Die Kermakultur ist eine vorgeschichtliche Kultur in Obernubien.

Das Königreich von Kerma hat sich aus der Kerma-Kultur entwickelt, die sich wiederum in mehrere Phasen unterteilen lässt: Prä-, Früh- und Mittel-Kerma sowie das klassische Kerma und das Spät-Kerma. Die Kermakultur ist im Norden bis zum zweiten Nil-Katarakt belegt. Ihre Südausdehnung ist noch unbestimmt. Typisch ist die feine, rot-braune Keramik mit schwarzem oberen Rand. Die Keramik war zunächst handgemacht, später aber auch auf der Töpferscheibe geformt (seit dem Klassischen-Kerma). Lebensgrundlage waren die Landwirtschaft und besonders die Viehzucht.

Erforschung

George Andrew Reisner untersuchte 1913 und 1916 bei Kerma die Reste des Hauptortes dieser Kultur. Die Funde waren unerwartet reich, was diese Kultur relativ schnell bekannt machte. Nach dieser ersten wichtigen Entdeckung gab es lange Zeit nur kleine vereinzelte Grabungen an Orten der Kerma-Kultur in Sudan, was sich erst in den letzten Jahren mit einem verstärkten Interesse an Nubien änderte. Auch am Ort Kerma selbst wurde erneut intensiv geforscht. Matthieu Honegger setzte hier ab 2005 die Arbeit von Charles Bonnet fort.

Phasen

Prä-Kerma

Prä-Kerma (ca. 3500–2500 v. Chr.) ist ungefähr zeitgleich mit der A-Gruppe in Unternubien und mit dieser stark verwandt. Es ist sogar vermutet worden, dass sie mit dieser identisch ist. In Kerma gibt es wohl eine große Siedlung dieser Zeitstufe. Es wird aber trotzdem von einer halbnomadischen Lebensweise ausgegangen.

Früh-Kerma

Die Phase des Früh-Kermas (ca. 2500–2000 v. Chr.) ist nicht sehr gut belegt. Sie mischte sich teilweise mit der C-Gruppe. Es gibt wenige Importe aus Ägypten. Die Gräber mit unterschiedlich reichen Ausstattungen lassen auf eine gewisse soziale Differenzierung schließen.

Mittel-Kerma

Das Mittel-Kerma (ca. 2000–1700 v. Chr.) hatte seine Zentren in Sai und Kerma.

Klassisches Kerma

In dieser Phase (ca. 1700–1550 v. Chr.) kam es zur Staatsbildung: das Königreich von Kerma. Das Zentrum befand sich in der Stadt Kerma in Obernubien und war eines der größten kulturellen Zentren während dieser Zeit in Nubien. In Kerma gab es eine Stadt, einen Tempel, sowie einen Friedhof, der viele Hügelgräber aufwies. In den größten Grabanlagen wurden Menschenopfer dargebracht. Häufige Waffenbeigaben lassen auf eine kriegerische Natur der Kermaleute dieser Zeit schließen.

George Andrew Reisner glaubte, dass Kerma der Sitz eines ägyptischen Herrschers war. Seine Theorie stützte sich auf die gefundenen ägyptischen Statuen in den großen Gräbern, welche besonders zu Ehren angesehener Personen errichtet worden sein müssten. Reisners Fehldeutungen lagen allerdings in den vielen Klischees und Vorurteilen der 1920er Jahre. Archäologen neigten in jener Zeit dazu, die Entdeckungen einer schwarzen Hochkultur herunterzuspielen.

Die Zahl der Funde zeigt die Macht Kermas, besonders als es in der Zweiten Zwischenzeit die Reichsgrenzen Ägyptens bedrohte. Dies ist auch durch eine neuerlich gefundene Inschrift in einem Grab in Elkab bestätigt worden. Diese berichtet von einem Angriff der Kermaleute auf und einem Beutezug nach Ägypten. Von diesem Beutezug dürften auch die meisten der in Kerma gefundenen ägyptischen Statuen und Objekte stammen. Die Kermaleute kontrollierten jetzt auch die ägyptischen Festungen in Unternubien. Von dort ist auch der Name eines Kermaherrschers, der in der biographischen Inschrift eines Ägypters genannt wird, bekannt: Nedjeh.

Die Ausgrabungsstätte Gism el-Arba liegt nördlich des 3. Kataraktes zwischen Dongola und Kerma. Die in einem 6 × 8 km² großen Gebiet bisher freigelegten 20 Dörfer waren von der Mitte des 3. bis zur Mitte des 2. Jahrtausends besiedelt. Ab Beginn des Mittel-Kerma wurden rechteckige, etwa 4 × 6 m² große Gebäude aus Lehmziegel errichtet. Die Siedlungen und einige östlich davon liegende Friedhöfe wurden zu Beginn des Späten Kerma aufgegeben.

Vereinzelte Kermagräber sind auch im Ägypten der Zweiten Zwischenzeit gefunden worden. Diese Gräber mögen von Soldaten stammen, die bei dem Ägyptenfeldzug in diesem Land starben, daneben mag ein Teil der Kermakeramik, die man in Ägypten fand, auch gehandelt worden sein.

Spätes Kerma

Das Späte Kerma datiert ca. 1550–1450 v. Chr. Unter Thutmosis I. zog das ägyptische Heer in mehreren Feldzügen südwärts, was zu einer Einverleibung Nubiens durch Ägypten führte und der Geschichte des Königreichs von Kerma ein Ende setzte. Die Kermakultur lässt sich an einigen Orten noch einige Zeit nachweisen, ist dann aber größtenteils von der ägyptischen Kultur verdrängt worden.

Siehe auch

Literatur

  • Charles Bonnet, et al.: Des Pharaons venus d'Afrique : La cachette de Kerma. Citadelles & Mazenod, 2005, ISBN 2-85088-216-X
  • Charles Bonnet: Kerma, Territoire et Métropole, Institut Français d’Archaéologie Orientale du Caire, 1986, ISBN 2-7247-0041-4
  • Timothy Kendall: Kerma and the Kingdom of Kush. National Museum of African Art, Smithsonian Inst. Washington D.C., 1997, ISBN 0-9656001-0-6
  • George Andrew Reisner: Excavations at Kerma I-III/IV-V. Harvard African Studies Volume V. Peabody Museum of Harvard University, Cambridge Mass, 1923

Einzelnachweise

  1. Kermakeramik auf Digital Egypt
  2. Keramik auf Nubia Museum (Memento vom 16. Januar 2005 im Internet Archive)
  3. Geneviève Lüscher: Archäologen entdecken im Niltal Sudans eine vieltausendjährige Siedlungskontinuität: Von Jagdstationen über Bauerndörfer bis zur Stadt Kerma zwang die Aridisierung die Menschen, immer näher am Fluss zu leben. Schweizer Nationalfonds, Horizonte, Juni 2006 (PDF; 345 kB)
  4. Sudan – Nubien – Gism el-Arba. Ländliche Siedlungen im Königreich Kerma. France Diplomatie
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