Neujulianischer Kalender (auch meletianischer Kalender oder Milanković-Kalender) ist die Bezeichnung für einen Kalender mit einer Jahreslänge von 365,242222 Tagen. Er wurde vom serbischen Geophysiker Milutin Milanković entwickelt und 1923 in einigen orthodoxen Kirchen eingeführt. Er sollte die Differenz von 13 Tagen zwischen dem bis dahin in den orthodoxen Kirchen gebräuchlichen julianischen Kalender und dem modernen gregorianischen Kalender ausgleichen.

Der Kalender entspricht etwa zehnmal genauer dem Sonnenjahr in Tagen von 86.400 Sekunden (Ephemeridenjahr) als der gregorianische Kalender mit 365,2425 Tagen. Das wird dadurch erreicht, dass nicht wie im gregorianischen Kalender drei Schalttage in 400 Jahren weggelassen werden, sondern sieben in 900 Jahren.

Der neujulianische Kalender wird sich bis zum Anfang des Jahres 2800 nicht vom gregorianischen Kalender unterscheiden. Erst im Jahre 2800 entfällt bei ihm erstmals ein Schalttag, der im gregorianischen Kalender vorgesehen ist.

Schaltjahrregelung

Die Regeln für die Schaltjahre des neujulianischen bzw. orthodoxen Kalenders lauten:

  1. Wenn die Jahreszahl ohne Rest durch 4 teilbar ist, ist das Jahr ein Schaltjahr (wie im julianischen Kalender).
  2. Wenn die Jahreszahl ohne Rest durch 100 teilbar ist, ist das Jahr abweichend von Satz 1 kein Schaltjahr (wie im gregorianischen Kalender).
  3. Wenn die Jahreszahl geteilt durch 900 einen Rest von 200 oder 600 ergibt, ist das Jahr abweichend von Satz 2 doch ein Schaltjahr (anders als im gregorianischen Kalender, wo Teilbarkeit ohne Rest durch 400 das Kriterium ist).

Dieser Kalender hat im Vergleich zum julianischen Kalender in 900 Jahren 7 Schaltjahre weniger. Beim gregorianischen Kalender sind es 3 Schaltjahre weniger in 400 Jahren, woraus die durchschnittliche Kalenderjahrlänge von 365,2425 Tagen resultiert. Im neujulianischen Kalender ist mit 365,242222 Tagen die Näherung an das Sonnenjahr mit 365,242190 Tagen etwa zehnmal besser als im gregorianischen Kalender. Die Abweichung beträgt nach 31.250 Jahren erst einen Tag (gregorianisch: schon nach etwa 3.225 Jahren). Eine höhere Genauigkeit anzustreben würde wegen der im Detail unvorhersagbaren kleinen Änderungen der Drehgeschwindigkeit der Erde, wie sie zum Beispiel durch Magmaströme im Erdinneren oder durch Winde und Meeresströmungen entstehen können, wenig Sinn ergeben.

Entscheidend ist allerdings die Genauigkeit gemessen in mittleren Sonnentagen, da sich der Kalender am tropischen Jahr (Sonnenjahr) in der alten Definition orientiert, also dem zwischen zwei aufeinanderfolgenden Frühlingsanfängen (Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleichen) liegenden Zeitraum. Dieser ist auf das Jahr 2000 bezogen im Mittel 365,242375 mittlere Sonnentage lang. Somit ist der der neujulianische Kalender für die nächsten 2000 Jahre rechnerisch sogar weniger genau als der gregorianische Kalender (siehe nebenstehende Grafik).

Die sich aus den Schaltungen ergebende 900-jährige Kalenderperiode des neujulianischen Kalenders enthält 682 Gemeinjahre zu 365 Tagen und 218 Schaltjahre zu 366 Tagen und umfasst insgesamt 328.718 Tage. Die entsprechende 400-jährige Kalenderperiode des gregorianischen Kalenders enthält 303 Gemein- und 97 Schaltjahre beziehungsweise 146.097 Tage. In 400 gregorianischen Jahren wiederholt sich auch die Wochentagszuordnung, denn 146.097 ist ohne Rest durch 7 teilbar (Ergebnis: 20.871 Wochen). Im neujulianischen Kalender wiederholt sich die Wochentagszuordnung erst in sieben 900-jährigen Kalenderperioden.

