Runzeliggeriefter Schleimfuß

Runzeliggeriefter Schleimfuß (Cortinarius stillatitius)

Systematik
Unterklasse: Agaricomycetidae
Ordnung: Agaricales
Familie: Schleierlingsverwandte (Cortinariaceae)
Gattung: Schleierlinge (Cortinarius)
Untergattung: Schleimfüße (Myxacium)
Art: Runzeliggeriefter Schleimfuß
Wissenschaftlicher Name
Cortinarius stillatitius
Fr.

Der Runzeliggeriefte Schleimfuß (Cortinarius stillatitius, Syn.: Cortinarius pseudosalor, C. integerrimus) ist ein Blätterpilz aus der Familie der Schleierlingsverwandten (Cortinariaceae). Die mittelgroßen Schleimfüße haben braune, dünnfleischige Hüte, einen teilweise violett gefärbten, glatten Stiel und mild schmeckendes Fleisch. Mikroskopisch zeichnen sie sich durch die großen (>12 µm), meist zitronenförmigen, grobwarzigen Sporen, das Fehlen von Schnallen und die blasenförmigen Cheilozystiden aus. Die Abgrenzung zu nahe verwandten Arten ist nach wie vor umstritten. Die Fruchtkörper des Mykorrhizapilzes erscheinen von August bis Oktober in sauren Nadel- und Laubwäldern, besonders bei Fichten, aber auch bei Birken und Buchen. Der Pilz gilt als ungenießbar. Er wird auch Honig-Schleimfuß, Abtropfender Schleimfuß oder Lilastieliger Schleimfuß genannt.

Merkmale

Makroskopische Merkmale

Der Hut ist 4–8 (10) cm breit, jung glockig gewölbt, später flach gewölbt bis ausgebreitet und bisweilen breit gebuckelt. Er ist oliv- bis ocker-, grau- oder dunkelbraun gefärbt und glatt, kahl und zumindest jung stark schleimig oder schmierig. Bei feuchter Witterung kann der leicht bläuliche Schleim, der den Hut bedeckt, herabfließen. Davon leitet sich auch der Volksname Abtropfender Schleimfuß ab. Der Hutrand ist im Alter oft mehr oder weniger radialrunzelig.

Die Lamellen sind ton- bis lehmfarben, später bräunlich bis rostbraun und am Stiel angewachsen oder leicht herablaufend. Die glatten oder fein schartigen Schneiden sind weißlich bewimpert. Die Lamellenflächen können etwas geädert sein, sind an der Basis aber nicht queradrig verbunden. Das Sporenpulver ist erd- bis rostbraun.

Der relativ zylindrische Stiel misst 4–10 × 0,4–1,3 cm und ist zur Basis hin etwas wurzelnd-verjüngt. Am dicksten ist er meist in Höhe des schleimig geglätteten Velums. Jung ist er meistens schleimig und vom Velum ab mehr oder weniger bläulich-violett überzogen. Die Stielspitze oberhalb des Velums ist seidig weißlich. Trockene, ältere Stiele blassen aus und sind dann mehr oder weniger schmutzig weißlich.

Das Fleisch ist schmutzig weiß und riecht – vor allem, wenn man die Stielbasis reibt – leicht honigartig oder nach den Blüten der Mahonie, daher wird er auch Honig-Schleimfuß genannt. Das Fleisch schmeckt mild, bisweilen auch leicht bitterlich.

Mikroskopische Merkmale

Die leicht mandel- bis zitronenförmigen Sporen messen 13–16 × 7 µm. Auf den Lamellenschneiden findet man blasen- oder ballonförmige bis leicht keulige (15–30 µm breite) Cheilozystiden. Alle Hyphen, auch die des Mycels, sind schnallenlos.

Artabgrenzung

Der sehr ähnliche Langstielige Schleimfuß (C. elatior) ist meist größer und langstieliger. Sein kegeliger Hut ist dunkelbraun bis violett-braun gefärbt und am Rand stark radialrunzelig gefurcht. Die Lamellen werden bei Reife dunkel-umbrabraun und sind an der Basis stark queradrig verbunden. Der spindelförmige Stiel ist in der unteren Hälfte violett und bricht in Schüppchen auf. Man findet ihn insbesondere im Laubwäldern bei Buchen.

Noch ähnlicher ist der Falsche Langstielige Schleimfuß (C. mucifluoides). Seine Sporen sind etwas kleiner (11–13 µm statt 13–16 µm lang), der Hut ist braun-ocker, oliv-braun bis rötlich-braun. Man findet ihn in Laubwäldern auf nährstoffreicheren Böden. Nicht wenige Mykologen halten ihn für synonym, da es zwischen beiden Arten fließende Übergänge gibt.

