Als Freispiegelleitung (in Tunnelform auch Freispiegelstollen oder Spiegelstollen) wird eine Rohrleitung bzw. ein Abschnitt einer solchen bezeichnet, in der Wasser gemäß dem Gesetz der Schwerkraft von einem höher gelegenen Anfangspunkt zu einem tiefer gelegenen Endpunkt gelangt, wobei der Leitungsquerschnitt in der Regel nicht voll durchflossen wird, sodass im Gegensatz zu einer Druckrohrleitung oder zu einem Druckstollen über die gesamte Länge eine Flüssigkeits-Luft-Grenzfläche bleibt, der freie Spiegel. Die Leitung wird also von der Flüssigkeit nicht vollständig ausgefüllt, sondern enthält zusätzlich ein Luftvolumen, das am oberen Ende der Freispiegelleitung beginnt und sich, abhängig von Druck und Gaslöslichkeit, mehr oder weniger weit nach unten erstreckt.
Da die Flüssigkeit in einer Freispiegelleitung allein durch die Schwerkraft angetrieben wird, bezeichnet man die Freispiegelleitung auch als Gravitationsleitung. Gravitationsleitungen transportieren in der Regel Wasser (Abwasser) unter Ausnutzung des freien Gefälles ohne zusätzliche Energie von einem Punkt A zum Punkt B. Die bei heutigen Rohrleitungen ansonsten übliche Druckanhebung zu Beginn der Leitung (Pumpenförderung) oder Druckabsenkung im Auslaufbereich (Vakuumentwässerung) ist bei ausreichender Energiehöhe nicht erforderlich.
Bekannt sind die heute noch in Teilen erhaltenen Fernwasserleitungen der Griechen und Römer in der Antike, die als Aquädukte bezeichnet und zumindest außerhalb der Siedlungen als Freispiegelleitungen ausgeführt wurden.
Anwendung
- Kanalisation und andere Entwässerungsanlagen
- Zulauf Kläranlage
- Abwasserleitungen – hier bedeutet es, dass das Abwasser ohne Pumpen im freien Gefälle zur Kläranlage gelangen kann
- Hochbehälter Wasserversorgung
- Brunnenwasserversorgung
- Wasserkraftwerke
- Qanate
- Aquädukte
Literatur
- H.-B. Horlacher, H.-J. Lüdecke: Strömungsberechnung für Rohrsysteme. Expert verlag, Renningen, ISBN 3-8169-2448-4
Weblinks
- Freispiegelleitung. haustechnikdialog.de