Gregorius Scovoroda oder Skoworoda (lateinisch Gregorius Sabbae filius Scovoroda, altostslawisch Григорій Саввичъ Сковорода Grigorij Savvič Skovoroda, modern ukrainisch Григорій Савич Сковорода Hryhorij Sawytsch Skoworoda, Betonung: Hryhórij Sáwytsch Skoworodá; modern russisch Григорий Саввич Сковорода Grigorij Savvič Skovoroda; * 22. Novemberjul. / 3. Dezember 1722greg. in Tschornuchy, Gouvernement Kiew; † 29. Oktoberjul. / 9. November 1794greg. in Iwanowka bei Charkow; heute Skoworodyniwka) war ein Philosoph und Laientheologe kosakischer Herkunft, der im Kaiserreich Russland lebte und wirkte.

Darüber hinaus war er Pädagoge, Dichter (Fabeldichter), Sänger und Komponist. Man nannte ihn auch den „ersten originellen Philosophen der Ruß“ und „wandernden Philosophen“, weil er die letzten Jahrzehnte seines Lebens als umherreisender Pilger und Lehrer verbrachte. Dabei war er nicht nur in Gebieten des Russischen Reiches tätig, die in der heutigen Ukraine liegen, sondern auch in solchen, die heute zu Russland gehören. Auch wenn sich Gelehrte aus beiden Ländern heute darum streiten, welcher er kulturell zuzurechnen wäre, so ist nicht zu leugnen, dass er für die frühmoderne Tradition beider eine entscheidende Rolle gespielt hat.

Scovoroda verfasste seine Schriften in einer Mischsprache (lingua mixta) von Kirchenslawisch und Russisch, mit zahlreichen Ukrainismen und westeuropäischen Einschlägen, lateinischen und griechischen Zitaten. Sein überlieferter Briefwechsel ist meistenteils Griechisch oder Lateinisch abgefasst und zu einem Teil in der bildungsbürgerlichen Varietät der russischen Sprache, die in der Sloboda-Ukraine vorherrschte.

Skoworoda nutzte Pseudonyme: „Daniil Mejngardt“ (d. h. Daniel Meinhardt – in honorem des protestantischen Theologen Daniel Meinhardt. Michail Iwanowitsch Kowalenski (1745–1807) hat Daniel Meinhardt in Lausanne gesehen, danach erzählte er Skoworoda, dass Meinhardt mit ihm sehr ähnlich sei, was Skoworoda veranlasste das Pseudonym zu wählen) und „Grigorij Warßawwa“ (d. h. Grigorij, der Sohn von Sawwa). Skoworoda gilt als Urgroßvater von Wladimir Sergejewitsch Solowjow.

Leben

Skoworoda wurde 1722 im linksufrigen Hetmanat als Sohn des Kosaken Sawwa Skoworoda und seiner Frau Pelageja Skoworoda (geb. Schengerejewa) geboren. Nach dem Besuch der Dorfschule trat er in die Mohyla-Akademie in Kiew ein – damals eine der angesehensten Hochschulen des Landes, die sowohl geistliche als auch weltliche Ausbildung vermittelte. Er studierte an der Akademie in den Zeiträumen 1734 bis 1741, 1744 bis 1745 und 1751 bis 1753. In den Jahren 1741 bis 1744 schickte Gawrila Matwejew (1706–1786) Skoworoda, der eine gute Stimme hatte, als Sänger in den Hofchor am Sankt Petersburger Zarenhof; er wurde dabei Augenzeuge der Thronbesteigungsfeierlichkeiten der Zarin Elisabeth. Skoworoda besuchte in Sankt Petersburg und Moskau seinen Onkel Ignatij Poltawzew (1699–1756). Ignatij Poltawzew war ein einflussreicher Würdenträger im Russischen Reich und Kammerfurier der Zarin Elisabeth. Es ist überaus wahrscheinlich, dass Ignatij Poltawzew Skoworoda als Sänger im Hofchor in Sankt Petersburg unterbrachte.

