Ein Verpressanker, auch als vorgespannter Anker bezeichnet, ist ein Einbauelement, das eine aufgebrachte Zugkraft auf eine tragfähige Schicht im Baugrund überträgt. Er besteht aus einem stählernen Zugglied, das in einem Bohrloch eingebaut ist. Das Zugglied ist an einem Ende durch eingepressten Zementmörtel, den Verpresskörper, im Baugrund verankert; am anderen Ende wird es über einen Ankerkopf vorgespannt, der von der zu verankernden Konstruktion gehalten wird. Es wird also eine Zugkraft in das Zugglied eingeleitet und so die zu verankernde Konstruktion in einer bestimmten Lage gegenüber dem Baugrund fixiert.

Verpressanker werden bei Boden und Fels verwendet. Im Spezialtiefbau dienen sie beispielsweise zur rückwärtigen Abstützung von Baugruben und zur Sicherung von Bodenplatten gegen Auftrieb durch das Grundwasser.

Geschichte

Im Fels vorgespannte Verpressanker wurden erstmals 1934 beim Talsperrenbau in Algerien angewendet.

Verpressanker für Lockerböden wurden Ende der 1950er Jahre zur Rückverankerung großer und tiefer Baugrubenwände unter anderem durch Karlheinz Bauer entwickelt. Erstmals eingesetzt wurden sie 1958 in München in einer Baugrube für ein Gebäude des Bayerischen Rundfunks. Ursprünglich sollte die Bohrpfahlwand der Baugrube mit Stahlstäben in parallel dazu hergestellten Brunnenschächten verankert werden. Die ausführende Firma hatte aber Probleme, die Brunnen zu treffen. Bauer ließ daraufhin die Anker direkt im Kiesboden einbetonieren. Mit diesem 1958 von Bauer zum Patent angemeldeten Bauverfahren des Zugankers zur Verankerung von Bauteilen im Erdreich konnten Baugruben ohne die bis dahin notwendige Aussteifung mit Hilfe von Baumstämmen oder Stahlstreben hergestellt werden. Dadurch entfiel die Behinderung bei den Bauarbeiten und es wurde möglich, Baugrubenwände, ein- oder mehrlagig rückverankert, herzustellen.

Eines der bekannten Einsatzbeispiele stellt die Rückverankerung der Fundamente des Zeltdaches des Olympiaparks in München dar.

Merkmale

Ein herkömmlicher Verpressanker besteht aus

  • dem Ankerkopf
  • dem Zugglied, meist aus Spannstahl
  • dem Verpresskörper um das Zuggliedende.

Über ein Spann- und Prüfsystem kann die jeweilige Krafteinbringung kontrolliert werden. Das Verfahren ist mittlerweile in Deutschland in der DIN EN 1537 technisch genormt und verschiedene Hersteller besitzen eine Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung für ihr Verfahren. Die Kraftübertragung in den Baugrund erfolgt über den Mantel des Verpresskörpers und ist auf die Verspannung des Verpresskörpers im Baugrund zurückzuführen.

Die Bauweise kennt

  • Kurzzeitanker (bzw. temporäre Anker), die im Regelfall maximal zwei Jahre in Gebrauch sein dürfen.
  • Daueranker (bzw. permanente Anker), die einer Verankerung mit einer Nutzungsdauer von mindestens 100 Jahren dienen. Sie müssen daher einen entsprechenden Korrosionsschutz haben. Außerdem ist oft eine permanente Überwachung der Kraft im Zugglied erforderlich.

Zur Auswahl stehen u. a. Litzen- und Stabanker.

Literatur

  • Klaus Englert, Manfred Stocker (Hrsg.): 40 Jahre Spezialtiefbau, Technische und rechtliche Entwicklungen 1953–1993, Werner Verlag, 1993, ISBN 3-8041-1435-0
  • Dimitrois Kolymbas: Geotechnik – Bodenmechanik und Grundbau, Springer Verlag, 1997, ISBN 3-540-62806-1
  • Helmut Ostermayer: Verpreßanker. In: Grundbau-Taschenbuch. Hrsg. Ulrich Smoltczyk, Ernst & Sohn, 2001, ISBN 3-433-01446-9

Einzelnachweise

  1. DIN EN 1537: Ausführung von besonderen geotechnischen Arbeiten (Spezialtiefbau) – Verpressanker
  2. Walter Wittke Stand und Entwicklung der Geotechnik in Deutschland, Geotechnik 1998
  3. Patent DE1104905B: Zuganker zur Verankerung von Bauteilen im Erdreich. Angemeldet am 31. Dezember 1958, veröffentlicht am 13. April 1961, Erfinder: Karlheinz Bauer.
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