Ein Sturz ist in der Architektur die zumeist monolithische Abdeckung einer Maueröffnung, die entweder waagerecht oder mit waagerechter Untersicht ausgebildet ist. Je nach Maueröffnung handelt es sich um einen Tür- oder Fenstersturz. In der romanischen und gotischen Sakralarchitektur, bei der der Türsturz in die Gestaltung des aufruhenden Tympanons einbezogen wurde, spricht man häufig von einem Linteau (franz.) oder Lintel (engl.) In Österreich wird ein Sturz auch als „Überlager“ bezeichnet, in der Schweiz als „Kämpfer“.

In der Regel wird das Mauerwerk über dem Sturz so gestaltet, dass die Last teilweise über Gewölbewirkung nach außen abgeleitet wird, also sturzentlastend wirkt.

Historische Ausprägungen

Die ersten Stürze waren wahrscheinlich hölzerne Balken; diese wurden später (z. B. in Stonehenge) durch große Steine abgelöst. Im Fachwerkbau werden Wandöffnungen durch „Sturzriegel“ begrenzt. Im Stahlbau nennt man einen Sturz auch „Träger“. Ein bogenförmiger Sturz heißt „Sturzbogen“ oder „Bogensturz“. Im historischen massiven Steinbau wurden teilweise über Stürzen Entlastungsbögen aus Mauersteinen eingebaut, die verhindern, dass der steinerne Sturz durch Auflast und Gebäudesetzungen zu viel Druck erhielt und brach.

Ein historisches Beispiel zur Vermeidung der Bruchgefährdung von steinernen Stürzen mittels eines dreiecksförmigen Entlastungssteins oberhalb des Sturzes stellt das Löwentor von Mykene dar.

Wortherleitung

Im Duden wird „Sturz“ mit: „Emporragendes, -starrendes, verwandt mit Sterz“, erläutert. Zum Begriff „Sturz“ ist bei Johann Christoph Adelung 1811 ausgeführt: „Der obere überhangende Theil eines Dinges heißt in vielen Fällen der Sturz, zum Unterschiede von der Sohle oder Schwelle. So wird die obere Fläche eines Fensters, einer Thür u. s. f. sie sey nun horizontal oder gewölbt, und der Körper, welcher diese Fläche bildet, der Sturz genannt“ (…). „Zuweilen wird auch der Sturz, oder das obere Balkenstück, die Oberschwelle genannt, da denn jene die Unterschwelle heißt.“

figürlich und ornamental gestalteter Linteau-Stein der romanischen Kirche St-André-de-Sorède, Roussillon (um 1020)

Historische Bauweisen

  • In der historischen Architektur wurden monolithische Natursteine als Stürze verwendet.
  • Man hat auch in Steinmauern hölzerne Stürze verwendet (z. B. in der Maya-Architektur).
  • Hinter vielen äußerlich als Sturz imponierenden waagerechten Tür- und Fensterabschlüssen von der Römerzeit bis ins 19. Jahrhundert verbirgt sich konstruktiv ein sehr scheitrechter Bogen mit waagerechter Unterkante. Dazu verwendete man besonders hartes Material, etwa Wasserbauklinker in einem sonst aus gewöhnlichen Ziegeln errichteten Mauerwerk.
  • Eine spezielle Form des Tür- oder Fenstersturzes ist der Konsolensturz, bei dem die waagerechte Oberkante der Öffnung dadurch verkürzt wird, dass die Seitenwände in den oberen Ecken etwas vorstehen. Er kam besonders in der Spätgotik zur Anwendung.

Moderne Technik

Der Einsatz moderner Konstruktionsmittel begann für große Gebäude schon im Klassizismus.

Im modernen Bauwesen gibt es beim Sturz drei verschiedene vorgefertigte Varianten: den Ziegelsturz, den Betonsturz und den Stahlsturz. Wenn mit Kalksand- oder Zementsteinen gearbeitet wird, verwendet man in der Regel Beton- oder Stahlstürze, bei der Arbeit mit Back- oder Leichtbackstein manchmal Tonstürze.

  • Vorgefertigte Betonstürze gibt es in verschiedenen Breiten und Längen. Sie werden aber auch vor Ort als Stahlbetonbalken passend hergestellt.
  • Ziegelstürze gibt es vorgefertigt in den verschiedenen Breiten wie das Mauerwerk und verschiedenen Längen.
  • Stahlstürze werden über Träger realisiert.

Sobald das Mauerwerk eine gewisse Breite überschreitet, werden oft zwei oder mehr Stürze nebeneinander gelegt.

Nutzung

Damit die Last über Öffnungen und Aussparung abgetragen wird, setzt man einen Sturz ein. Das Gewicht, das auf ihm lastet, wird über die aufgelagerten Sturzenden auf beide Teile der Mauer verteilt. Der Sturz wird zumeist bei Aussparungslängen über 60 cm eingesetzt, geringere Öffnungsbreiten können durch Lagerfugenbewehrungsstahl oder durch einfache Gewölbewirkung überbrückt werden.

Commons: Sturz (Architektur) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Entlastungsbogen – RDK-Labor
  2. Duden Online, abgefragt am 29. März 2013.
  3. Laut Onlineduden hat Sterz im mittelhochdeutsch, althochdeutsch die Bedeutung von „Starres, Steifes, zu starren
  4. Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Ausgabe Wien 1811.
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