Ein weiterer Doppelgänger ist der Blaustiel-Schleimfuß (Cortinarius collinitus), der ausschließlich in sauren Fichtenwäldern, gerne zwischen feuchten Heidelbeerbeständen wächst. Weitere nahe Verwandte sind: Cortinarius mucosus, der Heide-Schleimfuß. Er hat blassere Hutfarben und einen weißen Stiel ohne jegliche Blau- oder Violetttöne. Der Natternstielige Schleimfuß (C. trivialis). Er besitzt jung blaugraue Lamellen und einen mehr oder weniger wulstig oder grobschuppig genatterten Stiel. Und der Kiefern-Schleimfuß (C. mucifluus). Er zeichnet sich durch seinen rein weißen, wurzelnden Stiel aus und wächst vor allem in Kiefernwäldern.

Ökologie und Verbreitung

Der Runzeliggeriefte Schleimfuß kommt in Nordamerika (USA), Asien (Japan, Nord- und Südkorea) und Europa vor. In Europa ist der Schleimfuß weit verbreitet, meidet aber die mediterrane und arktische (alpine) Klimazone. In Fennoskandinavien ist er häufig und in den Alpenländern zumindest nicht selten. Aus Belgien und den Niederlanden gibt es keine Nachweise, was daran liegen kann, dass er hier nicht von ähnlichen Arten unterschieden wird.

Der Schleimfuß wächst überwiegend in bodensauren Nadel- oder Birkenwäldern. Besonders häufig ist er mit Fichten vergesellschaftet. In Laubwäldern findet man ihn nur selten. Die Fruchtkörper erscheinen von August bis Oktober.

Der Schleierling kommt in fast allen Höhenstufen (außer der alpinen) vor, der höchstgelegene Fundort in der Schweiz liegt 1930 m hoch.

Systematik

Der wissenschaftliche Name C. stillatitius Fr wird von einigen Mykologen als problematisch angesehen, da Elias Fries unter diesem Namen eine seltene Art beschrieb. Daher bevorzugen einige Autoren (z. B. Marchand (1983) und Soop (2004)) den unzweifelhaften Namen C. integerrimus. Der Name C. integerrimus wird von den Autoren der Funga Nordica als ungültig (invalid) angesehen, da bei der Artbeschreibung 1959 die erforderliche lateinische Diagnose und eine Typusangabe fehlte. Diese hat der Autor allerdings 1989 nachgereicht, sodass die Art heute als formal korrekt beschrieben gilt. Laut R. Kühner ist C. integerrimus eine reine Nadelwaldart feuchter, alpiner Standorte. Wegen ihrer auffallenden makroskopischen Übereinstimmung mit C. stillatitius Fr. (sensu Ricken) synonymisierte sie der Autor mit der Ricken’schen Interpretation des Taxons. Dieser Meinung schlossen sich auch andere Mykologen an. So ist R. Kärcher der Meinung, dass integerrimus nur eine etwas kräftigere Form von C. stillatitius ist. R. Henry ist sich allerdings sicher, dass integerrimus letztlich nur eine Extremform seiner mucifluoides ist, die sich nur durch den Standort, die größere Schleimigkeit und den glatten Stiel unterscheidet. Nach seinen Beobachtungen kommt mucifluoides auch an feuchten Nadelwaldstellen vor. Dies ist wohl auch der Grund, warum die Autoren der Funga Nordica mucifluoides und stillatitius für synonym halten.

C. pseudosalor J.E. Lange sensu M. Moser wird ebenfalls mit C. stillatitius synonymisiert. Das von J. E. Lange 1938 beschriebene Taxon lässt sich teils als C. elatior, teils als C. stillatitius interpretieren. Mit Cortinarius salor, den Lange selbst nicht kannte und von dem er nur eine sehr vage Vorstellung hatte, hat das Taxon gar nichts zu tun. Lange vermutete wegen der Sporengröße eine Verwandtschaft zu dieser Art. Er hatte die Schleimfüße in einem Hainbuchen-Eichenwald gefunden und hatte selbst gewisse Bedenken an der Eigenständigkeit der Art. Lange hielt es für möglich, dass die Art mit C. stillatitius synonym ist. R. Henry hingegen glaubte, dass es ein Synonym seiner C. mucifluoides sei.

Das lateinische Artepitheton leitet sich vom lateinischen Verb stillare (tröpfeln, tröpfeln lassen) ab und lässt sich mit „abtropfender“ übersetzen. Gemeint ist der Hutschleim, der bei feuchter Witterung vom Hut herabtropfen kann.

Taxonomische Einordnung innerhalb der Gattung

Der Runzeliggeriefte Schleimfuß wird in die Sektion Defibulati (Elatiores) gestellt. Die Vertreter der Sektion zeichnen sich durch große, grobwarzige, mehr oder weniger zitronen-, selten nur mandelförmige Sporen, Hyphen ohne Schnallen und große blasen- oder keulenförmige Cheilozystiden aus. Der Hut ist konvex, konvex bis breit gebuckelt oder glockig und oft mehr oder weniger runzelig gefurcht. Der Stiel ist meist mehr oder weniger spindelförmig.

