Julija Borissowna Nawalnaja (russisch Юлия Борисовна Навальная; * 24. Juli 1976 in Moskau als Julija Borissowna Abrossimowa (russisch Абросимова)) zählt zu den einflussreichsten Frauen Russlands und ist als Wirtschaftswissenschaftlerin tätig. Da sie die Ehefrau des russischen Oppositionsführers Alexei Navalny ist, wird sie in den Medien als „First Lady“ der russischen Opposition beschrieben.
Biografie
Leben
Nawalnaja absolvierte die Fakultät für Internationale Wirtschaftsbeziehungen in der Russischen Wirtschaftsakademie Plekhanov und machte dann später ein Praktikum im Ausland, bei dem sie an einer Graduiertenschule ausgebildet wurde. Später arbeitete sie für einige Zeit lang in einer Moskauer Bank.
Im Sommer 1998 traf sie während eines Türkeiurlaubes auf den Anwalt Alexei Anatoljewitsch Nawalny, der ebenfalls in Moskau wohnhaft ist. Im Jahr 2000 heirateten die beiden und schlossen sich noch im selben Jahr der Jabloko-Partei an, die Julija Nawalnaja aber im Mai 2011 wieder verließ. Während dieser Zeit gebar sie zwei Kinder – eine Tochter (* 2001) und einen Sohn (* 2008). Als Nebentätigkeit half sie ihren Schwiegereltern in der Fabrik beim Körbe flechten. Seit 2007 arbeitet Navalnaya nicht mehr offiziell und konzentriert sich nun hauptsächlich auf die Erziehung ihrer Kinder.
Erste öffentliche Aufmerksamkeit
Nach 2007 erlangte Alexei Nawalny in Russland Ruhm als Blogger und Oppositionspolitiker. Nawalnaja wurde die erste Sekretärin und Assistentin ihres Mannes. Dementsprechend wurde das Leben der Familie deutlich öffentlicher, so dass Nawalnaja als „First Lady der russischen Opposition“ ernannt wurde. Ihre Anhänger konnten jedoch feststellen, dass sie nie versucht hat, sich als unabhängige Figur darzustellen. Nawalnaja verhält sich immer wie eine hingebungsvolle Frau und Begleiterin ihres Mannes und ist bereit für harte Aussagen und entschlossene Handlungen, wenn ihr Mann es benötigt. Sie selbst hat aber bisher aus eigener Hand keine politischen Aufrufe gestartet. Dennoch hält sie ihre politische Meinung nicht geheim, und so betitelte sie den Leiter der russischen Nationalgarde Viktor Zolotow, der Alexei Nawalny im September 2018 zu einem „Duell“ herausforderte, als „Dieb, Feigling und unverschämten Banditen“.
Nawalnaja erregte im Spätsommer und Frühherbst 2020 große öffentliche Aufmerksamkeit, als ihr Mann wegen des Verdachts auf eine Vergiftung in Omsk (Russland) in ein Krankenhaus geliefert wurde. Sie forderte, dass Nawalny zur Behandlung nach Deutschland geflogen wird, und wandte sich sogar direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nachdem deutsche Experten die Vergiftung bestätigt hatten, sagte der russische Arzt Leonid Roshal, dass in Nawalnys Proben in Russland keine giftige Substanz gefunden wurde. Daraufhin beschuldigte Nawalnaja ihn, nicht als Arzt, sondern als „Stimme des Staates“ zu handeln.
Als Alexei Nawalny im Berliner Charité-Krankenhaus wieder zu sich kam, postete er als erstes Lebenszeichen „Julia, du hast mich gerettet“. Die russische Zeitung Nowaja Gaseta und Nawalnys Anhänger nannten sie von nun an Heldin des Jahres 2000. Wichtige europäische Medien verfolgten ihre Aktivitäten genau und zitierten ihre Beiträge in sozialen Netzwerken.
