iproute2 ist eine unter einem Befehl zusammengefasste Sammlung an Werkzeugen, die dazu benutzt werden, die IP-Netzwerkkonfiguration (IPv4 und IPv6) eines Linux-Systems zu manipulieren.
Der Originalautor ist Alexey Kuznetsov (bekannt für seine QoS-Implementierung im Linux-Kernel), der aktuelle Maintainer ist Stephen Hemminger. iproute2 nutzt Linux’ Netlink-Schnittstelle, um direkt mit dem Kernel zu kommunizieren.
iproute2 wurde als Ersatz für die „klassischen“ Netzwerktools wie ifconfig, route etc. entwickelt. Es fasst alle Konfigurationsoptionen, die bisher von diesen getrennten Programmen erledigt wurden, im Befehl ip zusammen. Die klassischen Befehle werden durch iproute2 immer weiter verdrängt.
Außerdem gehört zum Paket der Befehl tc, der dazu genutzt wird, Netzwerktraffic zu kontrollieren (traffic control).
Syntax
Die einzelnen Teile von iproute2 werden auf folgende Weise angesprochen, hier am Beispiel von address. Der Name kann soweit gekürzt werden, solange er eindeutig ist:
ip addr [befehl] [argumente]
Um mit IPv6 zu arbeiten ruft man ip folgendermaßen auf:
ip -6 addr [befehl] [argumente]
befehl ist ein weiterer Unterbefehl mit argumenten. help gibt dabei immer eine Art Syntaxhilfe aus, hier ip addr help:
Usage: ip addr {add|change|replace} IFADDR dev STRING [ LIFETIME ] [ CONFFLAG-LIST ] ip addr del IFADDR dev STRING ip addr {show|flush} [ dev STRING ] [ scope SCOPE-ID ] [ to PREFIX ] [ FLAG-LIST ] [ label PATTERN ] IFADDR := PREFIX | ADDR peer PREFIX [ broadcast ADDR ] [ anycast ADDR ] [ label STRING ] [ scope SCOPE-ID ] SCOPE-ID := [ host | link | global | NUMBER ] FLAG-LIST := [ FLAG-LIST ] FLAG FLAG := [ permanent | dynamic | secondary | primary | tentative | deprecated | dadfailed | temporary | CONFFLAG-LIST ] CONFFLAG-LIST := [ CONFFLAG-LIST ] CONFFLAG CONFFLAG := [ home | nodad ] LIFETIME := [ valid_lft LFT ] [ preferred_lft LFT ] LFT := forever | SECONDS
Wie daraus ersichtlich wird, sind Argumente zumeist Paare wie
dev INTERFACE
Für ganze Beispielbefehle siehe Abschnitt #Beispiele.
Teile
- address
- manipuliert die IP-Adressen der Interfaces (Netzwerkschnittstellen) und andere Parameter, wie Broadcast-Adressen, Multicast...
- link
- manipuliert die Netzwerkschnittstellen auf Ethernet-Ebene. Erlaubt Einstellungen wie Promiscuous Mode ein/aus, ARP ein/aus, oder die MAC-Adresse zu verändern.
- maddr
- ändert, entfernt, zeigt oder setzt Multicast-Adressen auf Ethernet- und IP-Ebene.
- monitor
- zeigt Änderungen der Netzwerkinterfaces an (zum Beispiel NDP-Router-Advertisements oder ARP-Nachrichten, die über Adressen und Routen informieren)
- mroute
- Informationen über Multicast-Routing-Tabellen
- neighbour
- manipuliert und zeigt ARP- und NDP-Tabellen.
- netns
- verwaltet Netzwerknamensräume
- ntable
- informiert über NDP- und ARP-Tabellen
- route
- manipuliert, zeigt und setzt IP-Routen (Ersatz für route)
- rule
- manipuliert Regeln in der Routing Policy Database RPDB, die festlegt, für welche Subnetze welche Routing-Tabellen genutzt werden
- tunnel
- erzeugt, verändert und löscht IP-Tunnel (z. B. Tunnelbroker-p41-Tunnel)
- tuntap
- manipuliert TUN/TAP-Schnittstellen
Beispiele
Hier zum besseren Verständnis einige Beispiele, die im alltäglichen Gebrauch vorkommen könnten:
Zuweisen einer festen IP-Adresse und Konfiguration der Routing-Tabelle
ip addr add 10.10.1.1/16 broadcast 10.10.255.255 dev eth0 ip route add default via 10.10.0.0
Erstellen eines SIT-Tunnels (IPv6 over IPv4), siehe Tunnelbroker
ip tunnel add sit0 mode sit remote 192.0.2.32 local 10.10.4.2 ttl 255 ip link set sit0 up ip -6 route add ::/0 dev sit0
Anzeige der Routing- und Neighbortabellen
ip route show ip neigh show
Fälschen der MAC-Adresse
ip link set dev eth0 address aa:bb:cc:dd:ee:ff