Als Kaperei bzw. als Freibeuterei werden Gewaltakte und Plünderungen auf See von dazu staatlich beauftragten privaten Seefahrern bezeichnet. Vom Mittelalter bis Anfang des 19. Jahrhunderts war es eine anerkannte Praxis, dass Staaten oder Souveräne zur Unterstützung ihrer Seestreitkräfte in Kriegszeiten private Seefahrer beauftragten bzw. autorisierten, unter ihrer Flagge Gewalt gegen feindliche Schiffe auszuüben und diese zu plündern. Kaperei war vor allem gegen den feindlichen Seehandel gerichtet (Handelskrieg). Anstatt eines Solds waren diese Seefahrer berechtigt, die Kriegsbeute (Prise) teilweise oder ganz einzubehalten. Mit Unterzeichnung der Pariser Seerechtsdeklaration vom 16. April 1856 begann die allmähliche internationale Ächtung der Kaperei.
Akteure der Kaperei heißen Freibeuter oder Kaperer. Daneben existieren kontextabhängige Bezeichnungen wie Korsaren, Bukaniere und Flibustiers.
Die Kaperei ist von der Piraterie zu unterscheiden. Der Pirat handelt ungesetzlich und entscheidet selbst, welches Schiff er entert, welche Beute ihn interessiert und wie er diese verwendet.
Kaperbrief
Unter Umständen wurde als formale Grundlage ein Kaperbrief ausgestellt. Der Kaperbrief war ein Dokument, das eine Regierung einem Privatmann ausstellte, der dadurch zur Kaperfahrt berechtigt wurde. Dies bedeutet, dass der Kaperkapitän das Recht bzw. den Auftrag hatte, Schiffe einer anderen Nation zu kapern (entern) oder zu versenken. Der Kaperer handelte dabei offiziell im Auftrag des ausstellenden Staates. Zugleich wurde dem Kaperfahrer Schutz in den Häfen der ausstellenden Nation zugesagt. Im Gegenzug musste der Kaperkapitän einen Teil der Beute, der sogenannten Prise, an den ausstellenden Staat abführen. An Bord wurde der Beuteanteil oder der Erlös daraus, das Prisengeld, nach einem festgelegten Schlüssel verteilt.
Geschichte
Kaperbriefe entstanden im 12. Jahrhundert im Zuge der Regelung des bis dahin praktisch rechtsfreien Zustands auf See. Bis ins 19. Jahrhundert blieb die Kaperei ein akzeptierter Teil der Seekriegsführung. Mit dem Kaperbrief wurde „Seekriegsführung im Auftrag“ von Piraterie abgegrenzt. Teilweise nutzten Kaperkapitäne aber den Kaperbrief aus, um nebenbei Piraterie zu betreiben.
Ziel der Kaperschiffe waren in erster Linie Handelsschiffe.
Kaperbriefe wurden insbesondere dann ausgestellt, wenn Staaten kurzfristig ihre Seemacht verstärken wollten oder auch nur Geld brauchten. Ein typisches Beispiel ist das elisabethanische England, das Francis Drake und andere Kapitäne anwarb, um einerseits Spanien zu schwächen und sich andererseits Einnahmen für den Aufbau einer großen Kriegsflotte zu verschaffen. Auf diese Weise gelangten sie an nautisch hochqualifizierte Kapitäne anderer Nationen. Teilweise wurde das Mittel des Kaperbriefes auch eingesetzt, um Piraten von der Bedrohung eigener Schiffe abzuhalten.
Kaperbriefe wurden insbesondere von Großbritannien, Frankreich, den Hansestädten und den USA ausgestellt. Die Verfassung der Vereinigten Staaten (Artikel 1, Sektion 8) weist die Kompetenz zur Ausstellung von Kaperbriefen ausdrücklich dem Kongress zu. Die legale Kaperei im Unabhängigkeitskrieg Nordamerikas kostete England mutmaßlich den Gegenwert von sechs Millionen Dollar an Handelsgütern. 1812 liquidierten 500 US-Kaperschiffe 13 Prozent des britischen Seehandels.
Die Ausstellung von Kaperbriefen wurde international 1856 durch die Deklaration von Paris geächtet. Die USA, Spanien und Mexiko schlossen sich dieser Seerechtsdeklaration nicht an, im Fall der USA allerdings, weil sie eine weitergehende vollständige Abschaffung des Beuterechts wollten, was wiederum an Großbritannien scheiterte. Die Deklaration bedeutete nämlich nicht das Ende der Seekriegsführung gegen Handelsschiffe. Das Prisenrecht war von nun an lediglich auf reguläre Kriegsschiffe beschränkt. Noch heute hat der Kongress der Vereinigten Staaten gemäß der Verfassung das Recht (nach Abzeichnung durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten), Kaperbriefe auszustellen, hiervon wurde zuletzt 1815 Gebrauch gemacht.
