Der Mittelalbanische Aufstand, auch Mittelalbanischer Bauernaufstand (albanisch Kryengritja (fshatare) e Shqipërisë së Mesme), nach dem Anführer auch Haxhi-Qamil(i)-Aufstand genannt, war eine Revolte moslemischer Bauern vor allem in Mittelalbanien gegen die Herrschaft des neuen, von den europäischen Großmächten eingesetzten Fürsten Wilhelm in den Jahren 1914 und 1915. Die Revolutionäre verlangten die Rückkehr des Fürstentums Albanien unter die Suzeränität des Osmanischen Reiches.

Verlauf

Die Bauern waren verärgert, weil sich ihre Situation seit der Unabhängigkeit nicht verbessert hatte und der Fürst nicht einmal Steuerschulden aus der osmanischen Zeit erlassen hatte. Die politischen und religiösen Gegensätze im Mittelalbanien nutzen jungtürkische Komitees, 250 türkische Offiziere mit Unterstützung aus Istanbul aus, um Widerstand gegen Wied zu organisieren. Zuletzt kontrollierte der Fürst nur noch einen zwei bis vier Kilometer breiten Streifen um Durrës. Die Stadt wurde belagert und konnte nur mit Unterstützung von Schiffsartillerie des internationalen Geschwaders gehalten werden.

Die Revolte wurde von den Revolutionären Haxhi Qamili (ein moslemischer Sufi), Arif Hiqmeti, Musa Qazimi und Mustafa Ndroqi (Verwandter des Tiranaer Bürgermeisters Ismail Ndroqi) geleitet. Sie kämpften seit Anfang Mai 1914 gegen die internationale Gendarmerie in Durrës, Unterstützer der Regierung aus dem Kosovo und katholische Freiwillige aus der Mirdita, die unter der Leitung von Lodewijk Thomson (1869–1914), dem niederländischen Befehlshaber der Gendarmerie, dem ehemaligen osmanischen Pascha Prênk Bib Doda und Isa Boletini standen. Die niederländischen Offiziere, die den Ausbau der Gendarmerie durchführen sollten, stellen eine zu kleine Machtbasis für den landfremden Fürsten dar.

Die Aufständischen kämpften für Din dhe Devlet – Religion und osmanischen Staat – sowie für Osmanllillëk (Osmanentum). Auch verlangten sie eine Generalamnestie. Verhandlungen der Rebellen mit einer internationalen Kommission scheiterten im Juni 1914, Deutschland und Großbritannien waren trotz des Chaos im Land nicht bereit, einer internationalen militärischen Intervention zuzustimmen, während die Konkurrenten Italien und Österreich-Ungarn nicht gemeinsam handlungsfähig waren. Wied vermutete seinen Innen- und Kriegsminister Essad Pascha Toptani, der selbst Ambitionen auf den Thron hatte, als Initiator des Aufstands. Der Fürst zwang ihn zum Rücktritt, ließ ihn verhaften und schickte ihn ins Exil.

Der Aufstand war einer der Gründe für den Rückzug des Fürsten Wied aus dem Land und das faktische Ende seiner Herrschaft. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden die niederländischen Offiziere und weitere internationale Kontingente, die in Skutari stationiert gewesen waren, aus Albanien abgezogen. Der bei seinen Untergebenen als energielos und unfähig empfundene Wied verließ daher Anfang September 1914 das Land, dankte offiziell aber nie ab. Das Fürstentum bestand formell weiter, es regierten bis 1925 ein Regierungsrat und Reichsverweser in seinem Namen.

Der Aufstand endete Anfang Juni 1915, als serbische Truppen die Anführer des Aufstandes um Haxhi Qamili und Musa Qazimi verhafteten, sie vor ein Gericht unter Xhelal Bey Zogu stellten und in Durrës hinrichten ließen.

In der Sozialistischen Volksrepublik Albanien unter dem Machthaber Enver Hoxha wurde der Aufstand zur patriotischen und sozialrevolutionären Bewegung erklärt. Seit Enver Hoxhas diesbezüglicher Deklaration waren andere Einschätzungen, wie etwa die Kennzeichnung als pro-osmanisch-islamische Revolte gegen Albaniens Unabhängigkeit, unter der kommunistischen Herrschaft nicht mehr möglich.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Olsi Jazexhi: Mbi 100 vjetorin e Lidhjes Islamike të Krujës. Abgerufen am 17. Januar 2015 (albanisch).
  2. Hanns Christian Löhr: Die Gründung Albaniens. Wilhelm zu Wied und die Balkan-Diplomatie der Grossmächte, 1912–1914. Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-60117-4, S. 210ff.
  3. Hanns Christian Löhr: Die Gründung Albaniens. Wilhelm zu Wied und die Balkan-Diplomatie der Grossmächte, 1912–1914. Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-60117-4, S. 220.
  4. 1 2 Günther Kronenbitter: Krieg im Frieden. Die Führung der k.u.k. Armee und die Großmachtpolitik Österreich-Ungarns 1906–1914. Verlag Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56700-4, S. 431.
  5. Hanns Christian Löhr: Die Gründung Albaniens. Wilhelm zu Wied und die Balkan-Diplomatie der Grossmächte, 1912–1914. Lang, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-631-60117-4, S. 216 und 221.
  6. Michael Schmidt-Neke: Entstehung und Ausbau der Königsdiktatur in Albanien (1912–1939). Regierungsbildungen, Herrschaftsweise und Machteliten in einem jungen Balkanstaat. (=Südosteuropäische Arbeiten 84), Verlag Oldenbourg, München 1987, ISBN 3-486-54321-0, S. 19.
  7. Robert Elsie: A Dictionary of Albanian Religion, Mythology, and Folk Culture. Taurus, London 2001, S. 377.
  8. Südosteuropa-Handbuch. Vandenhoeck & Ruprecht, 7 (1993), S. 212.
  9. Michael Schmidt-Neke: Kann Albanien Nordkorea erklären? Überlegungen zu Phänomenen peripherer Sozialismus-Modelle, Albanische Hefte 4/2004, S.22, pdf
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