In den Jahren um 1745 bis 1750 bereiste Skoworoda als Begleiter in diplomatischen Missionen Ungarn, Österreich und die Slowakei. Laut dem Bericht von Gustav Adolf Hess de Calve wurde es vermutet, dass Skoworoda während diese Reise seine Studien in Fächern wie Erziehungswissenschaften, Klassische Philologie und Philosophie in Halle und Breslau ergänzen konnte. Aus den Quellen der Mission ist nur bekannt, dass er zusammen mit Fjodor Wischnewski (1682–1749) Wien und die ungarische Stadt Tokaj besuchte. Während seiner Zeit als Lehrer am Perejaslawer Kolleg im Jahr 1753, wo er Poetik unterrichtete, schrieb er auch sein erstes Werk: Betrachtung über die Poesie und Anleitung zur Kunst derselben (Рассуждение о поэзии и руководство к искусству оной). Darin entwickelte er neben moderneren Ideen zur Interpretation von Poesie auch neue Methoden zur individuelleren Erziehung von Kindern, mit dem Ziel, die natürlichen Begabungen der Schüler zu fördern und auszubilden. Seine Arbeit führte zur Verschlechterung der Beziehungen zu seinem bischöflichen Arbeitgeber Nikodim und der Entlassung aus dem Kollegium. Das ganze Jahr 1755 lang war Skoworoda in Moskau und blieb im Dreifaltigkeitskloster von Sergijew Possad beim Klosterresident Kirill Ljaschtschewetski (1720–1770). Dann arbeitete Skoworoda bis 1759 als Hauslehrer in der Familie des Gutsbesitzers Stefan Tomara in Kowrai-Dorf bei Solotonoscha. Seine letzte Anstellung hatte er von 1759 bis 1766 am Charkower Kolleg, wo er sich wegen seiner Ethikkurse Angriffen ausgesetzt sah.

In diesen Jahren entschloss sich Skoworoda für ein Wanderleben als Pilger. Er reiste nach Moskau und zu Fuß durch die ganze Sloboda-Ukraine. Ein Angebot, in das Kiewer Höhlenkloster als Mönch einzutreten, lehnte er auf einer Reise 1764 ab und blieb bei seiner Lebensweise als umherreisender Philosoph. Die meisten seiner schriftlichen Werke entstanden in dieser Zeit, darunter Der Garten der göttlichen Lieder (Сад божественних песней) sowie Eingangstür zu christlichen Sittsamkeit (Начальная дверь ко християнскому добронравию). Im Jahre 1776 hat Skoworoda in Woronesch sein berühmtes Buch Silenus Alcibiadis (Икона Алкивиадская) fertiggestellt, das er seinem Freund Stepan Iwanowitsch Tewjaschow gewidmet hat. Skoworoda widmete Tewjaschow zudem seine Übersetzung des Traktates De senectute von Cicero.

Skoworodas Philosophie war beeinflusst von Neuplatonikern, dem römischen Stoizismus und dem Mystizismus; er befasste sich überwiegend mit biblischen Themen, blieb dabei aber unabhängig von einzelnen Konfessionen oder Glaubensrichtungen. Neben seiner literarischen Tätigkeit als Verfasser philosophischer Werken spielte er mehrere Instrumente (u. a. Querflöte und Geige) und komponierte diverse Musikstücke. Im Jahre 1781 besuchte Skoworoda in Taganrog Grigorij Kowalenski, den Bruder seines beliebtesten Schülers Michail Kowalenski.

Im letzten Jahr des Lebens (1794) war Skoworoda in Orjol und Kursk. Er starb in Iwanowka im Kowalewski-Gehöft; sein von ihm selbst verfasster Grabspruch lautete: Die Welt jagte mich, konnte mich aber nie fangen (Мир ловил меня, но не поймал).

Zitate

„Lieber Gott, geheiligt werde Dein Name in Gedanken und Absichten Deines Sklaven, der sich vorgenommen und gewünscht hat, Sokrates in Russland zu sein, jedoch ist das russische Land viel weiter als das griechische, und es wird nicht so einfach für ihn sein, das ganze Russland rasch mit seiner Predigt zu umfassen.“

Ehrungen

Zum 250. Geburtstag erschien 1972 in der UdSSR eine 4-Kopeken-Briefmarke mit Porträt und Text.

Im September 2006 erschien in der Ukraine die – bis 2019 größte – 500-Hrywnja-Banknote mit seinem Porträt.

In dem Haus in dem nach ihm benannten Dorf Skovorodynikwa (nahe Charkiw), in dem er zuletzt arbeitete und in dessen Nähe sich auch sein Grab befindet, wurde ein Literatur- und Gedenkmuseum eingerichtet. Es wurde am 6. Mai 2022 im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine durch Raketenbeschuss schwer beschädigt. Die meisten Ausstellungsstücke waren zuvor bereits in Sicherheit gebracht worden.

Eponyme

  • 1982 Wurde der Asteroid (2431) Skovoroda nach ihm benannt.
  • Die Nationale Pädagogische Skoworoda-Universität Charkiw trägt seinen Namen.
  • Der Ort Skovorodyniwka bei Charkiw wurde wohl nach ihm benannt.

