Gahnit
Dunkelgrüner Gahnit aus den Rosendal-Pegmatiten, Kimito, Südwest-Finnland (Sichtfeld 15 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Ghn

Andere Namen
  • Automolit
  • Fahlunit
  • Zinkspinell
Chemische Formel ZnAl2O4
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/B.01a
IV/B.01-040

4.BB.05
07.02.01.04
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227
Gitterparameter a = 8,09 Å
Formeleinheiten Z = 8
Häufige Kristallflächen {111}, {110}, {211}, gelegentlich {100}
Zwillingsbildung nach dem Spinellgesetz (111)
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7,5 bis 8
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,38 bis 4,60; berechnet: 4,607
Spaltbarkeit undeutlich; Absonderungen nach {111}
Bruch; Tenazität muschelig bis uneben; spröde
Farbe blaugrün, gelbbraun, grünlichschwarz
Strichfarbe grauweiß
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz fettiger Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,79 bis 1,80
Doppelbrechung keine, da optisch isotrop

Gahnit, auch als Zinkspinell oder Automolit bekannt, ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Gruppe der Spinelle innerhalb der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung ZnAl2O4. Das Mineral ist damit chemisch gesehen ein Zink-Aluminium-Oxid oder auch Zinkaluminat.

Gahnit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt meist oktaedrische, würfelförmige oder rhombendodekaedrische Kristalle und Zwillinge bis etwa 12 cm Größe. Er findet sich aber auch in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate.

Das Mineral ist durchscheinend bis undurchsichtig und zeigt auf den Oberflächen der blaugrünen, gelbbraunen oder grünlichschwarzen Kristalle einen fettigen Glasglanz.

Gahnit bildet Mischreihen mit Spinell (MgAl2O4) und Hercynit (Fe2+Al2O4).

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde das Mineral in der Eric-Matts-Grube bei Falun (auch Fahlun) in Schweden. Die Erstbeschreibung erfolgte 1807 durch Carl Erenbert Freiherr von Moll nach einer chemischen Analyse durch Anders Gustaf Ekeberg. Letzter schlug vor, das neu entdeckte Mineral Automolit nach dem griechischen Wort αὐτόμολος [automolos] für Überläufer zu nennen. Es sollte eine Anspielung auf den unerwarteten Zinkgehalt sein, „...weil dies Fossil ungeachtet der Aehnlichkeit mit dem Spinell doch wegen des Zinkgehalts sich den Erzen nähert.“ (Ekeberg, nach Scherer). Von Moll missfielen allerdings diese „figürlichen Benennungen“ in der Naturkunde, daher wählte er die Bezeichnung Gahnit zu Ehren des schwedischen Chemikers Johan Gottlieb Gahn.

Die synonyme Bezeichnung Zinkspinell hat eher beschreibende Funktion, da dieser im Gegensatz zum (Magnesio)Spinell Zink statt Magnesium enthält. Es sind zudem verschiedene Abwandlungen dieser Bezeichnung bekannt. So nannte René-Just Haüy das Mineral Spinelle Zincifère und August Breithaupt Zinkischer Spinell. Durch Dietrich Ludwig Gustav Karsten ist zudem die synonyme Bezeichnung Fahlunit überliefert.

Typmaterial für das Mineral ist nicht definiert. Da dessen Entdeckung und Erstbeschreibung vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1959 erfolgte, wurde die wissenschaftliche Anerkennung von Gahnit als eigenständige Mineralart unter der Kennung grandfathered von der IMA übernommen.

Klassifikation

Die aktuelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Gahnit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Dellagiustait, Deltalumit, Franklinit, Chromit, Galaxit, Guit, Hausmannit, Hercynit, Hetaerolith, Jakobsit, Maghemit, Magnesiochromit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Spinell, Thermaerogenit, Titanomaghemit, Trevorit, Vuorelainenit und Zincochromit die Spinell-Untergruppe innerhalb der Oxispinelle bildet.

