Gojko Mitić (serbisch-kyrillisch Гојко Митић; * 13. Juni 1940 in Strojkovce bei Leskovac, Königreich Jugoslawien, heute Serbien) ist ein deutsch-serbischer Schauspieler und Regisseur. Große Popularität erlangte er in der DDR als Hauptdarsteller historischer und fiktiver Indianerpersönlichkeiten zahlreicher DEFA-Indianerfilme. In Ostdeutschland war er zeitweise als „DEFA-Chefindianer“, in der Bundesrepublik als „Winnetou des Ostens“ bekannt. Karl Mays Winnetou spielte Mitić ausschließlich bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg, nie in einem Spielfilm.

Leben

Mitić entstammt einer Bauernfamilie aus einem Dorf an der Veternica im Süden Serbiens. Da sein Vater Živojin am Befreiungskampf jugoslawischer Partisanen im Zweiten Weltkrieg teilnahm, wuchs er mit seinem Bruder Dragan bei seinen Großeltern auf. Nach seiner Schulausbildung, bei der er auch vier Jahre in Deutsch unterrichtet wurde, begann Mitić, 20-jährig, an der Sporthochschule in Belgrad Sport zu studieren. Während seines Studiums knüpfte er erste Kontakte zum Film. Zu dieser Zeit wurden in Jugoslawien viele internationale Filme produziert, deren Komparsen hauptsächlich Studenten der Belgrader Sporthochschule waren.

Ab 1961 trat Mitić verstärkt als Stuntman in italienischen und britischen Filmen auf. 1963 erhielt er eine winzige Rolle in dem von Artur Brauner produzierten Karl-May-Film Old Shatterhand. Beeindruckt von seiner athletischen Erscheinung ermöglichte man ihm, nach der Rialto-Produktion Winnetou 2. Teil im nächsten Film der Serie in Unter Geiern eine größere Rolle als Häuptlingssohn Wokadeh zu übernehmen. Hier erschien sein Name im Abspann noch eingedeutscht als „Georg Mitic“.

Dann begann auch die DEFA in Jugoslawien DEFA-Indianerfilme zu drehen: 1966 spielte Mitić als Lakota-Häuptling Tokei-ihto in Die Söhne der großen Bärin seine erste Hauptrolle. Den Film sahen im Kino 9 Millionen DDR-Bürger. Damit begann seine Filmkarriere vor allem in der DDR, wo er eine außerordentliche Popularität erreichte. So spielte er 1967 den Mohikaner Chingachgook, 1968 und 1969 den Dakota-Häuptling Weitspähender Falke, 1970 den Shoshonen Shave Head, 1971 den Seminolen Osceola, 1972 den Shawnee Tecumseh, 1973 und 1974 den Apachenhäuptling Ulzana, 1975 den Cheyenne Harter Felsen, 1978 den Manzanero-Indianer Severino und 1983 den Nez Percé Weiße Feder.

Außer in Osteuropa wurde Mitić auch in Afrika und Asien durch die DEFA-Filme bekannt. Bis 1975 stand er jährlich für mindestens einen Film vor der Kamera, wobei er fast ausschließlich Indianerhäuptlinge verkörperte. Um seinen leicht hörbaren Akzent zu vermeiden, wurde Mitić, obwohl er fließend deutsch spricht, synchronisiert. Dass er, wie etwa am laufenden Pferd und in diversen anderen Szenen, als Schauspieler wohl wirklich alle Stunts selbst ausführte, verlieh seiner Darstellung der Heldengestalt ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit.

1976 huldigte ihm die DDR-Rockgruppe Express in ihrem Song Ein Wigwam steht in Babelsberg. Ab Sommer 1976 war Mitić erstmals mit der Rolle des Spartacus im Harzer Bergtheater Thale zu sehen. Dort spielte er bis 1984 meist Abenteuerstücke, die auch für das Fernsehen der DDR aufgezeichnet wurden.

