: Kolowrat-Liebsteinsky, Franz Graf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 488–491.
- Walter: Kolowrat-Liebsteinsky Franz Anton Graf von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 4, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1969, S. 97.
- Adam Wandruszka: Kolowrat-Liebsteinský, Franz Anton Graf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 474 f. (Digitalisat).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Handbuch der pathologischen Anatomie, von Freiherr von Karl Rokitansky, Veröffentlicht 1846, Wien, Braunmüller und Seidel