Große Kugelkaryatide N.Y.
Fritz Koenig, 1967–1971
Bronzeskulptur
764× 520cm
Liberty Park, New York City

Die Große Kugelkaryatide N.Y. (offiziell bekannt als The Sphere, auch Sphere for Plaza Fountain oder Koenig Sphere) ist eine monumentale Bronzeplastik des international bedeutenden deutschen Bildhauers Fritz Koenig (1924–2017).

Die weltgrößte Bronzeskulptur der Neuzeit stand von 1971 bis zu den Terroranschlägen am 11. September 2001 zwischen den Zwillingstürmen auf dem Vorplatz des World Trade Centers in New York City. Das mehr als 20 Tonnen schwere Artefakt konnte nach den Anschlägen als einziges noch erhaltenes Kunstwerk beschädigt, aber weitestgehend intakt aus den Trümmern der eingestürzten Twin Towers geborgen werden. Seither ist die in den USA vornehmlich als The Sphere bekannte Bronzekugel zu einem bedeutenden symbolischen Mahnmal des 9/11-Gedenkens transformiert worden.

Nachdem die Kugelkaryatide zwischen 2002 und 2017 einen vorläufigen Standort im New Yorker Battery Park gefunden hatte, wurde sie auf Veranlassung der Port Authority of New York and New Jersey wieder in die unmittelbare Nähe ihres ursprünglichen Standorts versetzt. Am 16. August 2017 wurde die nahezu unrestaurierte Große Kugelkaryatide N.Y. im Liberty Park im neuen World Trade Center schließlich neu eingeweiht.

Kunstwerk

1971 – 2001

Die Entstehung der Großen Kugelkaryatide N.Y. (WVZ Sk 416) fällt in die 1960er und frühen 1970er Jahre zurück. Zu dieser Zeit war Fritz Koenig als Künstler in den USA etabliert. Nachdem der World Trade Center-Architekt Minoru Yamasaki die Arbeiten des deutschen Bildhauers in der George W. Staempfli Gallery in New York gesehen hatte, bat er Koenig eine Brunnenanlage für den Platz zwischen den beiden sich gerade im Bau befindlichen Zwillingstürmen des World Trade Centers zu entwerfen. Im Jahre 1967 folgte für Koenig die Auftragserteilung der Port Authority of New York and New Jersey als Bauherr und Grundstückseigner des neuen Welthandelszentrums an der Südspitze Manhattans.

Die Große Kugelkaryatide N.Y. fällt in Koenigs Schaffensphase verschiedener Karyatiden, bei der Koenig ein Ringen mit beengenden oder lastenden geometrisierenden Massen inszeniert. Koenig wollte mit seiner Plastik demzufolge einen formalen Gegensatz zu den Wolkenkratzern markieren. Der Künstler entschied sich für einen stilisierten Globus, der aus einem Sockel mit Schaft erwächst. Montiert auf einer Porphyrscheibe (Höhe: 1 m, Durchmesser: 25 m) drehte sich die Kugel binnen 15 Minuten einmal um ihre Achse. 600 Liter Wasser strömten pro Sekunde aus den unter der Bronzeplastik angebrachten Düsen der zugehörigen Brunnenanlage Plaza Fountain. Das Brunnenwasser wurde dabei in einem um die Kugel verlaufenden Ring auf eine sich an die Kugel anschließende ebene Fläche gespritzt. Dadurch sollte der Eindruck entstehen, dass die Kugelkaryatide aus dem Wasser emporsteigt. Konzipiert wurde die hochkomplizierte Technik der Anlage am Institut für Hydrologie und Flussgebietsmanagement der Technischen Universität München, an der Koenig seit 1964 einen Lehrauftrag innehatte. Die größte Bronzeplastik der Neuzeit wiegt über zwanzig Tonnen, ist 7,64 m hoch und hat einen Durchmesser von 5,20 m.