Im Januar 2021 kehrte Nawalnaja mit ihrem Mann nach Russland zurück. Nachdem Nawalny bei der Grenzkontrolle festgenommen worden war, gab sie eine Erklärung ab, dass die Verhaftung und die Schließung des Flughafens in Wnukowo (Russland), aus Angst der russischen Behörden vor Nawalny waren. „Alexei sagte, dass er keine Angst hat“, „Und ich habe auch keine Angst. Und ich fordere euch alle auch dazu auf, keine Angst zu haben“, sagte sie. Später beschuldigte Nawalnaja die Sicherheitsbeamten, „Sie als Frau eines Feindes des Volkes verfolgt zu haben“. Sie schrieb auf Instagram: „Das Jahr 37 ist gekommen, und wir haben es nicht bemerkt“.
Am 21. Januar kündigte Nawalnaja an, dass sie an den russischen Protesten 2021 teilnehmen würde, um die Freilassung ihres Mannes zu fordern. Am 23. Januar wurde sie festgenommen, aber am selben Abend wieder freigelassen.
Politische Beiträge
Navalnaya steht nicht an erster Stelle der Opposition, dennoch teilt sie ihre politische Meinung oder anderweitig andere Äußerungen zu autoritären Personen, im Internet, wie zum Beispiel auf ihrem Instagram-Account oder auf Twitter. So bezeichnete sie zum Beispiel den ehemaligen Leibwächter von Wladimir Putin, Viktor Solotow, als „Dieb, Feigling und frechen Banditen“, als dieser Nawalny drohte, aus dem Oppositionellen „Hackfleisch“ zu machen.
Der zentrale Zeitpunkt, zu dem sie bekannt wurde, war am 23. Januar 2020, nachdem sie und ihr Mann zurück aus Deutschland kamen und Nawalny verhaftet wurde. Denn dann wurde sie zur Hauptfigur der Proteste und landete innerhalb weniger Minuten im Gefängnistransporter. Zusätzlich wurde sie bei einer der Nachproteste wieder festgenommen und befand sich mehrere Stunden in Polizeigewahrsam, womit sie auch nochmal Aufmerksamkeit erregte.
Rote Kleidung Einer ihrer größten Aktionen ist nicht nur in Russland viral gegangen, sondern auch weltweit. Bei dieser Aktion ging es darum, ein Zeichen gegen unfaire Gerichtsprozesse zu setzen, indem man sich rote Kleidung anzieht. So wurde Julia Nawalnaya bei einem Gerichtsprozess ihres Mannes in einem auffällig roten Pullover gesichtet. Auch andere tausende von Russinnen unterstützen sie dabei und posteten sich in roter Kleidung in den sozialen Netzwerken. Als das Urteil verkündet wurde, wandte sich der russische Oppositionsführer noch einmal an seine Frau und sagte ihr: „Sei nicht traurig, alles wird gut.“
Katja Fedorova, eine Modejournalistin aus Russland, verwandelte diese Worte in einem Hashtag und lud ein Foto von sich in einem roten Rollkragenpullover auf Instagram hoch. Dazu schrieb sie: „Heute trage ich Rot als Zeichen der Unterstützung für Julia Navalnaya sowie für alle Inhaftierten und Verurteilten, die keine Angst haben, ihre Ansichten zu äußern. Wir sind bei Ihnen und bereit zu helfen.“.
Mögliche politische Zukunft
Im Jahr 2015 belegte Nawalnaja beim Echo of Moscow den 67. Platz unter den hundert einflussreichsten Frauen Russlands. Nachdem Alexei Nawalny eine Bewährungsstrafe erhalten hatte, wurde die Meinung geäußert, dass Nawalnaja sich anstelle von ihm, sich für die Präsidentschaftswahl nominieren solle.
Im September 2020, nach der Vergiftung von Nawalny, kamen Meinungen dazu auf, dass Nawalnaja jetzt beginnen könne, eine unabhängige politische Rolle zu spielen und die „russische Tichanowskaja“ werden könnte; die Führerin der gesamten Opposition.
