Unter Klassenmusizieren (KM) versteht man allgemein jegliche Form des Musizierens im schulischen Musikunterricht, an dem alle Schüler einer Klasse oder eines Kurses beteiligt sind. Diese sehr weit gefasste Umschreibung bietet sowohl vielen bereits vorhandenen Formen des Musizierens in der Schule Raum, enthält aber auch ein großes Innovationspotenzial, das Repertoire an Formen des KM zu erweitern.

Geschichte des Klassenmusizierens

Im Folgenden soll ein kurzer historischer Abriss des Musizierens im Musikunterricht gegeben werden. Die Geschichte des KM ist stark mit der Geschichte des Musikunterrichts als allgemeinbildendes Schulfach überhaupt verknüpft. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war das Singen von (Volks-)Liedern praktisch die einzige Form des Musizierens in der Schule. Selbst der Lehrer (im eigentlichen Sinne noch kein Musik-Lehrer) nahm „nicht anders als im Nothfalle“ (Kramer, 1981, S. 44) Geige oder Klavier zu Hilfe. Erst durch die Kestenberg-Reformen, die erstmals auch die akademische Ausbildung von Musiklehrern umfassten, fand die Instrumentalmusik Einzug in die Lehrpläne. Seit Beginn der 1920er-Jahre wurde die Blockflöte als das Instrument für Schulmusik angesehen. Ihre häufige Verwendung und ebenso die des so genannten Orff-Instrumentariums sind mehr oder weniger direkte Folgen der Kestenbergschen Reformen. Jedoch wurde das Singen nicht vollständig durch diese „neuen“ Formen des KM verdrängt.

Der Musikunterricht in der Zeit der NS-Diktatur griff die Konzepte der 1920er-Jahre auf und „benutzte“ das Singen nur noch als politisches Instrument zur Indoktrination. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde didaktisch praktisch nahtlos an das vorher Dagewesene angeknüpft. Erst die berühmte Kritik am Musikunterricht („Dass einer fidelt soll wichtiger sein, als was er geigt“) durch Theodor W. Adorno in den 1950er Jahren führte zu einem reflektierten Denken über die Inhalte und Methoden des Musikunterrichts. Aus Adornos Kritik resultierte schließlich die Kunstwerk-Didaktik der 1960er-Jahre, die „das Werk selbst“ in den Mittelpunkt zu rücken versuchte.

Vor allem durch die starken Einflüsse populärer Musikrichtungen wurde seit etwa Mitte der 1970er Jahre die Hörerziehung immer mehr zu einer zentralen musikpädagogischen Konzeption, wodurch eine „Renaissance des Musikmachens“ entstand (Erwe, 1995, S. 244). Heute gehen die Tendenzen stark dahin, einen pluralistisch ausgerichteten Musikunterricht zu befürworten, der weder auf den instrumentalen, noch den vokalen oder den rein theoretischen Umgang mit Musik schwört.

Formen des Klassenmusizierens

Literatur

  • Johannes Bähr: Klassenmusizieren. In: Werner Jank (Hrsg.): Musikdidaktik. Berlin 2005, S. 159–167.
  • Hans-Joachim Erwe: Musizieren im Unterricht. In: Helms/Schneider/Weber (Hrsg.): Kompendium der Musikpädagogik. Kassel 1995, S. 241–261.
  • Mechtild Fuchs: Musizieren im Klassenverband – der neue Königsweg der Musikpädagogik? In: Musik und Unterricht. Heft 49. Oldershausen 1998, S. 4–9.
  • W. Kramer: Praxis des Musikunterrichts in historischen Beispielen. Von den Elementen des Gesanges zur elementaren Musikerziehung. Regensburg 1981.
  • Ralf Schnitzer: Singen ist klasse. Mainz (2008 ff).
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