Mitić drehte jedoch nicht nur Indianerfilme. Er spielte im Theater, zeitweise stand er auch für Science-Fiction- (Signale – Ein Weltraumabenteuer) und Fernsehproduktionen (Archiv des Todes, Front ohne Gnade) vor der Kamera. Dabei war mehrmals Renate Blume seine Filmpartnerin, mit der er in den 1970er Jahren einige Jahre zusammenlebte. Neben der Schauspielerei trat Mitić auch als Sänger (1977 mit Löscht das Feuer (Musik: Arndt Bause), 2010 von Engel B. in modernerem Gewand neu aufgelegt; 1978 mit Ein Mann kann viel erzählen) und Moderator (Ein Kessel Buntes, Gong) auf. Von 1981 bis 1989 führte er Regie bei fünf Filmen der Kinderserie Jan und Tini, zu der er auch die Drehbücher geschrieben hatte.

1988 übernahm er in dem zweiteiligen DEFA-Fernsehfilm Präriejäger in Mexiko nach Romanmotiven von Karl May seine letzte Indianerrolle für das Fernsehen der DDR.

Nach der Wende spielte Mitić wieder kleinere Rollen (Der Kinoerzähler, Burning Life, Helden wie wir); ab 1992 übernahm er als Nachfolger von Pierre Brice bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg die Rolle des Winnetou. Am 10. September 2006 gab Mitić nach insgesamt 15 Spielzeiten und 1024 Aufführungen seine vorerst letzte Vorstellung. Passenderweise wurde in diesem Jahr Winnetou III gespielt, in dem Winnetou schließlich stirbt. Sieben Jahre später kehrte Mitić in der Rolle des Intschu tschuna, des Vaters seiner einstigen Figur, nach Bad Segeberg zurück.

Von 2007 bis 2009 spielte Mitić im Schweriner Staatstheater den Häuptling Bromden in dem Stück Einer flog über das Kuckucksnest. Am selben Theater spielte er bei den Schlossfestspielen 2009 die Hauptrolle in einem Musical nach dem Roman Alexis Sorbas von Nikos Kazantzakis.

2012 trat Gojko Mitić u. a. mit Uwe Jensen mit „Musik am Lagerfeuer“ beziehungsweise „Weihnachten am Lagerfeuer“ auf. 2013 kehrte Gojko Mitić noch einmal in der Sat1-Westernproduktion In einem wilden Land (u. a. mit Benno Fürmann, Emilia Schüle und Nadja Uhl) als besonnener Komantschenhäuptling Tahmahkera auf die TV-Bildschirme zurück. Es ist der erste Indianerfilm, in dem Mitić mit eigener Stimme zu hören ist, allerdings vollständig in einem Komantschen-Dialekt. Seit dem Jahr 2015 gibt es ein ihm gewidmetes Fantreffen im El Dorado in Templin, bei dem Mitić stets als Ehrengast auftritt. Im Dezember 2019 erhielt er den Preis für das filmkünstlerische Lebenswerk von der DEFA-Stiftung. Die Laudatio hielt die Sängerin Ute Freudenberg.

Gojko Mitić lebt in Berlin-Köpenick und hat eine Tochter (* 1992). Er ist deutscher und serbischer Staatsbürger.

Spielgemeinschaft „Gojko Mitić“ Bischofswerda e. V.

Am 13. Juni 1993 wurde in Bischofswerda die Spielgemeinschaft „Gojko Mitić“ gegründet. Der Verein ist kein Fanclub, sondern ein Theaterverein. Er veranstaltet Deutschlands kleinste Karl-May-Spiele mit den jüngsten Darstellern auf der Waldbühne in Bischofswerda. In den jährlichen Neuinszenierungen wirken über 80 Kinder und Jugendliche sowie zahlreiche Tiere mit. Während ihrer 21. Saison im Jahr 2013 konnten die Bischofswerdaer Karl-May-Spiele den insgesamt 100.000. Zuschauer auf der Waldbühne begrüßen. Gojko Mitić ist Namensgeber und Schirmherr des Vereins. Regelmäßig besucht er Proben oder Aufführungen der Karl-May-Spiele Bischofswerda und macht sich öffentlich für die Kinder- und Jugendarbeit des Vereins stark.

Filmografie (Auswahl)

Theater

Auszeichnungen

Ehrungen

  • die „Goldene Nadel für Diaspora“
  • „Gebrüder Karic Award“

Sonstiges

Nach Mitić wurde der Asteroid (147595) Gojkomitić benannt.

