Maturin Veyssière de La Croze (auch Mathurin; * 4. Dezember 1661 in Nantes; † 21. Mai 1739 in Berlin) war ein französischer Orientalist und Bibliothekar. Er wirkte am Berliner Hof und gehörte zur Gemeinschaft der Hugenotten. Er hinterließ vier Wörterbücher in koptisch, armenisch, slawisch und syrisch.
Leben und Werk
Maturin Veyssière de La Croze wurde am 4. Dezember 1661 im französischen Nantes geboren. Seine erste Bildung und Privatunterricht bekam er von seinem Vater und aus der väterlichen Bibliothek. 1677 verarmte die Familie und er wurde Novize im Kloster Saint-Florent in Saumur. Er studierte Theologie in Le Mans. 1682 war er Benediktinermönch in der Abtei Saint-Germain-des-Prés in Paris. Er arbeitete an einer großen Ausgabe der Kirchenväter. 1696 kam er in Auseinandersetzungen mit dem Prior und floh nach Basel. Er fand Unterstützung bei den Professoren Peter Werenfels und Johann Jakob Buxtorf und trat zur Reformierten Kirche über.
1697 wurde er kurfürstlicher Bibliothekar in Berlin. Zusammen mit der Rangerhöhung des Kurfürsten Friedrich I. zum König wurde er 1701 königlicher Bibliothekar in Berlin. Er unterrichtete einige Mitglieder der Herrscherfamilie, darunter Wilhelmine von Preußen. 1718 erhielt er zusätzlich die Aufsicht über das Münzkabinett. 1725 hatte er zusätzlich eine Professur für Philosophie am französischen Collegium in Berlin. Er galt als einer der gebildetsten Männer seiner Zeit und führte umfangreiche Korrespondenz mit vielen bedeutenden anderen Gelehrten. Während er zu Beginn seiner Berliner Zeit durch Friedrich I. gute Bedingungen, wenn auch wenig Etat für den Ausbau der Berliner Bibliothek hatte, waren die Interessen des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I der Bildung feindlich. So wurde der Etat zum Neuerwerb von Büchern komplett gestrichen und zeitweise sogar die Gehälter für die Bibliotheksangestellten. Nur dank einem Lotteriegewinn und anderer Einkünfte konnte er seine Aufgabe als Bibliothekar weiterführen. Er katalogisierte den kompletten Handschriftenbestand und machte die Bibliothek so der Forschung zugänglich. Er schrieb einige Werke zur Missionsgeschichte in Indien (wobei er wesentlich auf die Arbeiten des Missionars Bartholomäus Ziegenbalg zurückgreifen konnte), Äthiopien und Armenien. Er starb in Berlin am 21. Mai 1739.
Er hinterließ eine bedeutende Privatbibliothek und einen großen Nachlass mit zahlreichen unveröffentlichten Werken. Seine Manuskripte gingen an Th. Hirsch und Charles Étienne Jordan. Sein Manuskript für ein Koptisches Lexikon bildete die Basis für das Lexicon Ægyptiaco-Latinum, das postum herauskam und das auch Jean-François Champollion für seine Arbeit nutzte. Adolf von Harnack schreibt über ihn: „Nicht nur die Cultursprachen beherrschte er sämmtlich, sondern er drang auch, obgleich überall Autodidakt, in die slavischen Sprachen, die baskische, die armenische, die semitischen, die chinesische, vor allem aber in die koptische ein.“
Werke (Auswahl)
Die meisten deutschen Titel erschienen zuvor in französischer Sprache.
- Vindiciae veterum scriptorum, contra J. Harduinum S. J. P. Rotterdam, 1708 (lateinisch)
- Manuskript des Koptisch-Lateinischen Lexikons , datiert auf 1721, aufbewahrt in Leiden unter der Signatur Or. 431 B.
- Lexicon Ægyptiaco-Latinum , Oxford, Clarendon Press, 1775. Das Werk wurde postum weiterbearbeitet von Christian Scholz und im Druck herausgegeben von Karl Gottfried Woide (lateinisch).
- Histoire du christianisme des Indes , 1724. (französisch)
- Abbildung Des Indianischen Christen-Staats . 1726, deutsche Übersetzung.
- Abrégé de l'histoire universelle , Amsterdam 1761.
- Historische Beschreibung des Zustandes der christlichen Religion in Ethiopien und Armenien , Danzig 1740, deutsche Übersetzung.
- Kurzer Begriff der allgemeinen Weltgeschichte. Gotha, 1755.
- Veröffentlichte Briefe
Literatur
- Georgios Fatouros: Veyssière de La Croze, Mathurin. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 1314f.
- Herbert Jaumann: Handbuch Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit , Bd. 1, de Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-016069-2, S. 377–378.
- Charles Étienne Jordan: Histoire de la vie et des ouvrages de Mr. La Croze , Amsterdam 1741. Zeitgenössische Biographie (französisch)
- Charles Étienne Jordan: Conspectus thesauri epistoloci Lacroziani, Berlin 1741. Eine Übersicht der Briefe.
- Friedhilde Krause: Von Mathurin Vessière de La Croze bis Adolf von Harnack: Mitglieder der Gelehrtensozietät als Leiter der Bibliothek in: Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät Bd. 32, Berlin 1999. S. 55–57.
- Encyclopaedia Londinensis, or, Universal dictionary of arts …, Band 5, S. 404.
- Le grand dictionnaire historique ou Le melange curieux de l'Histoire sacrée et profane …von Louis Moreri, Desaint et Saillant, Paris 1759, Bd 4, S. 297 (französisch).
- Thomas Hartwell Horne: An Introduction to the Critical Study of the Holy Scriptures , Band 2, S. 96.
- Martin Mulsow: Die drei Ringe. Toleranz und clandestine Gelehrsamkeit bei Mathurin Veyssière La Croze (1661-1739), Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 16, De Gruyter 2011
Weblinks
- Literatur von und über Maturin Veyssière de La Croze im SUDOC-Katalog (Verbund französischer Universitätsbibliotheken)
- Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kurzbiografie
- Registereintrag in der Deutschen Biographie
- Werke von und über Maturin Veyssière de La Croze in der Deutschen Digitalen Bibliothek
Einzelnachweise
- ↑ CERL Thesaurus
- ↑ Martin Krause: Kurzbiografie auf der Seite der Claremont Graduate University (engl.), abgerufen am 5. November 2012
- ↑ Bisher gibt es dazu nur den französischen Artikel fr:Abbaye Saint-Florent de Saumur
- ↑ Arnold von Salis: Werenfels, Peter. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 1–4.
- ↑ Edgar Bonjour: Die Universität Basel: von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1460–1960, S. 304. Helbing & Lichtenhahn, 1971.
- ↑ Friedhilde Krause, Von Mathurin Vessière de La Croze bis Adolf von Harnack, S. 57.
- ↑ Die Parialegende bei Bartholomäus Ziegenbalg. In: Theodor Zachariae (Hrsg.): Kleine Schriften zur indischen Philologie, zur vergleichenden Literaturgeschichte, zur vergleichenden Volkskunde. Verlag Kurt Schroeder, Bonn und Leipzig 1920, S. 125–134 (online – Erstveröffentlichung in: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 12, S. 449–456 (1902)).
- ↑ Adolf von Harnack: Geschichte der Königlich preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin , Berlin 1900 Bd. 1, Teil 1, S. 108.