Bedeutung

Der Speisewert des Runzeliggerieften Schleimfußes ist nicht bekannt, er gilt daher als ungenießbar. Nach M. Bon ist der nahe verwandte Langstielige Schleimfuß essbar. Da Pilzsammler beide Arten kaum auseinanderhalten können, dürfte der eine oder andere Runzeliggeriefte Schleimfuß ohne Schaden verspeist worden sein.

Quellen

  • Cortinarius stillatitius. In: MycoBank.org. International Mycological Association, abgerufen am 5. Oktober 2015 (englisch).

Einzelnachweise

  1. 1 2 Marcel Bon: Pareys Buch der Pilze. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-09970-9, S. 202 (englisch: The mushrooms and toadstools of Britain and Northwestern Europe. Übersetzt von Till R. Lohmeyer).
  2. 1 2 3 4 Geoffrey Kibby, Antony Burnham, Alick Henrici: Cortinarius Subgenus Myxacium. In: Field mycology. Band 10, Nr. 2, 2009, S. 41–55 (britmycolsoc.org.uk [PDF]).
  3. 1 2 3 4 Karin Montag: Runzeliggeriefter Schleimfuß Cortinarius stillatitius Im virtuellen Pilzbuch. In: Tintling.com. Abgerufen am 5. Oktober 2015.
  4. Rapportsystemet för växter: Cortinarius stillatitius. (Nicht mehr online verfügbar.) In: artportalen.se. Archiviert vom Original am 15. August 2012; abgerufen am 17. Dezember 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Datenbank der Pilze Österreichs. In: austria.mykodata.net. Österreichischen Mykologischen Gesellschaft, abgerufen am 17. Dezember 2015.
  6. Estonian eBiodiversity Species description Cortinarius stillatitius. In: elurikkus.ut.ee. Abgerufen am 17. Dezember 2015 (englisch).
  7. 1 2 Weltweite Verbreitung von Cortinarius stillatitius. (Nicht mehr online verfügbar.) In: GBIF Portal / data.gbif.org. Archiviert vom Original am 22. Dezember 2015; abgerufen am 17. Dezember 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. Cortinarius stillatitius. In: grzyby.pl. Abgerufen am 17. Dezember 2015.
  9. Ilkka Kytövuori u. a.: Kapitel 5.2, Distribution table of agarics and boletes in Finland. 2005, ISBN 952-11-1997-7, S. 105–225 (helda.helsinki.fi [PDF] Originaltitel: Helttasienten ja tattien levinneisyystaulukko.).
  10. Nahuby.sk – Atlas húb – Cortinarius stillatitius. In: nahuby.sk. Abgerufen am 17. Dezember 2015.
  11. Cortinarius stillatitius. Pilzoek-Datenbank, abgerufen am 17. Dezember 2015.
  12. 1 2 Verbreitungsatlas der Pilze der Schweiz. (Nicht mehr online verfügbar.) In: wsl.ch. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, archiviert vom Original am 15. Oktober 2012; abgerufen am 17. Dezember 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  13. Elias Magnus Fries: Epicrisis systematis mycologici. seu synopsis hymenomycetum. Typographia Academica, Upsala 1838, S. 277 (Latein, cybertruffle.org.uk).
  14. Adalbert Ricken: Die Blätterpilze (Agaricaceae) Deutschlands und der angrenzenden Länder, besonders Oesterreichs und der Schweiz. Verlag von Theodor Oswald Weigel, Leipzig 1915, S. 27, Sp. Nr.85 (bibdigital.rjb).
  15. Jakob Emanuel Lange: Flora agaricina Danica. Band 3. Recato, Kopenhagen 1938, S. 24 (englisch, gallica.bnf.fr).
  16. Reinhold Kärcher, D. Seibt: Beitrag zur Kenntnis der Pilzflora des Rhein-Main-Gebietes. In: Zeitschrift für Mykologie. Band 54, Nr. 1, 1988, S. 77–92 (dgfm-ev.de [PDF]).
  17. Reinhold Kärcher: Beiträge zur Kenntnis der Cortinarien Cortinarius Studien (I). In: Zeitschrift für Mykologie. Band 70, Nr. 1, 2004, S. 59–84 (dgfm-ev.de [PDF]).
  18. Meinhard M. Moser: Über einige kritische oder neue Cortinarien aus der Untergattung Myxacium Fr. aus Småland und Halland. In: Friesia. Band 9, Nr. 1–2, 1969, S. 142–150 (130.225.98.135 [PDF]).
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