Gojko Mitić spricht nach eigenen Angaben alle slawischen Sprachen, Deutsch, ein wenig Italienisch und Englisch.

Literatur

  • Ehrentraud Nowotny: Gojko Mitic Henschelverlag 1976
  • Gojko Mitic: Erinnerungen. Ullstein Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-548-23832-7.
  • Frank-Burkhard Habel: Gojko Mitic. Mustangs und Marterpfähle. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1997, ISBN 3-89602-120-6.
  • F. B. Habel: Gojko Mitic – Schauspieler, Stuntman, Autor, Regisseur. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 30, 1998.
  • Friedrich von Borries, Jens-Uwe Fischer: Sozialistische Cowboys. Der Wilde Westen Ostdeutschlands. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-518-12528-1.
  • Gerd Dietrich: Mitić, Gojko. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Niko Sturm: Gojko Mitić und seine Brüder. Drava Verlag, Klagenfurt/Celovec 2013, ISBN 978-3-85435-726-1.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 482 f.

Dokumentationen

  • 1973: Begegnung mit Gojko, DEFA-Dokumentarfilm von Eckhard Potraffke
  • 2020: Legenden: Agnes Kraus, MDR
Commons: Gojko Mitić – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. 1 2 Jens Blankennagel: Was macht.... Gojko Mitić. Berliner Zeitung, 1. August 2009, abgerufen am 23. Dezember 2013.
  2. Lutz Rentner und Frank Otto Sperlich: Ostlegenden: Gojko Mitić. Dokumentarfilm; MDR; 11. Juni 2020, 23:10 Uhr; 43 min
  3. gojko-mitic.de/ (Memento vom 8. März 2016 im Internet Archive): Interview
  4. „...‚Arndt Bause ist übrigens Schuld, dass ich mit dem Singen angefangen habe‘, erinnerte Mitić daran, dass der begnadete Biesdorfer Komponist ihm einst das Lied ‚Löscht das Feuer‘ auf den Leib geschrieben hatte...“, Einmal Indianer, immer Indianer@die-hellersdorfer.berlin (Stadtteilzeitung); Video@mdr.de/meine-schlagerwelt, abgerufen am 1. November 2020
  5. Anja Werner: Einer flog über das Kuckucksnest von Dale Wasserman nach dem Roman von Ken Kesey. (Memento vom 5. April 2009 im Internet Archive) Theater Schwerin, Version im Internet Archive vom 5. April 2009, abgerufen am 4. November 2015.
  6. Schlossfestspiele Schwerin 2009: Sorbas. Musical nach dem Roman von Nikos Kazantzakis. (Memento vom 15. August 2009 im Internet Archive) Theater Schwerin, Version im Internet Archive vom 15. August 2009, abgerufen am 4. November 2015.
  7. Kriegsbeil statt Friedenspfeife: Gojko Mitic: Großes Indianer-Ehrenwort gebrochen? Berliner Kurier, 28. Juni 2013.f
  8. 19. Preisverleihung der DEFA-Stiftung. Abgerufen am 2. Juni 2020.
  9. Ben Hänchen: „Alte Freunde wiedertreffen“: Im Gespräch mit Gojko Mitic Mitic, der im Sommer als Intschu-tschuna nach Bad Segeberg zurückkehrt. Aus: Karl May & Co. 132, 12. Mai 2013, S. 99–102, hier S. 99, abgerufen am 4. November 2015 (pdf; 10,8 MB).
  10. Rauchzeichen über Cannstatt, Folge 7. DasErste.de, abgerufen am 4. November 2015.
  11. Goldene Nadel für den ChefindianerGoldene Nadel für den Chefindianer (Memento vom 12. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Superillu vom 3. Juni 2010
  12. 147595 Gojkomitic (2004 GE20). JPL Small-Body Database Browser auf der Website der NASA, abgerufen am 4. November 2015 (englisch).
  13. Begegnung mit Gojko - Dokumentation (ganzer Film auf Deutsch) - DEFA. DEFA-Filmwelt (offizieller DEFA-YouTube-Kanal), abgerufen am 24. September 2020.
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