In der veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Chromit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Verbindungen mit M3O4- und verwandte Verbindungen“, wo er zusammen mit Galaxit, Hercynit und Spinell die Gruppe der „Aluminium-Spinelle“ mit der System-Nr. IV/B.01a bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Gahnit ebenfalls in die Abteilung der Oxide mit Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 3 : 4 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Brunogeierit, Chromit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Filipstadit, Franklinit, Galaxit, Hercynit, Jakobsit, Magnesiochromit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Nichromit (N), Qandilit, Spinell, Trevorit, Ulvöspinell, Vuorelainenit und Zincochromit die „Spinellgruppe“ mit der System-Nr. 4.BB.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Chromit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung „Mehrfache Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Galaxit, Hercynit und Spinell in der „Aluminium-Untergruppe“ mit der System-Nr. 07.02.01 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“ zu finden.

Kristallstruktur

Gahnit kristallisiert kubisch in der Struktur von Spinell mit der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 und dem Gitterparameter a = 8,09 Å sowie acht Formeleinheiten pro Elementarzelle.

Eigenschaften

Vor dem Lötrohr ist Gahnit unschmelzbar und wird weder durch Säuren noch durch Alkalien angegriffen.

Modifikationen und Varietäten

Als Kreittonit (von griechisch: κρειττωυ für stärker) wird eine Gahnitvarietät bezeichnet, die durch ihren höheren Eisengehalt eine im Verhältnis zu einigen anderen Spinellen höhere Dichte aufweist.

Bildung und Fundorte

Gahnit bildet sich einerseits als akzessorischer Bestandteil in magmatischen Gesteinen wie Graniten und granitischen Pegmatiten, kann aber andererseits auch regionalmetamorph aus dem Sphalerit-Anteil in mittel- bis hochgradig metamorphosierten Sulfid-Lagerstätten entstehen. In niedriggradig metamorphosierten Bauxiten kann Gahnit zudem aus dessen Gemengeanteil Diaspor entstehen. Des Weiteren findet sich Gahnit als detritisches Mineral in Seifen-Lagerstätten.

Als eher seltene Mineralbildung kann Gahnit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Bisher sind über 400 Fundorte für Gahnit dokumentiert (Stand: 2018). Je nach Fundort kann Gahnit in Paragenese mit Andradit, Calcit, Chalkopyrit, Cordierit, Franklinit, Högbomit, Korund, Nigerit, Phlogopit, Pyrit, Pyrrhotin, Rhodonit, Staurolith und/oder Willemit auftreten.

Neben seiner Typlokalität in Fa(h)lun konnte das Mineral noch an weiteren Orten in der Provinz Dalarnas län gefunden werden wie beispielsweise im nahe gelegenen Näverberg-Feld und den Skyttgruben (Skyttgruvan) sowie in mehreren Gruben bei Garpenberg in der Gemeinde Hedemora, bei Leksand und im Grubenbezirk Öster Silvberg in der Gemeinde Säter. Weitere bekannte Fundorte in Schweden sind unter anderem die metamorphosierte Mangan-Eisen-Lagerstätte Långban im Värmland, die Zinkgruben (Zinkgruvan) bei Åmmeberg in der Provinz Örebro län und in den Silbergrugen bei Fröderyd in der Provinz Jönköpings län.

In Deutschland kennt man Gahnit bisher unter anderem in Form von Einschlüssen in Quarz und violettem Fluorit aus der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg; vom Silberberg bei Bodenmais, aus den Graphitgruben bei Kropfmühl und dem Marmor-Steinbruch Wimhof bei Vilshofen an der Donau sowie aus der metamorphosierten Sulfidlagerstätte der Johanniszeche bei Schmelz (Lam) im Landkreis Cham in Bayern; von den Kupfer-Schlackenhalden der Metallhütte bei Frankfurt-Heddernheim in Hessen sowie aus der Genna Zinkhütte bei Letmathe in Nordrhein-Westfalen.

In Österreich fand sich das Mineral unter anderem als Nebengemengteil Phosphorit-Knollen, die in den Böden nahe der Burg Falkenstein im Weinviertel von Niederösterreich vorkommen; im Pegmatit-Steinbruch Steiningerbruch in der Gemeinde Luftenberg an der Donau und den kassiterithaltigen Pegmatiten bei Meitschenhof (Gemeinde Pregarten) in Oberösterreich; in den ehemals auf Platten-Gneis abgebauten, aber inzwischen nur noch geröllführenden Steinbrüchen Kaiserer und Lohninger im Hüttwinkltal (Raurisertal) in Salzburg; in den Nephelinit-Basalten am Stradner Kogel nahe Wilhelmsdorf (Gemeinde Bad Gleichenberg) in der Steiermark sowie eingewachsen in den Tonschiefern der Rotbachlspitze am Pfitscher Joch und auf der Grawandalm im Zemmgrund in Nordtirol.