Bekannte Kaperfahrer und Kaperschiffe
- die Vitalienbrüder unter Klaus Störtebeker (um 1360–1401) (Dänisch-Mecklenburgischer Konflikt im späten 14. Jahrhundert), später als Piraten
- Paul Beneke (Anfang des 15. Jh. – um 1480), (Hansisch-Englischer Krieg 1469–1474)
- Sir Francis Drake (um 1540–1596), (englisch-spanischer Konflikt ab 1585 im Rahmen des Achtzigjährigen Krieges), vorher Piraterie unter Duldung der Krone
- Sir Walter Raleigh (1552 oder 1554–1618), (englisch-spanischer Konflikt ab 1585 im Rahmen des Achtzigjährigen Krieges), als Reeder, betrieb persönlich keine Kaperei
- Flibustiers (auf französischer Seite) und Bukaniers (auf englischer Seite) in der Karibik 17./18. Jahrhundert
- Benjamin Hornigold (1680–1719), (Spanischer Erbfolgekrieg), später kurzzeitig Pirat, schließlich Piratenbekämpfer
- Woodes Rogers (um 1679–1732), (Spanischer Erbfolgekrieg)
- Robert Surcouf (1773–1827), (Koalitionskriege), auch als Reeder
- Jacques Cassard (1679–1740)
Fälschlicherweise werden manchmal auch Seeoffiziere bzw. Kriegsschiffe, die Handelskrieg führten, als Kaperfahrer bezeichnet z. B.:
- Piet Pieterszoon Heyn (1577–1629), (Achtzigjähriger Krieg)
- Graf Luckner (1881–1966), (der „Seeteufel“) auf dem Hilfskreuzer SMS Seeadler im Ersten Weltkrieg
- Nikolaus Graf zu Dohna-Schlodien (1879–1956), Kommandant des Hilfskreuzers SMS Möve im Ersten Weltkrieg
- Leichter Kreuzer Emden (Deutschland) im Ersten Weltkrieg
- der deutsche Hilfskreuzer Pinguin im Zweiten Weltkrieg
Wörter und Etymologie
Kapern ist ein Lehnwort aus dem Friesischen, das über die niedersächsische Sprache und das Niederländische in die deutsche Sprache gelangte. Es ist abgeleitet von kapia (kaufen), vielleicht auch von kapen (Ausschau halten, auflauern) oder vom lateinischen capere (fangen).
Freibeuter ist von mittelniederdeutsch vrībūter mit derselben Bedeutung abgeleitet.
Beim Wort Korsaren handelt es sich um eine gleichbedeutende Entlehnung der romanischsprachigen Bezeichnung für Kaperfahrer (französisch corsaire, provenzalisch corsari, spanisch corsario, italienisch corsaro). Im engen Sinne werden damit die im Mittelmeer beheimateten Kaperfahrer bezeichnet (z. B. Barbaresken-Korsaren und Malteser Korsaren), war aber auch ein Ausdruck für Piraten speziell französischer Herkunft. Es geht letztlich auf das lateinische cursus „Beutezug“, eigentlich „Lauf“ oder cursor „Läufer“ zurück. Eine spätere Volksetymologie brachte die Korsaren fälschlich mit der Insel Korsika in Verbindung.
Verwandte Themen
Von Handelskrieg spricht man, wenn das Ziel die Schädigung des Gegners durch Schädigung des Handels (Beschädigung von Hafenanlagen, Blockade von Schifffahrtsrouten, Eroberung von Handelsschiffen) ist. Dabei kann es auch Gewinne für den Eroberer geben, zum Beispiel durch Prisengelder oder Versteigerungsgewinne.
Literatur
- Robert Bohn: Die Piraten. 2. Auflage. Verlag C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-48027-6.
- David Cordingly: Unter schwarzer Flagge. Legende und Wirklichkeit des Piratenlebens. dtv, München 2001, ISBN 3-423-30817-6.
- Daniel Heller-Roazen: Der Feind aller: Der Pirat und das Recht. S. Fischer Verlag, 2010, ISBN 3-10-031410-7.
Weblinks
Anmerkungen
- ↑ Article I, § 8, clause 11 U.S. Constitution
- ↑ Freibeuter. In: duden.de – Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Synonyme, Herkunft. Abgerufen am 12. Januar 2017.
- ↑ Adrian Tinniswood: Pirates of Barbary – Corsairs, Conquest, and Captivity in the Seventeenth Century. Riverhead Books, New York 2010, ISBN 978-1-101-44531-0, Kapitel 2.
- ↑ Almut Hinz: Die „Seeräuberei der Barbareskenstaaten“ im Lichte des europäischen und islamischen Völkerrechts. In: Verfassung und Recht in Übersee / Law and Politics in Africa, Asia and Latin America, Vol. 39, No. 1 (1. Quartal 2006), S. 46–65, JSTOR:43239304, S. 48–49.
- ↑ Heinz Dieter Jopp, Roland Kaestner: Analyse der maritimen Gewalt im Umfeld der Barbaresken-Staaten vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Eine Fallstudie. PiraT-Arbeitspapiere zur Maritimen Sicherheit Nr. 5, Mai 2011, S. 9.
- ↑ Angus Konstam: Pirates. The Complete History from 1300BC to the present day. First Lyons Press, 2011, ISBN 978-0-7627-7395-4, S. 9.