Übernahme und Einführung

In den meisten orthodoxen Kirchen wird bis heute der julianische Kalender verwendet, der 45 v. Chr. durch Julius Cäsar eingeführt wurde. Dieser wurde 1582 zur Zeit des Papstes Gregor XIII. reformiert und nach und nach in der Westkirche eingeführt. Der Zeitunterschied zum Beispiel für das Begehen der christlichen Feste beträgt in den beiden Kirchen mit verschiedenen Kalendern zur Zeit (bis 2099) 13 Tage.

Auf dem gesamtorthodoxen Kongress in Konstantinopel beschlossen 1923 alle Teilnehmer mit einem Sprung vom 9. März 1924 auf den 23. März 1924 den neuen Kalender mit den obengenannten Schaltregeln einzuführen.

Ausnahme war zunächst die russisch-orthodoxe Kirche, die aufgrund der politischen Wirren nach der Oktoberrevolution am Kongress nicht teilnehmen konnte und deshalb beim alten julianischen Kalender blieb. Daraufhin revidierten einige orthodoxe Kirchen (z. B. das Patriarchat von Jerusalem oder die serbisch-orthodoxe Kirche) ihren Beschluss, um auf die Zeit zu warten, da die russische und andere orthodoxe Kirchen unter den damaligen kommunistischen Regierungen ebenso an den Entscheidungen mitwirken könnten. Andere orthodoxe Kirchen meinten, dass die Reform nötig sei, z. B. das Patriarchat von Konstantinopel mitsamt der griechisch-orthodoxen Kirche oder die bulgarisch-orthodoxe Kirche. Sie führten den neuen Kalender ein, was dazu führte, dass heute ein Teil der orthodoxen Kirchen weiterhin den julianischen Kalender pflegt, während der andere Teil nach dem neuen Kalender rechnet.

Beim Osterdatum entschieden sich aber auch diese Landes-Kirchen einige Jahre später, dass hierbei die Gemeinsamkeit des Datums in allen orthodoxen Kirchen wichtiger sei als das Bestehen auf der astronomischen Richtigkeit. Daher erfolgt die Berechnung des Osterdatums und damit auch alle davon abhängigen beweglichen Festtage nach dem julianischen Kalender. Dennoch blieb die aus Protest gegen die Kalenderumstellung erfolgte Abspaltung einiger altkalendarischer Splittergruppen von der orthodoxen Gesamtkirche bestehen. Alle anderen Festtermine (zum Beispiel Weihnachten) sind bei den Neukalendariern bis 2799 mit denen im gregorianischen Kalender identisch.

Die Einführung des neujulianischen Kalenders war und ist in der Orthodoxie umstritten, sowohl inhaltlich als auch was die von Gegnern als „handstreichartig“ beschriebene Art und Weise seiner Einführung betrifft. Nur etwa die Hälfte der orthodoxen Kirchen hat den Kalender tatsächlich eingeführt.

Er wird in folgenden Kirchen verwendet:

Die orthodoxe Kirche Finnlands stellte ihren Kalender schon 1921 komplett auf den gregorianischen Kalender um. Sie feiert auch das Osterfest am gleichen Termin wie die westlichen Kirchen.

Unterschied gregorianischer und neujulianischer Kalender

Durch seine geringere Zahl an Schalttagen wird der neujulianische Kalender in Zukunft dem gregorianischen Kalender mehr und mehr vorauseilen. Bis zum Anfang des Jahres 2800 sind beide Kalender noch identisch. Ab dem 29. Februar 2800 des gregorianischen Kalenders, welcher dann dem 1. März 2800 des neujulianischen Kalenders entspricht, eilt der neujulianische Kalender in manchen Jahrhunderten um einen Tag voraus, oder stimmt für andere Jahrhunderte wieder vorübergehend mit dem gregorianischen Kalender überein. Ab dem Jahr 5600 wird der 1-Tag-Vorsprung nicht mehr unterschritten.