Literatur

  • Nikolaus von Arsenjew: Bilder aus dem russischen Geistesleben. I. Die mystische Philosophie Skovorodas // Kyrios. Vierteljahresschrift für Kirchen- und Geistesgeschichte Osteuropas / Hrsg. von H. Koch. — Königsberg; Berlin: Ost-Europa-Verlag, 1936. — Bd. I. — Hft. 1. — S. 3 – 28.
  • Bernhard Schultze: Grigorij Savvič Skovoroda // Schultze B. Russische Denker: ihre Stellung zu Christus, Kirche und Papsttum. — Wien: Thomas-Morus-Presse im Verlag Herder, 1950. — S. 15 – 27.
  • Wolfgang Heller: Skovoroda, Grigorij Savvič. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 10, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-062-X, Sp. 627–630.
  • Wilhelm Goerdt: Grigorij Savvič Skovoroda // Russische Philosophie: Zugänge und Durchblicke. — Freiburg: Verlag Karl Alber, 1984
  • Elisabeth Erdmann: Unähnliche Ähnlichkeit: die Onto-Poetik des ukrainischen Philosophen Hryhorij Skovoroda (1722 - 1794), Köln; Weimar; Wien: Böhlau; Bamberg; ID: gnd/4004391-5, 2005, Teilw. zugl.: Bamberg, Univ., Habil.-Schr., 1994, ISBN 978-3-412-19205-1
  • Tetyana Kloubert: Volksbildung auf Wanderschaft. Bildungsidee und Menschenbild bei dem ukrainischen Denker Hryhorij Skovoroda (1722-1794). Jena 2008, ISBN 978-3-938203-64-4
  • Tetyana Kloubert: Grigorij Skovoroda – „ein ukrainischer Sokrates“ – mit Skovorodas „Narziss“, Königsdorf: Königsdorfer Verlag, 2020, ISBN 978-3-938156-44-5
  • Vitalii Mudrakov: Gregorius Skoworoda und die Freiheit, 23. März 2023
Commons: Hryhoriy Skovoroda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. "Senex Gregorius de Sabba Skovoroda"litopys.org.ua
  2. "...Gregorius filius Sabbae Skoworoda" litopys.org.ua
  3. So in etwa Viktor Tschernyshow: „It is a widely acknowledged fact that Gregory Skovoroda stands at the very beginning of modern Russian and Ukrainian thought. Although Russian and Ukrainian scholars fervently dispute whether he belongs to the Russian or the Ukrainian cultural trend, very few of them have ever dared to deny his importance and the key role he played in the history of both Russian and Ukrainian philosophy“. Viktor Tschernyshow, Catholicity as an Ideal Foundation of Social Life: Gregory Skovoroda and his concept of the High Republic. In: Artur Mrowczynski-Van Allen, Teresa Obolevitch, Pawel Rojek: Apology of Culture: Religion and Culture in Russian Thought. Pickwick Publications. Oregon 2015, S. 99.
  4. «In Summary, the language of Skovoroda, minus its many biblical and ecclesiastical, political and personal features is, in its foundation, the Slobozhanshchina variety of standard Russian as used by the educated». Shevelyov G. Skovoroda’s Language and Style // Hryhorij Savyč Skovoroda. An Anthology of Critical Articles. Edmonton—Toronto 1994. P. 131.
  5. Zhivov. V. Sprache und Kultur im Russland des 18. Jhs. Moskau 1996, S. 227.
  6. Sofronova L. A. Drei Welte von Grigorij Skovoroda. Moskau 2002—S. 66.
  7. George Y. Shevelov: Hryhorij Savyč Skovoroda: An Anthology of Critical Articles. Hrsg.: Richard H. Marshall, Thomas E. Bird. Canadian Institute of Ukrainian Studies Press, Toronto 1994, ISBN 978-1-895571-03-5, Prolegomena to Studies of Skovoroda's Language and Style, S. 93  132 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 13. Januar 2014]).
  8. Г.С. Сковорода: Сочинения в двух томах. Moskau 1973 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Лощиц Ю. М. Сковорода. — М., 1972.
  10. Стадниченко В. Сладкая ссылка с горьким привкусом // Зеркало недели. - №18(393) 18 мая 2002г.
  11. Jörg Häntzschel: Kulturzerstörung in der Ukraine: Retten, was zu retten ist. 20. Mai 2022, abgerufen am 10. September 2023.
  12. Skovoroda Museum destroyed in fire caused by Russia's missile strike ukrinform.net, 7. Mai 2022, abgerufen am 7. Mai 2022.
  13. Minor Planet Circ. 7472
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