Der Politikanalyst Konstantin Kalachev sagte, dass sich Nawalnajas Rolle geändert hat: „Von der Frau eines Politikers wird sie selbst zur Politikerin“; „Sie hat Charisma und Charme und kann ihren Mann bei Bedarf leicht ersetzen“. Der politische Stratege Abbas Gallyamov verglich Nawalnaja mit Corazon Aquino, der Frau des wichtigsten Oppositionsführers auf den Philippinen. Es gibt aber auch Meinungen, welche solch eine Wendung als unwahrscheinlich betrachten.
Im Januar 2021 drohte der Pro-Kreml-Kanal Tsargrad-TV intime Dateien von Alexei Nawalny zu veröffentlichen, es sei denn, Julija Nawalnaja versprach, „in Russland nicht Tsikhanouskaya zu werden“ und „keine politischen Spiele zu spielen“.
Der russische Sammler Marat Gelman bemerkte, dass „Nawalnaja eine mächtige Politikerin werden könnte“ und die damaligen Wahlen in Russland gegen jeden, außer Putin, gewinnen könne. Es wurde vorgeschlagen, dass Nawalnaja sich 2021 für die Staatsduma nominieren würde. Laut dem Politikwissenschaftler Sergei Markow könnte sie die Anti-Korruptionsstiftung leiten, wenn Ljubow Sobol diesen Posten nicht erhält.
Nachteile einer politischen Zukunft
Was wenn sie die Rolle einer Politikerin einnehmen würde, „so würde man sie wahrscheinlich erpressen wollen und einen hohen Druck auf sie und ihre Familie setzen. Ihr Politisches Engagement würde ihrem Mann nur noch mehr in Gefahr bringen“ meint Kirill Rogow.
Laut den russischen Medien soll Navalnaya wohl der Regierung Angst machen. So hat der russische Sender Zargrad.tv einen Bericht direkt an Navalnaya verfasst, der wie eine Drohung klang. Denn sollte sie wirklich den Platz ihres Mannes einnehmen, so würde der Sender intime Informationen über sie rausbringen.
Persönliche Einstellung zu ihrer Zukunft In einem Interview mit der deutschen Zeitschrift „Harper´s BAZAAR“ gibt sie persönliche Informationen über ihre Einstellung zu ihrer Zukunft raus.
Sie sieht sich selbst nicht als Politikerin, sondern nur als eine Unterstützung für ihren Mann. „Ich habe keine Idole, aber ich bewundere Menschen, die sich Ziele setzen. Vielleicht weil ich auch so bin. Ich weiß, was ich will und wohin ich gehe.“. Außerdem sagt sie „Mein Mantra: Gib nicht auf! Ich denke, es ist die Hauptlektion von 2020. Keine Schwäche zeigen, sich nicht selbst bemitleiden und das tun was getan werden muss.“ Das Jahr 2020 ist das Jahr, indem Nawalny vergiftet, wurden ist und somit eine drastische Veränderung in das Leben in der Familie eintrat.
Des Weiteren betont sie im Moment erst mal keine politischen Entscheidungen treffen zu wollen, aber dass sie trotzdem ihre Überzeugungen gegenüber der Rolle der Frauen hat. So findet sie, dass das Unfaire Einkommen unter Frauen und Männern beglichen werden sollte und dass es dafür am besten ein Gesetz geben sollte.
Außerdem sollte man alleinerziehenden Müttern mehr entgegenkommen, denn sie es gebe ihrer Meinung nach, Millionen von jungen Frauen, die verzweifelt ums Überleben kämpfen sollen. Dabei darf man nicht vergessen, dass sie selbst Mutter zweier Kinder ist, und damit mehr Verständnis für alleinerziehende Mütter hat und damit auch mehr Sympathie bei ihnen hat.