Wochentagstabellen

Der Wochentag eines Datums lässt sich mit Hilfe des Sonntagsbuchstabens angeben. Letzterer wird im neujulianischen Kalender gleich wie im gregorianischen Kalender bestimmt, wobei sich die Zuordnung zwischen Sonntagsbuchstabe und Kalenderjahr aber infolge des anderen Schaltrhythmus (andere Säkularjahre ohne Schalttag) ändert.

Tabelle der Sonntagsbuchstaben:
Für Schaltjahre gelten zwei Sonntagsbuchstaben, der linke für Januar und Februar, der rechte für die restlichen Monate.

Neujulianischer Kalender   Die ersten Ziffern der Jahreszahl
1920*2122
2324*2526
272829*30
313233*34
* diese Säkularjahre 35363738*
sind Schaltjahre 39404142*
43444546
47*484950
51*525354
5556*5758
Neujulianischer Kalender 5960*6162
wiederholt sich 636465*66
nach 6300 Jahren: 676869*70
71727374*
8200 ist wie 1900 75767778*
798081
Jahre   Sonntagsbuchstaben
204876D CE DF EG FA GB AC B
214977BCDEFGA
225078ABCDEFG
00235179GABCDEF
245280F EG FA GB AC BD CE D
255381DEFGABC
265482CDEFGAB
275583BCDEFGA
*00285684A GB AC BD CE DF EG F
01295785FGABCDE
02305886EFGABCD
03315987DEFGABC
04326088C BD CE DF EG FA GB A
05336189ABCDEFG
06346290GABCDEF
07356391FGABCDE
08366492E DF EG FA GB AC BD C
09376593CDEFGAB
10386694BCDEFGA
11396795ABCDEFG
12406896G FA GB AC BD CE DF E
13416997EFGABCD
14427098DEFGABC
15437199CDEFGAB
164472B AC BD CE DF EG FA G
174573GABCDEF
184674FGABCDE
194775EFGABCD

Wochentagstabelle:
In der Spalte mit dem aus obiger Tabelle entnommenen Sonntagsbuchstabe des Jahres steht die zu diesem Buchstaben gültige Wochentagsreihe. Geht man in der Zeile für einen bestimmten Wochentag nach rechts, so findet man die Daten aller entsprechenden Tage des Jahres. Geht man von einem Datum aus nach links, so findet man in der Spalte unter dem Sonntagsbuchstaben den zugehörigen Wochentag.

ABCDEFG   Januar Februar März April Mai Juni
SoSaFrDoMiDiMo   18152229 5121926 5121926   29162330 7142128 4111825
MoSoSaFrDoMiDi29162330613202761320273101724181522295121926
DiMoSoSaFrDoMi310172431714212871421284111825291623306132027
MiDiMoSoSaFrDo4111825181522291815222951219263101724317142128
DoMiDiMoSoSaFr5121926291623291623306132027411182518152229
FrDoMiDiMoSoSa613202731017243101724317142128512192629162330
SaFrDoMiDiMoSo7142128411182541118251815222961320273101724
ABCDEFG   Juli August September Oktober November Dezember
SoSaFrDoMiDiMo2916233061320273101724181522295121926310172431
MoSoSaFrDoMiDi310172431714212841118252916233061320274111825
DiMoSoSaFrDoMi411182518152229512192631017243171421285121926
MiDiMoSoSaFrDo51219262916233061320274111825181522296132027
DoMiDiMoSoSaFr613202731017243171421285121926291623307142128
FrDoMiDiMoSoSa71421284111825181522296132027310172418152229
SaFrDoMiDiMoSo181522295121926291623307142128411182529162330

Siehe auch

Quellen

  • Lumma Liborius: Von Caesar bis Meletios oder: Warum Weihnachten am 7. Januar ist. Ein ganz kurzer Überblick über den julianischen, gregorianischen und meletianischen Kalender 14. September 2010 (Onlineversion)

Einzelnachweise

  1. Daten der Feste. (Nicht mehr online verfügbar.) Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland, archiviert vom Original am 12. Februar 2015; abgerufen am 10. Februar 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. 1 2 Lumma Liborius: Von Caesar bis Meletios oder: Warum Weihnachten am 7. Januar ist. Ein ganz kurzer Überblick über den julianischen, gregorianischen und meletianischen Kalender 14. September 2010 (Onlineversion, Zugriff: 10. Februar 2015)
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