Ghillebert de Lannoy (* 1386; † 1462) war ein französischer Edelknecht, später Ritter, der zu Beginn des 15. Jahrhunderts an mehreren militärischen Auseinandersetzungen während des Hundertjährigen Krieges beteiligt war. Er ist einer der Augenzeugen der Schlacht von Azincourt.
Ghillebert de Lannoy entstammte dem flämischen Adelsgeschlecht Lannoy (frz.: Maison de Lannoy). Seine militärische Karriere begann im Jahre 1399. Er war an einem französischen Überfall auf die Isle of Wight beteiligt. Ein weiterer Überfall erfolgte 1400 auf Falmouth. Von 1403 bis 1408 stand er im Dienst von Jehan Werchin, dem Seneschal von Hainault, und begleitete ihn auf einen Kreuzzug in den Osten, auf ein Turnier in Valencia und während eines Feldzuges gegen die Mauren in Spanien. 1408 und 1412 diente er auf Feldzügen des Herzog von Burgund. Er war aber auch Feldzügen in Spanien und den Litauerkriege des Deutschen Ordens beteiligt. Dort wurde er in den Ritterstand erhoben. Er geriet während einer Wallfahrt nach St. Patrick in englische Gefangenschaft. Sein Lösegeld wurde durch den Herzog von Burgund bezahlt.
Ghillebert de Lannoy gehörte zu den überlebenden Franzosen der Schlacht von Azincourt im Jahre 1415. Er wurde dabei am Knie und am Kopf verwundet, aber von englischen Truppenangehörigen unter Toten des Schlachtfelds hervorgezogen. Er berichtete später, er sei mit zehn bis zwölf Gefangenen in einer Hütte eingesperrt worden. Diese sei angezündet worden, als Heinrich V. den Befehl gab, die französischen Gefangenen zu töten. Der Befehl wurde erteilt, als der Herzog von Brabant mit einem kleinen Gefolge auf dem Schlachtfeld eintraf. Sein Bericht ist wesentlich, weil es ansonsten nur die Berichte der Chronisten über diesen Vorfall während der Schlacht von Azincourt gab.
Zusammen mit seinem Bruder Hugues de Lannoy war Ghillebert 1430 ein Gründungsmitglied des Ordens vom goldenen Vlies.
Für die Erziehung des jungen Karls des Kühnen (1433–1477), des Sohnes des Herzogs von Burgund, schrieb er den Fürstenspiegel Instruction d'un jeune prince pour se bien gouverner envers Dieu et le monde.
Quellen
- Oeuvres de Ghillebert de Lannoy, voyageur, diplomate et moraliste. Recueillies et publiées par Charles Potvin. Avec des notes géographiques et une carte par Jean-Charles Houzeau, Louvain 1878. Biogramm des Herausgebers mit PDF des Textes
- Aus den Voyaiges de Guillbert de Lannoy. Hrsg. von Ernst Strehlke, in: Scriptores rerum Prussicarum 3, Leipzig 1866, S. 443–452. Auszug.
Literatur
- Petras Klimas: Ghillebert de Lannoy in Medieval Lithuania. Voyages and Embassies of an Ancestor of one of America’s Great Presidents. The Lithuanian American Information Center, New York NY 1945.
- Juliet Barker: Agincourt. The King – The Campain – The Battle. Reprinted edition. Abacus, London 2010, ISBN 978-0-349-11918-2.
- Raphaël de Smedt (Hrsg.): Les chevaliers de l’ordre de la Toison d’or au XVe siècle. Notices bio-bibliographiques (= Kieler Werkstücke. Reihe D: Beiträge zur europäischen Geschichte des späten Mittelalters. 3). 2ème édition, entièrement revue et enrichie. Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2000, ISBN 3-631-36017-7, S. 26–29.
- Eef Overgaauw: Zwei französische Fürstenspiegel. Bibliotheksmagazin der Staatsbibliotheken Berlin und München, 39. Ausgabe, Oktober 2018.