In der Schweiz konnte Gahnit bisher nur in den Pegmatiten im Valle di Ponte (Pontetal) nahe Brissago TI im Kanton Tessin sowie in körnigen Aggregaten aus der Lammaschlucht bei Fürgangen und in den Metabauxiten vom Brunegghorn im Kanton Wallis gefunden werden.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Gahnitfunde sind außerdem Franklin und Sterling Hill im Sussex County des US-Bundesstaates New Jersey, wo Kristalle von bis zu 12 cm Größe zutage tragen. Immerhin bis zu 3 cm große Gahnitkristalle kennt man aus Broken Hill im australischen Bundesstaat New South Wales.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Australien, Brasilien, China, Kanada, Namibia, Norwegen, Russland und Tschechien.

Zudem kann Gahnit synthetisch bei der Zinkproduktion im Muffelofen entstehen.

Verwendung

Als Erz ist Gahnit ohne wirtschaftliche Bedeutung.

Auch wenn Gahnit zur Gruppe der als Schmucksteine bekannten Spinelle gehört und durchaus auch in klaren und durchsichtigen Varietäten vorkommt, wird er nur selten als solcher verwendet. Gelegentlich wird er aber von versierten Sammlern in Facettenform geschliffen.

Siehe auch

Literatur

  • Carl Erenbert Freiherrn von Moll: Efemeriden der Berg- und Hüttenkunde. Steinische Buchhandlung, Nürnberg 1807, S. 78–80 (rruff.info [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 21. August 2018] Abschnitt Gahnit, aus Fahlun).
  • H. Saalfeld: Strukturdaten von Gahnit, ZnAl2O4. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 120, 1964, S. 476478 (rruff.info [PDF; 114 kB; abgerufen am 25. August 2018]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 503 (Erstausgabe: 1891).
Commons: Gahnite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Gahnit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. 1 2 Carl Erenbert Freiherrn von Moll: Efemeriden der Berg- und Hüttenkunde. Steinische Buchhandlung, Nürnberg 1807, S. 78–80 (rruff.info [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 21. August 2018] Abschnitt Gahnit, aus Fahlun).
  3. 1 2 Dietrich Ludwig Gustav Karsten: Mineralogische Tabellen mit Rüksicht auf die neuesten Entdekkungen ausgearbeitet und mit erläuternden Anmerkungen versehen. 8., verbesserte und vermehrte Auflage. Rottmann, Berlin 1808, S. 102 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. 1 2 3 Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 503 (Erstausgabe: 1891).
  5. 1 2 3 4 5 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 188 (englisch).
  6. Webmineral – Gahnite (englisch)
  7. 1 2 Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0.
  8. 1 2 3 4 5 Gahnite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 70 kB; abgerufen am 20. August 2018]).
  9. 1 2 Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
  10. Alexander Nicolaus Scherer (Hrsg.): Allgemeine nordische Annalen der Chemie für die Freunde der Naturkunde und Arzneiwissenschaft, insbesondere der Pharmacie, Arzneimittellehre, Physiologie, Physik, Mineralogie und Technologie im Russischen Reiche. Band 2. Verlag des Herausgebers, St. Petersburg 1819, S. 48 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 347.
  12. IMA – Catalogue of Type Mineral Specimens: S (Memento vom 26. August 2016 im Internet Archive) (englisch, PDF)
  13. IMA/CNMNC List of Mineral Names; März 2018 (Memento vom 11. Juni 2018 im Internet Archive) (PDF 1,65 MB)
  14. Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, Nr. 1, 12. September 2018, S. 183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch).
  15. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 25. Juni 2019 (englisch).
  16. Mindat – Kreittonite
  17. Mindat – Anzahl der Fundorte für Gahnit
  18. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 76.
  19. Fundortliste für Chromit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  20. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3.
  21. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16. überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 116, 220.
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