Gefertigt wurde die Skulptur vom Winter 1968/69 bis Ende 1971 in Ganslberg bei Landshut am Wohnort von Fritz Koenig. Die Arbeiten am Gipsmodell in Originalgröße erforderten einen den Abmessungen gewachsenen Bau einer neuen Atelierhalle in der Nähe von Koenigs Gehöft und eigentlichen Atelier. Koenig wurde bei der Fertigung seines Kunstwerks durch seinen langjährigen Assistenten Hugo Jahn und den Tiroler Bildhauer Josef Plankensteiner unterstützt. Ab 1969 wurden die in 67 Einzelteilen zerlegten Gipselemente der Kugel in der Münchner Kunstgießerei Hans Mayr in Bronze gegossen. Anschließend wurden die einzelnen Bronzesegmente mit einem Gesamtgewicht von 17 Tonnen in die Werkhalle nach Ganslberg gebracht und dort in sechs große Teile zusammengeschweißt. Nach insgesamt 4-jähriger Planung und Herstellung wurde die fertige Skulptur erneut zerlegt und mit Tiefladern und LKW zum Bremer Hafen transportiert. Vor Ort wurden die Bronzeelemente der Kugel sowie der Sockel wieder zusammengefügt, so dass Koenigs Skulptur als Ganzes in einer eigens angefertigten, überdimensionalen Holztransportkiste den Seeweg über den Atlantik nach New York antreten konnte. 1971 wurde die Große Kugelkaryatide N.Y. schließlich auf dem nach Austin J. Tobin benannten Plaza des World Trade Centers installiert und wenig später feierlich enthüllt.

Die Skulptur samt Brunnenanlage krönte das Zentrum des WTC-Geländes und war ein beliebter Treffpunkt der New Yorker. Der ursprüngliche Name „Große Kugelkaryatide N.Y.“ konnte sich bei den New Yorkern nicht durchsetzen. Sie nannten die kugelförmige Skulptur „Koenig Sphere“ oder einfach nur „The Sphere“.

11. September 2001

2001–2017

Durch die Terroranschläge am 11. September 2001 wurde die Skulptur überraschenderweise nicht völlig zerstört, sondern blieb zwischen den eingestürzten Türmen des World Trade Centers im Ganzen erhalten. The Sphere war das einzige Kunstwerk, das zwischen den Überresten der Twin Towers gesichert werden konnte. Am 14. Oktober 2001 flog Fritz Koenig nach New York, um zu sehen, was mit seinem Werk passiert. Mit Unterstützung des in New York residierenden stellvertretenden Generalkonsuls Stefan Schlüter konnte Koenig bis auf wenige Meter an seine am Ground Zero liegende Skulptur gelangen. Für den Abtransport aus dem Trümmerfeld musste das Kunstwerk zunächst von seinem Sockel demontiert werden und wurde anschließend in der Nähe des John-F.-Kennedy-Flughafens gelagert.

Mit Hilfe eines amerikanischen Ingenieurs und seines 20-köpfigen Teams gelang es, die einzelnen Teile der Skulptur wieder zusammenzufügen. Im Sinne des Künstlers und im Sinne seines Kunstverständnisses wurde jedoch auf weitere Restaurierungsarbeiten verzichtet. Im Beisein von Fritz Koenig, der ehemaligen Präsidentengattin Hillary Clinton sowie dem New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg fand zur Wiederaufstellung der demolierten Großen Kugelkaryatide N.Y. im Battery Park an der Südspitze Manhattans am 11. März 2002 eine Feierstunde statt. Koenigs „Kugel“ vertritt seitdem die Botschaft des Gedenkens und Mahnens an die Terroranschläge.

Neuaufstellung 2017

Auf Initiative zahlreicher Hinterbliebener der Terroranschläge und auf Wunsch der Port Authority of New York und New Jersey als Besitzer der Skulptur erhielt die monumentale Große Kugelkaryatide N.Y. im August 2017 nunmehr ihren endgültigen Aufstellungsort als Teil des neu gestalteten World Trade Center-Geländes im dazugehörigen Liberty Park zwischen der 90 West Street und der Liberty Street und damit unweit des ursprünglichen Standortes auf dem Plaza des 2001 zerstörten World Trade Centers.

Mit den durch die Anschläge verursachten Beschädigungen ist das gold- und bronzeschimmernde Kunstwerk heute zu einem Mahnmal transformiert und wird von den New Yorkern auch als „9/11“ („nine eleven“) bezeichnet. Im Eingangsbereich des neuen One World Trade Centers findet sich ein Modell der Großen Kugelkaryatide N.Y. Weiterhin ist ein von Koenig gespendetes Modell der Skulptur im National September 11 Memorial and Museum zu sehen.