Vergleich mit weißrussischer Opposition
Ähnlich wie Julia Navalnaya, gehört auch Swetlana Tichanowskaja zu einer Frau eines Oppositionsführers, nämlich zu Sjarhej Zichanouski, der gegen die weißrussische Regierung kämpft. Auch ihr Mann wurde zu Haft verklagt.
Doch im Gegensatz zu Navalnaya ist sie an seine Stelle gerückt und übernimmt jetzt die Oppositionsführung. Dabei gewann sie viel Unterstützung des weißrussischen Volkes.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ echo.msk.ru. 8. März 2015, abgerufen am 12. Dezember 2022 (russisch).
- 1 2 3 4 Елизавета Чепрасова: Первая леди оппозиции: что мы знаем о Юлии Навальной. In: WOMAN. Abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- 1 2 3 От курортного романа к спасительной любви: что связало Юлию и Алексея Навальных. Abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- 1 2 Владимир Гусев: Юлия Навальная: первая леди России-2018, которую мы потеряли из-за махинаций ее мужа. 9. Februar 2017, abgerufen am 28. Dezember 2022.
- 1 2 Юлия Навальная считает обращение главы Росгвардии угрозой всей семье. 12. September 2018, abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- ↑ «Вор и трус, наглый бандит». Юлия Навальная ответила главе Росгвардии. Abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- ↑ Елизавета Чепрасова: Первая леди оппозиции: что мы знаем о Юлии Навальной. In: WOMAN. Abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- ↑ «Мой муж — не ваша собственность». Юлия Навальная ответила на инициативу доктора Рошаля по лечению ее супруга. Abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- 1 2 «Юля, ты меня спасла». Abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- ↑ Жена Навального прокомментировала его задержание. 17. Januar 2021, abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- ↑ Julia Navalnaya: echo.msk.ru. 20. Januar 2021, abgerufen am 28. Dezember 2022.
- ↑ yuliya navalnaya nazvala neskolko lichnyh prichin poyti 23 yanvarya na akciyu protesta. In: znak. 22. Januar 2020, abgerufen am 28. Dezember 2022.
- ↑ Russian police detain thousands at pro-Navalny protests. In: DW. 24. Januar 2021, abgerufen am 28. Dezember 2022 (englisch).
- 1 2 Julia Nawalnaja, die First Lady der russischen Opposition. Abgerufen am 24. April 2023 (österreichisches Deutsch).
- ↑ Alexej Nawalny: Darum tragen so viele Russinnen momentan rote Kleidung. 5. Februar 2021, abgerufen am 24. April 2023.
- ↑ "Российская Тихановская": Потапенко рассказал, кто может стать лидером оппозиции вместо Навального. Abgerufen am 28. Dezember 2022 (russisch).
- ↑ Marc Bennetts Moscow: Yulia Navalnaya: I’ve been under surveillance since Alexei’s arrest. ISSN 0140-0460 (thetimes.co.uk [abgerufen am 28. Dezember 2022]).
- ↑ echo.msk.ru. Abgerufen am 28. Dezember 2022.
- 1 2 3 TV Rain Inc: Телеканал «Царьград» выдвинул ультиматум Юлии Навальной. 16. Januar 2021, abgerufen am 28. Dezember 2022.
- ↑ Dmitry Bykov: echo.msk.ru. In: echo. 18. Dezember 2020, abgerufen am 28. Dezember 2022.
- ↑ Julia Nawalnajas Rolle im Widerstand gegen Putin. In: WELT. Abgerufen am 24. April 2023.
- ↑ Yulia Navalnaya: Ein Interview mit der Frau des Kreml-Kritikers. In: Harper´s BAZAAR. 1. Juni 2021, abgerufen am 15. Mai 2023.
- 1 2 Yulia Navalnaya: Ein Interview mit der Frau des Kreml-Kritikers. 1. Juni 2021, abgerufen am 24. April 2023.