Die Kniehebelpresse ist eine von Diedrich Uhlhorn im Jahre 1817 in Grevenbroich zum Prägen von Münzen und Medaillen konstruierte Hebelpresse mit Kniehebel. Ein oder zwei Hebel, die einem menschlichen Knie ähneln, verleihen diesem Pressentyp ihren Namen.
Aufbau und Funktion
Kniehebelpressen nutzen den sogenannten Kniehebel-Effekt: Je weiter der Kniehebel durchgestreckt wird, desto langsamer, aber kraftvoller wird die Bewegung der Presse. Zu Anfang wird der Pressstempel relativ zügig an das Pressgut herangeführt, aber die erreichbare Presskraft ist noch gering. Je weiter sich die Kniehebel einander annähern, desto langsamer wird die Bewegung des Pressstempels, während die Presskraft ansteigt, da sich die Übersetzung der Hebelkraft kontinuierlich ändert. Bei einer Hebeldrehung von 0° (gebeugtes Knie) auf 90° bzw. π/2 (gestrecktes Knie) nimmt der von der Pressplatte zurückgelegte Weg proportional zum Sinus immer langsamer zu. Somit steigt die Kraft proportional zum negativen Kosekans. Kniehebelpressen können elektrisch, elektromechanisch, hydraulisch, pneumatisch oder von Hand angetrieben werden.
Die Kniehebel-Obstpresse (Bild rechts) verfügt über einen sogenannten Helm (H) und ein Widerlager (W). Die Pressplatte (P) drückt eine hölzerne Platte auf das in den ebenfalls hölzernen Bottich (B) geschüttete Pressgut und empfängt ihren Druck durch den doppelten Kniehebel (d; d1), welcher von dem Handrad (b) aus über die linksrechte Spindel (c) angetrieben wird.
Zu Beginn des Pressens wird der ganze Hebelapparat durch das Drehkreuz (a) mit Mutter längs der im oberen Teil mit einem Gewinde versehenen Spindelachse (D) abwärts bewegt. Erst wenn eine größere Preßkraft erforderlich wird, wird der Kniehebelapparat eingesetzt. Der umlaufende Tellerrand (T) des Widerlagers (W) dient zum Auffangen der Flüssigkeit.
Anwendung
Kniehebelpressen kommen bei verschiedenen Fertigungsverfahren zum Einsatz.
Beispiele aus dem metall- und kunststoffverarbeitenden Gewerbe:
- Spritzgießen
- Druckgießen
- Prägen
- Tiefziehen
- Pulverpressen
Beispiele aus dem Druckwesen und der graphischen Kunst:
Auch viele Wagenheber arbeiten mit Kniehebeln.
- Kniehebelpresse im Buchdruckergewerbe
- Kniehebelpresse für das Buchbinderhandwerk
- Kniehebelpresse als Steindruck-Handpresse
Siehe auch
Literatur
- Kurt Lange: Umformtechnik: Grundlagen. Springer Verlag, 2002, ISBN 3-540-43686-3, (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Eckart Doege, Bernd-Arno Behrens: Handbuch Umformtechnik: Grundlagen, Technologien, Maschinen. Springer Verlag, 2010, ISBN 978-3-642-04248-5, Kapitel 5.3.2.2 Kniehebelpressen S. 751 ff (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Rühlmann, Moritz: Beitrag zur Geschichte der Oelmühlen. In: Polytechnisches Journal. 178, 1865, S. 258–277. (Erfinder: die Engländer Sudds, Barker und Atkins)
- G. Lutz, O. Heller, Felix Kassler: Technologie der Fette und Öle. Handbuch der Gewinnung und Verarbeitung der Fette, Öle und Wachsarten des Pflanzen- und Tierreichs. Band 1, Seite 247 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Pressen (in der Technik). In: Brockhaus Konversations-Lexikon 1894–1896, 13. Band, S. 376. Erfinder war der Russe I. Nevedomsky, 1811 in St. Petersburg zur Münzprägung