Dokumentarfilm

Der deutsche Regisseur Percy Adlon zeigt in seinem Dokumentarfilm „Koenigs Kugel – der deutsche Bildhauer Fritz Koenig im Trümmerfeld von Ground Zero“ (engl. Titel „Koenig’s Sphere“) von 2001/2002 die Wiederbegegnung Koenigs mit seinem stark beschädigten Kunstwerk wenige Tage nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und die Aufstellung als Mahnmal. Der Künstler erinnert sich darin an die Entstehung der Kugelkaryatide und spricht über Vergänglichkeit und die Transformation von Kunst angesichts dieser menschlichen Tragödie:

„Jetzt hat sie eine andere Schönheit, eine die ich mir nie vorstellen konnte.
Sie hat nun ihr eigenes Leben – ein anderes als jenes, das ich ihr gegeben habe.“

Fritz Koenig: Über sein Kunstwerk in Koenigs Kugel – Der Bildhauer und der 11. September

Buch

Im Juni 2021 wurde das Buch THE SPHERE – Vom Kunstwerk zum Mahnmal publiziert. Anlass der Publikation durch die Herausgeber des Freundeskreis Fritz Koenig e.V. war das 50. Jubiläumsjahr der Aufstellung der Großen Kugelkaryatide N.Y. am ursprünglichen Standort auf dem Vorplatz des World Trade Centers.

Commons: The Sphere – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 David W. Dunlap: Koenig Sphere Moving to WTC Liberty Park, Port Authority Says. In: The New York Times. 21. Juli 2016, abgerufen am 23. Februar 2017 (englisch).
  2. Fritz Koenig ist tot. Landshut trauert um weltberühmten Bildhauer. In: BR24. 23. Februar 2017, archiviert vom Original am 19. Februar 2018; abgerufen am 23. Februar 2017.
  3. Sharon Otterman: Battered and Scarred, ‘Sphere’ Returns to 9/11 Site New York Times, 29. November 2017
  4. The Sphere, a Symbol of Resilience After 9/11, Is Unveiled at Liberty Park Offizielle Homepage des 9/11-Memorials
  5. Andrian Kreye: Neu auf Ground Zero. In: sueddeutsche.de. 4. September 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 6. September 2017]).
  6. Peter Anselm Riedl: Fritz Koenig und das Thema der Vergänglichkeit Architekturmuseum der TU München, 2005
  7. Holger A. Klein: From Ganslberg to Manhattan Fritz Koenig’s Great Caryatid Sphere N.Y. (1967–1972)
  8. Fritz Koenig: Brunnenanlage mit Kugelkaryatide N.Y.
  9. Kathrin Ebermeier: Die Große Kugelkaryatide N.Y. von Fritz Koenig Skulpturenmuseum im Hofberg, Stadt Landshut, 26. November 2018
  10. Fritz Königs „Große Kugelkaryatide N. Y.“ in Manhattens Battery Park endgültig platziert Rundschau Landshut
  11. 2021-06-09-DC-Bildbiographie-Leseprobe – Daumenkino Seite 1–45 | AnyFlip. Abgerufen am 6. Juli 2022.
  12. Kathrin Ebermeier: Die Große Kugelkaryatide N.Y. von Fritz Koenig Skulpturenmuseum im Hofberg, Stadt Landshut, 26. November 2018
  13. „THE SPHERE“ von Fritz Koenig bei Ruef am Dreifaltigkeitsplatz Rundschau Landshut, 30. September 2019
  14. Andrian Kreye: Neu auf Ground Zero. In: sueddeutsche.de. 4. September 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 6. September 2017]).
  15. „WTC Sphere“ – Skulptur von Fritz Koenig in New York an 9/11-Gedenkort aufgestellt monopol, 31. August 2018
  16. Fritz Koenig im Dokumentarfilm Koenigs Kugel – Der Bildhauer und der 11. September
  17. Informationen und Leseprobe zum Buch THE SPHERE – Vom Kunstwerk zum Mahnmal, Landshut, 2021

Koordinaten: 40° 42′ 38″ N, 74° 0′ 50″ W

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.